Grundschule - Magda Krapp vom Staatlichen Schulamt Künzelsau und Schulleiterin Alice Jäger erklären, wie Kindern Rechtschreibung vermittelt wird

Freude am Erfolg entwickeln

Von 
Hans-Peter Kuhnhäuser
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Das Ziel ist klar: Grundschüler sollen mit Spaß eine korrekte Rechtschreibung erlernen.

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Der Ernst des Lebens hat für die Erstklässler vor fast zwei Monaten begonnen. Großen Wert legen die Grundschullehrer in Wertheim darauf, dass die Kinder korrekt schreiben lernen.

Wertheim. "Schreiben lernen nach Gehör" - diese vermeintliche Lernmethode geistert immer wieder durch die Medien. Eltern sind dann oft ratlos, ja verunsichert. "Wie soll das denn gehen, Schreiben die Kinder dann gerade, wie sie wollen?", fragen sich viele. Doch solch eine Methode, mit der Kindern das Schreiben und damit auch die Rechtschreibung beigebracht werden soll, "gibt es nicht", betont Magda Krapp vom Staatlichen Schulamt Künzelsau.

Dabei hat diese viel genante und oftmals kritisch gewürdigte, gleichwohl falsche Bezeichnung einen tatsächlichen Hintergrund, nämlich das so genannte "lautorientierte Schreiben". Die Kinder, also die Erstklässler, sollen damit an die Rechtschreibung herangeführt werden. "Nach dem eigenen, langsamen, deutlichen und korrekten Reden und Aussprechen", wie Krapp erläutert. "Es geht nicht im wildes (und damit falsches) Rumgeschreibe, sondern um einen individuellen Zugang." Kein Kind solle "ausgebremst werden". Allerdings gebe es "enorme Unterschiede", mithin eine "große Bandbreite" in den Eingangsklassen, auch wenn die Kleinen natürlich alle "schulbereit" seien. Und da seien individuelle Lösungen hilfreich.

Kein Kind überladen

Die Pädagogen hätten selbstverständlich das Ziel, "alle Kinder zum Erfolg zu bringen", und dabei sei das "lautorientierte Schreiben" nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein "Entwicklungsschritt".

Deshalb werde dies auch im neuen Bildungsplan aufgeführt. "Es ist aber keine eigenständige Methode auf dem Weg hin zum normgerechten Schreiben." Krapp macht dabei deutlich, dass "jedes Kind, ausgehend von seinen lautorientierten ,Verschriftungen' von Anfang an systematisch an das orthografisch korrekte Schreiben herangeführt wird" - eben auch, weil es lerne, Laute zu unterscheiden. Der jeweilige individuelle Erwerb von Rechtschreibkompetenzen und die Beherrschung der Rechtschreibregeln seien Schulalltag. "Die Kinder lernen die Anwendung von Rechtschreibregeln und erwerben eine Kompetenz bei der Korrektur." Und ganz generell: Die korrekte Rechtschreibung sei von Anfang an die Zielvorgabe, betont Krapp.

In der Grundschule, vor allem in der ersten Klasse, solle keine Kind "überladen" oder frustriert werden, sondern Freude am Erfolg haben. Und der stelle sich ja relativ schnell ein, wenn erste Wörter und kurze Sätze geschrieben werden können. Dass dabei immer wieder die Rechtschreibung "trainiert" werde, hob Krapp hervor. Es gebe eine eigene Liste von "Modellwörtern" die die Kinder beherrschen müssen. Rechtschreibkönnen und -Strategie sowie das bewusste Übernehmen von Merkwörtern gehörten da ebenso dazu wie die Regeln der Groß- und Kleinschreibung, also beispielsweise die Großschreibung am Satzanfang oder von Namenwörtern. Insgesamt gehe es folglich darum, dass die Kinder ein Gefühl für das richtige Schreiben entwickeln. "Unterstützt wird das auch durch die Anlauttabelle in den Fibeln." Hierbei werde mit entsprechenden Bildern auf die nötigen Buchstaben verwiesen - ein Affe stehe beispielsweise für das "A".

Anlauttabelle unterstützt

Wie sieht es nun in den Wertheimer Grundschulen aus? "Wir wollen bei den Kindern die Lust am Schreiben fördern", sagt die Rektorin der Wertheimer Gemeinschaftsschule, Alice Jäger, die auch als geschäftsführende Schulleiterin der Wertheimer Grundschulen wirkt.

Das im Volksmund viel zitierte "Schreiben nach Gehör" gebe es weder in der Gemeinschaftsschule noch bei den anderen Wertheimer Grundschulen, verdeutlicht Jäger. Wenn man von einer Lernmethode reden wolle, müsse man von der "Fibel-" oder "Buchstabenmethode" reden. "Gemacht wird beides." Allerdings werde durchaus genutzt, was und wie die Kinder sich selbst hören, wenn sie Wörter sprechen - und eine korrekte Aussprache sei dabei die Grundlage.

Unterstützt werde das Schreibenlernen auch durch die Anlauttabelle. Dabei stellen Bilder und Buchstaben die Anlaute dar - zum Beispiel das A, der Anlaut für Affe, das H beim Haus oder das G bei einer Gabel. Mit Hilfe dieser Tabelle und den jeweiligen Buchstaben "können Kinder recht schnell Wörter schreiben". Das lautorientierte Schreiben sei ein "unterstützender Schritt" beim Erwerb der Schreibkompetenz.

Allerdings: "Die Anlauttabelle ist natürlich weniger hilfreich, wenn das Kind aus einem anderen Sprachraum kommt und noch nicht lange in Deutschland lebt, also Deutsch nicht die Muttersprache ist" oder dementsprechend beherrscht werde. "In anderen Sprachen beginnt das Haus oder die Gabel eben meist nicht mit H oder G. Eigentlich bräuchten wir da eine angepasste Lauttabelle", sagt Jäger.

Ganz generell legen die Lehrkräfte in den Wertheimer Grundschulen "großen Wert darauf, dass die Kinder korrekt Schreiben lernen", betont Jäger. "Die Kleinen haben zu Beginn ihrer Schulzeit ja schon eine hohe Motivation. Wir wollen, dass sie schnell Erfolgserlebnisse haben und so Lust am Schreiben entwickeln." Dass dabei von Anfang an auf die Orthografie geachtet werde, sei selbstverständlich.

Und dabei werde kein Kind allein gelassen: "Wir nehmen die Kinder, die Schwächen bei der Rechtschreibung zeigen, besonders an die Hand."

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