Wertheim-Bestenheid. Aufgeregt läuft Ingo Ortel hin und her, das Telefon dabei am Ohr. Endlich kommt der langersehnte Anruf. Dabei geht es um eine Lieferung für das Freibad. Während der Schwimmmeister telefoniert, reinigt eine Mitarbeiterin die Sitzgelegenheiten, zwei weitere säubern die Flächen vor dem Freibad und Thomas Beier inspiziert oberflächlich die Anlagen im Freibad. Seit April laufen die Vorbereitungen im Freibad in den Christwiesen auf Hochtouren: Altes Wasser ablassen, die Becken von Algen und Schmutz befreien, den Rasen mähen, Unkraut jäten, das Kassensystem fit machen, die gesamte Technik überprüfen und nicht zuletzt die Becken wieder befüllen. Zwischendurch war der Fliesenleger am Werk und tauschte Fliesen aus, denen der Frost zugesetzt hatte. Die neuen Spinde sind bereits aufgestellt, die Pumpen für die Attraktionen sind nach ihrer Generalüberholung auch wieder eingebaut.
Ein Lächeln kann Beier bei seinem kleinen Rundgang kaum verbergen. „Keine Corona-Regeln, keine Einschränkungen – wir können an diesem Samstag ganz normal starten“, die Freude darüber ist ihm ins Gesicht geschrieben. Beier ist Geschäftsführer der Bädergesellschaft Wertheim.
Mehr als 65 000 Besucher
Bis auf die verbleibenden Desinfektionsständer gibt es im Freibad keine Corona-Regeln mehr, die eingehalten und überwacht werden müssen. Dennoch appelliert Beier an die Gäste, im öffentlichen Bereich Abstand zu halten und Maske zu tragen. „Eine Auswirkung der Corona-Zeit bleibt dennoch, wir behalten im Schwimmerbecken das ’Bahnenkonzept’ bei. Das haben sich unsere Gäste gewünscht.“
Während der Pandemie besuchten pro Jahr rund 40 000 Gäste das Freibad. Als Ursache für die niedrige Anzahl führt der Geschäftsführer die Corona-Auflagen, die deutlich spätere Öffnung der Anstalt und das schlechte Wetter ins Feld. In diesem Jahr, nach dem Wegfall aller Beschränkungen, rechnen Beier und Ortel mit mehr als 65 000 Besuchern. Ausgelegt ist das Wertheimer Freibad übrigens für bis zu 5000 Gäste am Tag. „Über 4000 Besucher haben wir schon gezählt“, erinnert sich Thomas Beier. Stolz ist der der Geschäftsführer auch darauf, dass der Kiosk in gewohnter Form weiterbetrieben wird.
Main dient als Wärmelieferant
Der unveränderte Eintrittspreis soll die Entscheidung für einen Freibadbesuch erleichtern. „Dass wir die 3,50 Euro halten können, liegt auch daran, weil wir als Stadtwerke in diesem Jahr noch allen unseren Vertragskunden konstante Strompreise bieten können. Für das nächste Jahr kann ich das nicht mehr garantieren.“
Auch wenn die Strompreise steigen, an den 23 Grad in den Schwimmbecken wolle man auch in Zukunft festhalten. „Wir ändern die Temperatur nicht, denn alles unter 23 Grad ist auch mir persönlich zu kalt“, gibt Beier zu. Im Schnitt besucht er fast einmal pro Woche als Gast das Bad. Großer Vorteil im Wertheimer Freibad: Das Wasser wird über Sonnenkollektoren auf dem Dach erwärmt. Zusätzlich wird der Main als Wärmelieferant über eine Pumpe genutzt. Doch auch hierfür ist Strom nötig.
