Wertheim. Alte Briefe, Urkunden und Eintragungen sind mehr als nur vergilbtes Papier – sie sind Fenster in die Vergangenheit und erzählen persönliche Geschichten. Die Schriftsprechstunde im Grafschaftsmuseum Wertheim bot am Sonntag, 19. Oktober, einen besonderen Zugang zu diesen historischen Dokumenten.
Seit 2024 leistet das Grafschaftsmuseum dafür Unterstützung – damals noch unter dem Titel „Quellenleser im Einsatz“. Mit Rosemarie Lubianski, Edith Schwab und Ludwig Weiser stehen drei erfahrene und leidenschaftliche Schriftexperten zur Verfügung. So wurden Feldpost-Briefe aus dem Zweiten Weltkrieg und Einträge über vermisste und gefallene Soldaten aus dem Gemeindebuch des Ersten Weltkriegs wieder lesbar, Familiengeschichte auf ganz neue Weise erlebbar und schuf Verbindungen von Generationen über die Zeit hinweg.
Warum Familiengeschichte fasziniert
Familiengeschichte ist weit mehr als reine Ahnenforschung. Sie stärkt die persönliche Identität, schafft emotionale Verbindungen und spiegelt große historische Ereignisse im Leben einzelner Menschen wider. Das gemeinsame Entziffern alter Dokumente bringt Familien zusammen und fördert den Austausch über Erinnerungen. Oft verbergen sich in alten Schriftstücken unbekannte Geschichten, die neue Perspektiven auf die eigene Herkunft eröffnen.
Für viele Besucher wurde die Schriftsprechstunde zu einer ganz persönlichen Reise. Eine Teilnehmerin brachte Feldpostbriefe ihres Großvaters aus dem Zweiten Weltkrieg mit. Zum ersten Mal konnte sie die handschriftlichen Zeilen entziffern und die Gedanken ihres Vorfahren lesen. Die bewegenden Worte vermittelten ihr ein Gefühl von Nähe und ließen die Geschichte ihrer Familie lebendig werden. „Als ich den alten Feldpostbrief meines Großvaters las, habe ich seine Sorgen und Hoffnungen richtig gespürt. Solche Dokumente machen die Vergangenheit lebendig und schaffen eine emotionale Verbindung zu den Menschen, die vor uns gelebt haben.“
Ein anderer Besucher hatte Eintragungen aus dem Gemeindebuch über vermisste und gefallene Soldaten des Ersten Weltkriegs dabei. Mit Unterstützung der Schriftexperten konnte er die Namen und Schicksale seiner Vorfahren nachvollziehen und erfuhr Details, die bisher verborgen geblieben waren. Für ihn war es ein emotionaler Moment, der nicht nur Erinnerungen wachrief, sondern auch den Wunsch weckte, die eigene Familiengeschichte weiterzuerforschen. „Für mich ist Familiengeschichte spannend, weil ich dadurch erfahre, woher ich komme. Die Geschichten meiner Vorfahren geben mir ein Gefühl der Zugehörigkeit und helfen mir, meine eigene Identität besser zu verstehen.“
Geschichten von Mut, Hoffnung und Zusammenhalt
Die Schriftsprechstunde im Grafschaftsmuseum Wertheim hat gezeigt, wie viel Kraft und Bedeutung in alten Dokumenten steckt. Für viele Besucher war es ein bewegender Moment, als aus vergilbten Zeilen plötzlich echte Geschichten wurden – Geschichten von Mut, Hoffnung und Zusammenhalt. Wer sich auf die Spurensuche nach der eigenen Familiengeschichte begibt, entdeckt nicht nur die Vergangenheit, sondern findet oft auch neue Inspiration für die Gegenwart. Die Erinnerungen, die dabei wachgerufen werden, verbinden Generationen und schenken ein Gefühl von Zugehörigkeit.
Das Museum lädt alle ein, diesen Weg weiterzugehen und die eigenen Wurzeln zu entdecken – denn jede Familiengeschichte ist einzigartig und verdient es, erzählt zu werden.
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