Höhefeld. Das Bürgerhaus Höhefeld wurde am Samstagabend zum Resonanzraum für Lachen, Erkenntnis und leise Selbstbefragung. Die Bühne war schlicht, doch was sich darauf entfaltete, war ein Kaleidoskop aus Pointen, Gesten und Gedanken – getragen von einer Frau, die mit Worten tanzt und mit Blicken trifft: Angela Ascher.
Angela Ascher, geboren 1977 in Landshut, aufgewachsen in Dorfen, ausgebildet in Hamburg und Los Angeles, spielte an renommierten Bühnen und ist einem breiten Publikum aus Fernsehen und Kabarett bekannt. Seit 2024 tourt sie mit ihrem ersten Soloprogramm – und gastierte nun erstmals in Baden-Württemberg.
Angela Ascher: Lampenfieber vor dem Auftritt
Noch bevor der erste Applaus erklang, lag Spannung in der Luft. In der kleinen Garderobe hinter der Bühne: ein Smartphone, bereit für letzte Nachrichten; kabellose Kopfhörer, stumm wie wartende Bühnenarbeiter; ein Notizbuch mit handgeschriebenen Gedanken, Skizzen, Erinnerungen. Daneben ein Terminkalender, voll mit Städten, Bühnen, Begegnungen – und dazwischen: Lampenfieber. Nicht als Schwäche, sondern als Zeichen, dass etwas Echtes bevorsteht.
Vorübergehend gehandicapt, mit zwei Gehstöcken, betrat Ascher die Bühne – nicht als Einschränkung, sondern als Symbol: für das Stolpern im Leben, das man mit Würde und Witz bestehen kann. „Ich bin nicht alt, ich bin nur gut gereift – wie ein Frankenwein mit Hüftgold“, sagte sie, und das Publikum war ihr verfallen.
Ihr Programm „Verdammt, ich lieb‘ mich“ ist kein Ruf der Eitelkeit, sondern ein poetischer Protest gegen Selbstverleugnung. Es ist ein Plädoyer für das Unperfekte, das Menschliche, das Komische im Tragischen. Sie sprach von Busen, die wie Wetterlagen schwanken, von Gesichtern, die sich zwischen Bio und Botox verlieren und von Beziehungen, die sich mit Humor besser halten als mit Ratgeberliteratur. „Natürliches Gesicht? Das ist wie Bio-Gemüse – alle wollen‘s, aber keiner erkennt‘s.“
Auch die Emanzipation bekam Raum – nicht als Kampfbegriff, sondern als Alltagskunst. Angela Ascher zeigte, dass Gleichberechtigung nicht in Paragrafen beginnt, sondern beim Frühstück: „Ich bin emanzipiert genug, um mir selbst Blumen zu kaufen – und klug genug, sie mir schenken zu lassen.“ Sie sprach von Frauen, die ihre Urlaubsplanung selbst organisieren, ihre Reifen selbst wechseln – oder zumindest wissen, wen sie dafür anrufen. Von Männern, die lernen, dass Zuhören kein Liebesbeweis ist, sondern Mindestanforderung.
Von Paaren, die sich nicht ergänzen müssen, sondern sich gegenseitig aushalten – auch wenn einer lieber tanzt und der andere lieber die Ruhe hat. „Emanzipation heißt nicht, dass wir alles alleine machen – sondern dass wir entscheiden dürfen, wann wir Hilfe wollen und wann wir einfach nur unsere Ruhe.“ Und die Freundschaften? Die waren ihr heilig. „Freundinnen sind wie Thermoskannen – sie halten warm, auch wenn‘s draußen zieht. Und manchmal pfeifen sie, wenn‘s zu viel wird.“
Duschen – immer an Weihnachten
Das Publikum wurde Teil des Spiels. Als sie fragte, „Wie oft duschen Sie sich?“, antwortete ein Herr: „Nur an Weihnachten.“ Sie bat ihn auf die Bühne – und meinte später: „Es riecht schon verdächtig nach Advent.“ Als sie nach Singles fragte, reckten junge Frauen die Hände. Männer blickten auf, als hätte jemand das Licht der Hoffnung angeknipst. „Höhefeld ist nicht nur humorvoll, sondern auch kontaktfreudig“, kommentierte Ascher – und ließ Raum für neue Geschichten.
Weitere Themen des Abends: mentale Frischhaltetechniken für Langzeitbeziehungen („Man muss nicht jeden Tag neu anfangen – aber wenigstens so tun, als ob.“), verklären des eigenen Liebeslebens vor Freundinnen („Ich sag immer: Wenn‘s nicht gut war, war‘s wenigstens kurz.“). Nach zwei Stunden war das Bürgerhaus ein Trümmerfeld aus Lachtränen, zerrütteten Rollenbildern und frisch geknüpften Blickkontakten. Angela Ascher verabschiedete sich mit einem Lächeln und dem Satz: „Ich komm‘ wieder – spätestens, wenn hier wieder geduscht wird.“
Nachklang: Draußen war es kalt. Die Nacht legte sich wie ein Mantel über Höhefeld, und das Bürgerhaus schwieg. Angela Ascher blieb noch – dosiert, bedacht, in einem Hotel ganz in der Nähe. Nicht aus Bequemlichkeit, sondern weil das Echo eines Abends nicht sofort verstummt. Man muss ihm Raum geben – zwischen Zimmerschlüssel und Teekanne, zwischen Gedanken und Gardinenfalten.
Am Sonntagmorgen: ein Blick aus dem Fenster, Nebel über den Feldern, ein letzter Gruß an die Bühne. Dann geht‘s zurück nach München – zur Familie, zur Wärme, zur nächsten Station. Denn das Leben ist eine Tournee, und Angela Ascher spielt weiter: mit Herz, mit Witz, mit dem Mut zur Wahrheit – und mit dem Lächeln von Höhefeld im Gepäck.
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