Der gestiegene Wasserpreis dagegen ist für die Betreiber nicht das Problem. Das Freibad verfügt über einen eigenen Brunnen, aus dem gefördert wird und sogar Wasser an die Stadtwerke verkauft werden kann. Einzige preisliche Änderung: der Vorverkaufsrabatt bei Saisonkarten entfällt. Um den Andrang an diesem Samstag ein wenig zu vermindern, werden die Saisonkarten bereits verkauft.
Finanziell bedeuteten die vergangenen beiden Jahre auch für den Betreiber und die Kommune eine Herausforderung. „Ein kommunales Freibad ist immer ein Zuschussgeschäft. Der Verlust in den vergangenen zwei Jahren hat sich jedoch gegenüber den Vorjahren nicht dramatisch verändert“, erklärt Beier. Als Ursache dafür führt er die Einsparungen, wie Kurzarbeit, und vor allem die erhaltenen staatlichen Hilfen an. Dem standen Mehraufwendungen für Security, eine zusätzlich engagierte Reinigungsfirma und die Anschaffung von Desinfektionsmitteln und Armbändchen gegenüber. „Wir sind wirklich mit einem blauen Auge davongekommen.
Wir haben durch die zusätzlichen Aufwendungen etwa 50 000 Euro Mehrkosten gehabt, die aber durch die Hilfen und Einsparungen fast komplett abgedeckt werden konnten. Der Verlust ist in etwa gleich geblieben, er hat sich nur verschoben. Hätte uns die Regierung nicht geholfen, wäre der Verlust allerdings deutlich höher ausgefallen.“
Neuer Sprungturm geplant
Eine finanzielle Entspannung ist auch in den nächsten Jahren, bei steigenden Energiepreisen und notwendigen Investitionen, nicht in Sicht. So benötigt der Sprungturm eine Betonsanierung. Doch diese würde 50 000 Euro über den Kosten eines „Neubaus“ liegen. Aus diesem Grund hat sich die Bädergesellschaft für die Anschaffung eines neuen Sprungturms entschieden. Die Kosten dafür beziffert Beier auf rund 150 000 Euro.
Die bisherige Pyramidenanlage mit zwei Einer-, zwei Dreier- und einem Fünf-Metersprungbrett soll im nächsten Jahr voraussichtlich von einer Stahlkonstruktion mit einem Einer-, einem Dreier- und einem Fünf-Meter-Brett abgelöst werden. Der Abriss des alten Turms und der Neubau sollen nach der Saison erfolgen, so dass auch im nächsten Jahr wieder eine Sprunganlage die Gäste ins Bad lockt.
An eine kleinere, weil kostengünstigere Alternative ist nicht gedacht. „Solange ich in Wertheim bin, gibt es auch ein Fünf-Meter-Sprungturm“, lacht Thomas Beier. Für nächste Saison sollen Wasserspielgeräte außerhalb der Becken für zusätzlichen Spaß sorgen.
„Wir haben heute 22,4 Grad im großen Becken“verkündet Ingo Ortel, der gerade aus dem Technikraum kommt. Seit über einer Woche werden alle Becken gefüllt, die insgesamt vier Millionen Liter Wasser fassen.
Wassertemperatur bald 23 Grad
Die Temperatur des Nichtschwimmerbeckens liegt an diesem Morgen allerdings erst bei 18,4 Grad. „Das liegt an den kalten Nächten, die immer für eine Abkühlung sorgen“, erklärt Ortel. Allerdings versichert der Schwimmmeister, dass bis zur Eröffnung auch das Wasser im Nichtschwimmerbereich auf angenehme 23 Grad erwärmt ist.
Vor einigen Tagen musste Ortel unfreiwillig bereits in das kalte Wasser springen, weil ihm Werkzeug ins Becken gefallen war. „Ich bin ja nur froh, dass es nicht mein Handy war“ lacht er. Ansonsten sehen die Wertheimer den Schwimmmeister eher selten im Wasser. „Beim diesjährigen Nachtschwimmen werde ich aber wieder mit dabei sein“, sagt Ortel und freut sich auf eine Badesaison ohne Einschränkungen.
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