„Gewölbegaukler“ - Komödie über den Kampf der Geschlechter im antiken Athen und Sparta feierte am Wochenende Premiere

Emanzipation schon in der Antike Thema

Von 
Jasmin Mohr
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Die Ehemänner der Athenerinnen auf Kriegsurlaub, während ihren Frauen zu Hause die Zukunftsperspektive fehlt. © Bild; Jasmin Mohr

„Gewölbegaukler“ begeistern im Convenartis-Keller mit einer aktuellen Inszenierung des Stücks „Lysistrata – der Krieg muss weg“ ihr Publikum.

Wertheim. Die „Kleinkunst im Gewölbe“ des Vereins Convenartis lädt regelmäßig Akteure, welche die Zuschauer weit über die Grenzen Wertheims in die historischen Räume locken. Am Freitag fand dort die Premiere des diesjährigen Stücks der Hausgruppe, der „Gewölbegaukler“, statt. Im Jahr 2016 hat die deutsche Autorin Michaela Gösken eine aktuelle Sprechtheater-Version der 2500 Jahre alten Komödie „Lysistrata“ von Aristophanes geschaffen. Dieses handelt vom Kriegsgeschehen in Athen und Sparta.

Passend engagiert sich Convenartis gemeinsam mit dem Verein „Willkommen in Wertheim“ in der Integranz-Initiative unter anderem für Flüchtlinge. Gösken und den „Gewölbegauklern“ gelingt mühelos der Spagat zwischen Historie und einer Komödie – ohne dabei den Krieg zu verharmlosen. Regie führte Bernadette Latka.

Der jüngste Darsteller, Knappe Rufus Kramer, zeigt mit seinen sieben Jahren besonderes Engagement und stürzt sich mit sichtlichem Vergnügen in eine Rauferei – eine Manöverübung in der Manier von Asterix und Obelix. Die restlichen Helden muss Herold Haudrauflos (Nadine Schmidt) mit großem persönlichen Einsatz erst antreiben. Ob das so ganz gelingt? Der Convenartis-Verein hat inzwischen über zehn Jahre Erfahrung. Diese zeigt sich in einer modernen Inszenierung und der Professionalität der Darsteller. Auch um und hinter der Bühne ist der Ablauf reibungslos. Die Kostüme und das Bühnenbild sind liebevoll bis ins Detail gestaltet.

Aktueller denn je

Mit den Freitagsdemonstrationen und dem Weltfrauentag im Hinterkopf, ist das Stück aktueller denn je. Es beginnt mit dem Ausbleiben der Störche und der Kinder in Athen. Den von den Männern im Krieg zurückgelassenen Frauen fehlt eine Zukunftsperspektive. Dies treibt sie sogar dazu, sich mit den Frauen des gegnerischen Sparta zu verbünden, welche die gleichen Sorgen haben. Dennoch wehren sich die Männer auf beiden Seiten mit Redekunst, Hinterlist und Schmeicheleien, um ihren Job als Kriegshelden zu behalten. Sie versuchen die Frauen wieder in ihre Rolle als sorgende Ehefrauen und Mütter zu zwingen. Immer wieder erscheinen die Ehemänner aus Athen auf der Akropolis, wo sich ihre Frauen gemeinsam verschanzt haben. Nicht, ohne vorher alle Vorräte – und die Kriegskasse – gemopst zu haben. Ihr Plan scheint aufzugehen, das Ende des zwanzig Jahre dauernden Krieges steht vor der Tür. Während die Frauen sich ihren Männern so lange verweigern, bis diese Frieden schaffen, beinhaltet das Stück viele Anspielungen auf die heutigen Verhältnisse in der Gesellschaft. So beginnt die Aufführung mit dem Besen schwingenden Athener Damenchor. In diesem glauben einige Frauen noch, dass sie sich in einem Förderungsprogramm für unterbeschäftigte Künstler befinden.

Wer hat das Sagen?

Deshalb rezitieren sie inbrünstig staatliche Kriegs- und Geburtenpropaganda. Andere haben längst erkannt, dass ihre „ästhetische Kulturpflege der Stadt Athen“ ein unterbezahlter Nebenjob als Putzfrau ist. Diese Darstellung eines – gar nicht – antiken Stoffes, fragt: Wer hat das Sagen? Wer wickelt die Kinder? Wer verdient das Geld? Wer engagiert sich in der Politik? Die Schauspieler zeigen dies vergnüglich mit Wortwitz und Aktion, auch mitten im Saal zwischen den Zuschauern. So sind die Themen nicht nur für Erwachsene spannend. Auch der siebenjährige Rufus verrät in der Pause, dass ihm das Stück Spaß macht.

Zwei Vorführungen finden im Gewölbekeller noch statt am Freitag, 22. März, und am Samstag, 23. März, jeweils um 20 Uhr.

Freie Autorin Freie Mitarbeiterin (Fränkische Nachrichten, früher auch Wertheimer Zeitung) seit 1996, Redakteurin Magazin "Quappe" der grün-alternativen Hochschulgruppe Karlsruhe, div. wissenschaftliche Beiträge mit u.a. Konferenz-Vorträgen, aktuell Doktorandin, intensive Auslandserfahrung Asien und Afrika

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