Sonderausstellung in Museum "Schlösschen im Hofgarten" - Bei Preview die Bedeutung der Schau und Künstlerinnen in der Berliner Secession hervorgehoben

Frauen erhalten Aufmerksamkeit, die ihnen gebührt

Lesedauer: 

Hofgarten. Mit Superlativen sollte man vorsichtig umgehen. Es könnte sein, dass man noch einmal eine Steigerungsmöglichkeit braucht. Doch die Ausstellung, die ab heute unter dem etwas spröden Titel "Sie sind keine Randnotiz! Käthe Kollwitz und ihre Kolleginnen in der Berliner Secession (1898 - 1913)" im Museum "Schlösschen im Hofgarten" in Wertheim gezeigt wird, ragt tatsächlich heraus.

Nicht nur, weil es in mehr als 100 Jahren überhaupt die erste Schau ist, die sich ausschließlich der Frauen in dieser Künstlervereinigung annimmt (wir berichteten). Die Idee war so ungewöhnlich, dass selbst weit größere und bekanntere Häuser als das Wertheimer nach anfänglichem Zögern schließlich begeistert werden konnten und Leihanfragen positiv beantworteten. Hinzu kommen zahlreiche Werke aus Privatbesitz. Manches Bild ist zum ersten Mal überhaupt oder doch zumindest nach langer Zeit wieder in der Öffentlichkeit zu sehen.

Die Ersten, die einen Blick darauf werfen konnten, waren bei einer zwischenzeitlich zur Tradition gewordenen Preview die Mitglieder des Förderkreises "Schlösschen im Hofgarten". Dessen neuer Vorsitzender Heiko Albrecht stellte auch gleich zur Begrüßung fest: "Was wir sehen, ist herausragend." Es öffne ein neues Kapitel in der Betrachtung der "Berliner Secession".

Wertheims Museumsdirektor Dr. Jörg Paczkowski, der auch wissenschaftlicher Leiter des Schlösschens ist, warf einen Blick hinter die Kulissen. Er berichtete, mit sichtlicher Freude und einigem - nicht ganz unberechtigten - Stolz von den Vorbereitungen und davon, wie "eine Kleinstadt wie Wertheim auf die Idee gekommen ist, ein Thema zu bearbeiten, das so bisher noch niemandem aufgefallen ist".

Gute Zusammenarbeit

Besonders glücklich zeigte er sich über die Zusammenarbeit mit der Kuratorin Professor Dr. Ulrike Wolff-Thomsen. Gemeinsam habe man, berichtete Paczkowski, die Zahl der Künstlerinnen, die man in dieser ersten Ausstellung zeigen wolle, auf die Frauen reduziert, die auch tatsächlich Mitglied in der "Berliner Secession" waren. Fast alle könne man präsentieren. "Von einer sind die Werke verschollen, bei einer anderen sind sie zu fest mit einer Wand in Berlin verschraubt", so dass in Wertheim nur Reproduktionen ausgestellt werden können.

Anschaulich erzählte der Redner von den "Fischzügen durch die Museen" und davon, dass er darob "fast ein bisschen Angst hatte", befanden sich doch die größten und renommiertesten Häuser darunter. Die Resonanz sei aber bei den meisten positiv gewesen, "jeder hat uns zu dieser Idee gratuliert". Doch vor der Leihgabe habe die Selbstauskunft und - einschätzung des kleinen, relativ unbekannten "Museums im Schlösschen" gestanden, "ob wir auch anständig sind, ob das Aufsichtspersonal bewaffnet ist und ob im Haus gegessen und getrunken werden darf". Professor Wolff-Thomsen habe darüber hinaus so manchen privaten Besitzer aufgespürt, darunter auch Nachfahren der Künstlerinnen.

Anhand des zur Ausstellung erschienenen Katalogbuches gleichen Titels erläuterte die Kunsthistorikerin die Konzeption der Präsentation, deren Anspruch es sei, "nicht irgendwelche Bilder zu zeigen, sondern solche, die auch in Secessions-Ausstellungen zu sehen waren". Bei einigen der im Schlösschen nun vertretenen Malerinnen ging sie kurz auf den biografischen Hintergrund, die sozialen Bedingungen und die Anerkennung ein, die die Gesellschaft diesen Frauen entgegenbrachte - oder auch nicht.

Rolle Max Liebermanns

Paczkowski wiederum beleuchtete noch die Rolle, die Max Liebermann bei der Aufnahme von Frauen in die "Berliner Secession" spielte. Für diesen habe alleine das Talent gezählt, nicht aber das Geschlecht.

Dass die im Schlösschen gezeigten Frauen über eine ganz außergewöhnliche Begabung verfügten, dürfte außer Zweifel stehen. Dennoch sind, bis auf Käthe Kollwitz, die meisten in Vergessenheit geraten. Sie diesem zu entreißen, ist das große Verdienst dieser Ausstellung. ek

Die Ausstellung "Sie sind keine Randnotiz! Käthe Kollwitz und ...

Die Ausstellung "Sie sind keine Randnotiz! Käthe Kollwitz und ihre Kolleginnen in der Berliner Secession (1898 - 1913) ist vom 6. September bis zum 4. November im Museum "Schlösschen im Hofgarten" geöffnet.

Gezeigt werden neben Werken von Kollwitz Bilder von Dora Hitz, Sabine Lepsius, Julie Wolfthorn, Ernestine Schultze-Naumburg, Clara Siewert, Maria Slavona, Hedwig Weiss und Charlotte Berend-Corinth. Sie alle waren Mitglieder der Künstlervereinigung.

Leihgeber sind unter anderem das Kupferstichkabinett und die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, das Städel Museum in Frankfurt am Main oder das Museum der Bildenden Künste in Leipzig.

Die weiteste Anreise hat das Ölgemälde "Hexchen oder Hexenwald/Mädchen mit blaugrünen Augen" von Julie Wolfthorn hinter sich gebracht. Es kam aus Kalifornien nach Wertheim. Der Leihgeber war von der Idee der Ausstellung so angetan, dass er sogar die Transportkosten und die Versicherung selbst übernahm.

Wohl zum ersten Mal in der Öffentlichkeit zu sehen ist unter anderem das "Bildnis der Tochter Sabine, Krokus pflückend" von Sabine Lepsius, das sich in Privatbesitz befindet und auf das Museumsdirektor Dr. Jörg Paczkowski stieß, als er eigentlich ein anderes Werk für die Ausstellung bei dem Sammler abholen wollte.

Unter dem Titel "Frauen der Secession" wird eine Auswahl mit Werken von Kollwitz, Lepsius, Hitz und Siewert vom 25. November bis zum 4. März 1913 in der Liebermann-Villa am Wannsee in Berlin gezeigt.

Wie Dr. Jörg Paczkowski ankündigte, soll der Schau im Schlösschen eine zweite folgen, die sich den Werken der 98 weiteren Künstlerinnen widmen soll, die als Gäste auf Ausstellungen der "Berliner Secession" zwischen 1899 und 1913 vertreten waren. ek

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten