Ein Schütze aus Wertheim holt im zweiten Jahr in Folge Gold in der Deutschen Meisterschaft im Western-Schießen: Gerhard Heilmann kommt erneut zu Titelehren.
Wertheim. Auf viele Kinder üben Cowboys eine große Faszination aus. Gerhard Heilmann hat seine Kindheitsträume real gemacht und schießt selbst mit Revolvern - und hat jetzt erfolgreich seinen Titel als Deutscher Meister seiner Kategorie der "Elder Statesmen" verteidigt.
Gerhard Heilmann aus Wertheim ist begeisterter Sportschütze. "Cowboy Action Shooting" (CAS) nennt sich der Schießsport, den der 71-Jährige seit 2009 auf Wettkampfniveau betreibt.
Und das mit Erfolg: Im zweiten Jahr in Folge stand er in Phillipsburg bei der Deutschen Meisterschaft ganz oben auf dem Treppchen. Unter seinem Cowboy-Alias "Old Blade", zu Deutsch "Alte Klinge", schießt er in der Kategorie der "Elder Statesmen", also der Schützen über 70, und hat dort seinen Titel gegen 19 Gegner verteidigt.
In dem Schieß-Wettkampf, in dem mit historisch authentischen Waffen und Cowboy-Kluft unter strenger Beobachtung ein Parcours zu absolvieren ist, sind manchmal sogar Zehntelsekunden ausschlaggebend über Sieg oder Niederlage. Denn auf dem Schießstand müssen in einem 25-Meter-Bereich verschiedene Ziele aus unterschiedlichen Positionen beschossen werden - mit insgesamt vier Waffen und in möglichst kurzer Zeit.
Alles vorgeschrieben
Jeder Schritt, jede Bewegung, jede Kugel und jedes Ziel in seiner Reihenfolge sind vorgeschrieben. Präzision, Schnelligkeit und vor allem Konzentration sind da gefragt. "Verschossen werden zehn Revolverschüsse aufgeteilt auf zwei Revolver, zehn Gewehrschüsse und mindestens vier Ladungen mit der Schrotflinte", erklärt Heilmann.
Ein Treffer wird von den Wettkampf-Beobachtern durch das Geräusch auf der metallenen Zielscheibe ermittelt. Jeder Schuss muss sitzen. Drei Tage lang dauerte der Wettkampf in Phillipsburg mit jeweils vier Durchgängen (Stages) am Tag. Und der Titelverteidiger ist stolz auf seine Leistung: "Insgesamt habe ich 357,28 Sekunden für alle zwölf Stages gebraucht. Umgerechnet sind das weniger als 30 Sekunden pro Stage. Das ist eine persönliche Bestzeit."
Allerdings läuft es nicht immer so glatt. Denn neben dem Titel des Deutschen Meisters hat Heilmann bei der Europameisterschaft im tschechischen Operany Silber geholt. Um über zwölf Sekunden wurde er von einem Tschechen geschlagen. Und das nicht zuletzt wegen der Zeitstrafe für einen Ablauffehler.
Zur Europameisterschaft traten von 304 Schützen aus 17 Nationen insgesamt 21 in seiner Kategorie der "Elder Statesmen" an. Hier sollten in drei Tagen 15 Stages geschossen werden. Doch wegen Starkregens musste der zweite Tag des Wettkampfes abgesagt werden. "Das bedeutet, dass wir am dritten Tag neun statt fünf Stages geschossen haben. Neunmal verschiedene Abläufe merken, vollste Konzentration, sauberer Waffenwechsel. Das ist anstrengend und eine Belastung, selbst für jüngere Schützen."
Und so geschah es auf der letzten, einer vierteiligen Stage, nach dem reibungslosen Schießen mit den ersten drei Waffen, dass er von seinen beiden Revolvern den falschen, bereits leergeschossenen zog. Das kostete ihn wertvolle Sekunden. "Bis dahin war der Durchgang wirklich gut." Doch selbst mit der Zeitstrafe hat es noch für Silber gereicht.
