Wertheim. Die Firma Freudenberg Real Estate (ehemals Vermop) plant in der Hafenstraße in Bestenheid den Bau eines neuen Logistikzentrums. Dieses soll in direkter Nachbarschaft zu den bestehenden Gebäuden des Unternehmens in Richtung Tankstelle entstehen. Um das Vorhaben zu ermöglichen, müssen sowohl der Bebauungsplan als auch der Flächennutzungsplan geändert werden.
Die Planungsdetails wurden in der Sitzung des Stadtteilbeirats am Donnerstag vorgestellt. Planer Sebastian Allhof vom Büro Pesch und Partner Stuttgart erklärte, dass die derzeitigen Kapazitäten für Wareneingang und Warenausgang für aktuelle und künftige Anforderungen nicht mehr ausreichen. Deshalb benötige das Unternehmen ein neues Logistikzentrum. Damit soll der Standort zu einem zentralen Produktions- und Distributionszentrum ausgebaut werden. Die neue Logistikhalle soll eine Grundfläche von rund 81 mal 100 Metern haben. Geplant sind etwa 20 neue Arbeitsplätze sowie elf Verladepunkte für den Warenausgang. Die Gesamthöhe des Gebäudes soll bis zu 22 Meter betragen.
Mehr Fahrten, aber klare Verkehrslenkung geplant
Zum Verkehrsaufkommen hieß es, aktuell gebe es rund 24 Fahrten pro Tag. Mit dem Neubau werden es etwa 78 Fahrten täglich sein, die zwischen 7 und 16 Uhr stattfinden. Dabei soll sichergestellt werden, dass keine Zufahrten über die Schwarzwaldstraße erfolgen. Der neue Bebauungsplan soll auch die beiden bestehenden Grundstücke des Unternehmens in der Hafenstraße einschließen. Vorgesehen ist eine Grundflächenzahl von 0,8 (bis zu 80 Prozent bebaute Fläche) sowie Flachdächer mit maximal sieben Grad Neigung. Zudem sollen 50 Prozent Dach- und 30 Prozent Fassadenbegrünung sowie helle Fassadenfarben vorgeschrieben werden, um das Mikroklima zu verbessern. Ab Dezember ist die förmliche Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen; der Satzungsbeschluss im Gemeinderat soll 2026 erfolgen.
Stadtteilbeirat Jochen Müssig begrüßte die Investition grundsätzlich, äußerte jedoch Bedenken hinsichtlich der geplanten Gebäudehöhe. Er schlug vor, die 22 Meter Höhe zunächst nur für den Neubau zuzulassen und die Wirkung abzuwarten. Stadtbaumeister Armin Dattler erklärte, die Logistikhalle sei nicht das einzige Projekt im Industriegebiet, bei dem eine größere Bauhöhe gewünscht werde. Es sei sinnvoller, die vorhandene Fläche besser auszunutzen, statt neue Flächen zu erschließen. Städtebauliche oder klimatische Nachteile seien nicht zu erwarten, da es bereits ähnlich hohe Gebäude in der Umgebung gebe. Dattler sprach sich dafür aus, die maximale Höhe mindestens auf die angrenzenden Grundstücke auszudehnen.
Müssig fragte, ob das Unternehmen bereit sei, die Zufahrt ausschließlich über die Hafenstraße in die Baugenehmigung als freiwillige Auflage aufzunehmen. Jochen Hammrich, Standortleiter Wertheim, erklärte: „Wir werden mit allen Mitteln auf die Speditionen einwirken, dass diese nicht über die Schwarzwaldstraße fahren.“ Mit einer entsprechenden Auflage sei man einverstanden. Aus der Bürgerschaft wurde jedoch bezweifelt, dass sich dies in der Praxis umsetzen lasse. Hammrich räumte ein, dass Verstöße nicht völlig auszuschließen seien. Ein Bürger zweifelte zudem die genannte Zahl von 78 Fahrten an und fragte nach der Berechnungsgrundlage. Hammrich erklärte, die Zahl sei auf Basis der aktuellen Auslastung, der Geschäftsentwicklung und der künftigen Lagerkapazitäten ermittelt worden. Da bisher die Lkw-Kapazitäten nicht vollständig genutzt würden, könne man mit steigendem Umsatz mehr Vollladungen und dadurch weniger Fahrten erreichen.
Neue E-Ladesäulen im Kleinen Weg geplant
Ein weiterer Tagesordnungspunkt betraf das geplante Aufstellen von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge auf der Schotterfläche bei den Bahngleisen im Kleinen Weg. Die Fläche gehört der Stadt Wertheim, die sie an die Firma E.ON verpachten möchte. Das Unternehmen plant dort vier Ladestationen mit acht Ladepunkten, ergänzt um Beleuchtung, Beschilderung, Sitzgelegenheiten und eine Trafostation. Mindestens ein Parkplatz soll barrierefreies Laden ermöglichen. E.ON würde Investition, Betrieb und Wartung vollständig übernehmen. Der Ladestrom soll zu 100 Prozent aus Ökostrom stammen.
Derzeit dient die Fläche als „Notparkplatz“ für Anwohner, da es im Bereich zu wenige Parkplätze gibt. Bürger äußerten deshalb Bedenken, dass der Wegfall der Stellplätze problematisch sei. Hubert Burger vom Referat Liegenschaften erklärte, es werde noch etwas Platz neben den Ladepunkten verbleiben, konnte aber keine genaue Zahl nennen. Er verwies auf die Parkmöglichkeiten unterhalb der Bahnlinie, die bereits heute genutzt würden. Mehrere Bürger und Jochen Müssig bemängelten, dass der Standort für E-Autofahrer wenig attraktiv sei, da es in der Nähe keine Angebote zur Überbrückung der Ladezeit gebe. Burger nannte als mögliche Nutzer Anwohner, Mitarbeiter umliegender Firmen oder Kurzzeitbesucher des Freibads.
Aus dem Gremium und der Bürgerschaft kamen Vorschläge für alternative Standorte, etwa in der Nähe von Einkaufsmärkten oder auf dem großen Parkplatz im Bereich Spessartstraße/Odenwaldstraße. Stadtteilbeiratsvorsitzender Vitalij Fuhrmann schlug vor, die Ladesäulen auf mehrere Standorte zu verteilen. Auf Nachfrage von Norman Frank teilte Burger mit, dass die Stadtwerke Wertheim kein Interesse an Ladepunkten im Kleinen Weg hätten.
Kurz notiert aus dem Stadtteilbeirat
- Erneut beschwerten sich Bürger über illegale Müllablagerungen auf Straßen und in privaten Gärten – teils aus Verpackungen von Waren aus Verkaufsautomaten. Es wurde festgestellt, dass sich das Müllproblem zwischen den Straßen in Bestenheid verschiebt. Der Stadtteilbeirat will deshalb die Schulen ansprechen, um Schüler für das Thema zu sensibilisieren, und sie einladen, sich an der Aktion „Saubere Landschaft“ zu beteiligen.
- Eine Bürgerin kritisierte, dass die Markierungen an den neuen Ampelkreuzungen für Radfahrer unverständlich seien. Jochen Müssig stellte klar: „Die vordere Wartelinie gilt für Radfahrer, Fahrzeuge müssen an der zweiten Linie warten.“
- Weitere Kritik betraf die Ampelschaltungen im Stadtteil: Viele Autofahrer beschleunigten stark, um die Grünphase noch zu erreichen. Bürger forderten daher Blitzkontrollen sowie längere Grünphasen für Fußgänger.
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