Wertheim. Gut besucht, wenn auch nicht ganz voll, aber immerhin waren „die belegten Plätze alle ausverkauft“, wie Kabarettist Friedemann Weise am Samstagabend im Wertheimer Convenartis-Keller halb befriedigt feststellen konnte.
Womöglich lag das daran, dass Weise in Deutschland durch seine Auftritte in der ZDF-Wochenshow, wo er noch am Tag zuvor seine „Ratschläge in die Fresse“ er- beziehungsweise ausgeteilt hatte, eher als Kabarettist „von links“ bekannt ist (anders als Dieter Nuhr, der eher Kabarett „von rechts“ macht). Tatsächlich jedoch ist Weise in seiner Show mit dem Titel „Das bisschen Content“ nahezu unpolitisch. Lediglich eine winzige Sottise gegen Friedrich Merz deutete an, dass da eigentlich auch eine Verbundenheit zum politischen Kabarett ist, die Weise in der Wochen-Show regelmäßig am Ende der Sendung ausspielt.
Wohnungsnot, Fachkräftemangel, Leben mit Kind
Hier in Wertheim, der „Perle des Euro-Tunnelbaus“ moderierte sich Weise durch seine witzigen Balladen und (wie er behauptet) Rocksongs, die von so unterschiedlichen Dingen wie Wohnungsnot, Fachkräftemangel, Leben mit Kind (oder trotz Kind?), Flugscham oder dem Versuch, „ohne Handy aufs Klo“ zu gehen, handeln. Unterstützt oder auch unterbrochen wird Weise bei seinen Texten gelegentlich durch das Friedemännchen, einen nur zehn Zentimeter großen Friedemann-Klon, den er in einer kleinen Kiste mit auf die Bühne gebracht hat.
Da nicht das ganze Publikum in die Kiste schauen kann, bringt Friedemann das Friedemännchen auf die Leinwand und kann sich dank modernster Technik so mit ihm unterhalten. Besonderer Höhepunkt, ein kleiner Liebesbrief, den der große Friedemann während der Pause erhalten hat und den er in die Kiste steckt, sodass er - auf der Leinwand sichtbar - als riesiger roter Papierbogen dort vom Friedemännchen entgegengenommen werden kann.
Weise ist also offenbar technikaffin, weswegen ihn die kleine Technikpanne mit einem Wackelkontakt im Mikro am Beginn des Programms erkennbar zu schaffen macht. Aber schon hier wird deutlich, dass Weise auch gerne improvisiert. Er steigt kurz aus dem Programm aus, bedankt sich schließlich artig für den Mikroaustausch: „Techniker sein ist super. Kriegst du immer Applaus, wenn du’s verkackt hast.“ Dann macht er mit dem begonnenen Lied weiter.
Irrsinnig witzige spontane Dialoge und Songs
Danach spielt sich Weise frei und agiert auch zunehmend mit dem Publikum und dieses mit ihm. Und so entstehen irrsinnig witzige spontane Dialoge und Songs, in denen er zum Beispiel wegen der Werbung der Convenartis-Chefin Bernadette Ladka für die Tunnelbauer-Lesung am heutigen Montag, Wertheim als die erwähnte „Perle des Eurotunnelbaus“ bezeichnet - oder den Schreiber dieser Zeilen als Reporter für die Kirchenzeitung in dritter Generation.
Auch einen kleinen Werbeblock gibt es, in dem Weise auf seine Mörser-Sharing-Website hinweist. Diese habe er eingerichtet, weil Studien ergeben hätten, dass Küchen-Mörser bis zu 16 Stunden am Tag ungenutzt seien, man sie also gut mit anderen Haushalten teilen könne. Seit Einrichtung dieser Website versammele sich, nun die ganze Nachbarschaft abends um den Mörser, die Kinder tanzten Ringelreihen – kurz: eine echte Erfolgsgeschichte. So wie der Convenartis-Abend insgesamt, bei dem sich das begeisterte Publikum am Ende zwei Zugaben erklatscht. Pech für die, die nicht da waren, aber ein willkommener Anlass darauf hinzuweisen, dass dank der großzügigen Unterstützung der Wolfgang und Margot Schneider Stiftung ab sofort Jugendliche unter 20 Jahren freien Eintritt zu den Kabarettveranstaltungen des Convenartis-Vereins erhalten.
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