Mit Humor genommen
Auch wenn die Enttäuschung zuerst groß war, nimmt Heilmann die Sache mit Humor: "Der tschechische Titelverteidiger ist ein ausgezeichneter Schütze. Nächstes Jahr soll die Europameisterschaft wohl auch wieder in Tschechien stattfinden. Das ist gut, denn dann treffen wir wieder aufeinander. Und diesmal gewinne ich."
Vor seinen Mitstreitern im Wettkampf hat Heilmann Respekt. "Da sind viele gute Leute da, keiner von ihnen macht das halbherzig. Deswegen sind Zehntelsekunden manchmal auch so ausschlaggebend, jeder gibt sein Bestes."
Wegen strenger Auflagen und Sicherheitsvorkehrungen stehen die Schützen pausenlos unter genauer Beobachtung. Neben Konzentrationsfähigkeit sind auch starke Nerven ein Muss, weil trotz Druck und Stress die Präzision im Wettkampf nicht nachlassen darf. Und das ist es, was ihm so großen Spaß macht: "Wenn man die ganze Zeit so angespannt ist und sich so konzentriert, schüttet man unheimlich viel Adrenalin aus. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man mit dem Durchgang fertig ist und die Anspannung von einem abfällt."
Auch die Gemeinschaft trägt einen großen Teil zum Erlebnis bei. "Das sind alles Gleichgesinnte, die genauso empfinden wie man selbst."
Das Ambiente des Wettkampfs ist ganz im Sinne der Hochzeit der Cowboys gehalten. Und so wird den Besuchern und Teilnehmern nach Ende der Wettkämpfe noch Geselligkeit im Wild-West-Stil geboten. "Da gibt es dann Squaredance und Countrymusik und auf der Europameisterschaft gab es sogar einen Las Vegas-Abend." Wieder im Alltag angekommen, wird die Ausübung des Hobbys schwieriger. In seiner Umgebung gibt es nämlich zum Trainieren keine richtigen Western-Stages. "Man kann in Schützenvereinen die Waffen ausprobieren, wenn man Mitglied ist und sich dafür interessiert, aber mit originalgetreuen Anlagen ist es schwierig", so Heilmann.
Training unerlässlich
Weil es bei der nächsten Deutschen Meisterschaft darum geht, den hart erkämpften Titel zu halten, ist regelmäßige Übung unerlässlich. Deswegen trainiert er für den Parkour-Ablauf mit Laser-Pistolen und einer Software, die seine Treffgenauigkeit feststellen kann. "Durch das Training damit habe ich mich schon sehr verbessert. Ich stand jetzt schon zweimal bei der Deutschen Meisterschaft auf dem Treppchen. Einen Hattrick hat bisher noch einer geschafft." Er möchte der Erste sein, der bei den "Elder Statesmen" zum dritten Mal Gold nach Hause bringt. Und er ist zuversichtlich. "Darauf arbeite ich jetzt hin."
Infos rund ums Westernschießen
Dachverband für das Western-Schießen ist international die "Single Action Shooting Association" (SASS).
In Deutschland sind für die Schützen der Bund Deutscher Sportschützen (BDS) und dessen Landesverbände zuständig.
Jährlich finden eine Deutsche Meisterschaft, eine Europameisterschaft und in den USA eine Weltmeisterschaft statt. Außerdem gibt es viele Landesmeisterschaften und kleinere Wettkämpfe.
Teilnahmevoraussetzung an den Wettkämpfen ist für jeden Schützen das Ablegen eines Sicherheits- und Regeltests (SuRT).
Die Teilnehmer müssen verschiedene Parcours ("Stages") mit genau vorgegebenem Ablauf absolvieren. Die jeweils benötigte Zeit wird zuzüglich eventueller Strafzeiten wegen Fehlschüssen oder Regelverstößen zu einer Gesamtzeit addiert. Anhand der Gesamtzeiten werden die Platzierungen im Wettkampf ermittelt.
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