Ehrung

Dieter Fauth hält Erinnerung an NS-Opfer in Wertheim wach

Oberbürgermeister Herrera Torrez zeichnet den Pädagogen für sein ehrenamtliches Engagement mit Stadtmedaille in Bronze aus

Von 
Gerd Weimer
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OB Markus Herrera Torrez (rechts) würdigte die Leistung Dieter Fauths für die Erinnerungskultur in Wertheim. © Gerd Weimer

Bronnbach. Die Wertheimer Opfer des Nationalsozialismus dürfen nicht in Vergessenheit geraten. Dafür setzte sich Dieter Fauth lange Jahre ein. Sei es mit seinem unermüdlichen Einsatz für die Stolpersteine und dem dazugehörenden Buch „Wertheim im Nationalsozialismus aus Opferperspektiven“ oder anderen Publikationen – Dieter Fauth ließ nicht locker, obwohl er selbst eigentlich kein Kind oder Bürger der Main-Tauber-Stadt ist.

Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez überreichte ihm angesichts seines „außergewöhnlichen und langjährigen Engagements“ am Mittwoch die Stadtmedaille in Bronze. Bei einer kleinen Zeremonie im Rahmen des Workshops (siehe weiteren Bericht) im Vortragssaal des Archivverbunds Main-Tauber würdigte Herrera Torrez die ehrenamtliche Leistung des promovierten und habilitierten Religionspädagogen, der bis zum Sommer vergangenen Jahres stellvertretender Leiter der Comenius Realschule und drei Jahre kommissarischer Leiter der Werk-realschule Urphar-Lindelbach war, ehe er in den Ruhestand ging.

„Außerordentlicher Förderer“

„Dr. Fauth war und ist ein außerordentlicher Förderer der Erinnerungskultur an die Opfer des Nationalsozialismus in unserer Stadt“, sagte der OB. Die Erinnerung an die Gräueltaten des NS-Regimes und eine klare Positionierung dazu drücke aus, „dass wir so etwas nicht mehr erleben wollen“, fuhr der OB in seiner Laudatio fort. Seit 2009 engagiert sich Fauth in diesem Projekt, das damals von Klaus Schwitt auf den Weg gebracht wurde. In den speziell angefertigten Stolpersteinen sind die Namen und Daten der Menschen eingraviert, die in der NS-Zeit ermordet, in den Selbstmord getrieben oder aus ihrer Heimat verjagt worden sind.

Die Stolpersteine, „von denen es welche in der Stadt, aber auch im Hofgarten und Dertingen gibt, liegen vor den letzten frei gewählten Wohnungen dieser Menschen, und wir stolpern nicht nur im eigentlichen Wortsinn darüber, sondern auch in unserem Kopf und in unserem Herzen“, so der OB.

Besonders die Verbindung zu der pädagogischen Arbeit mache die Leistung Fauths aus: Beim Erinnerungsdienst im Oktober seien viele Schüler unterwegs, „und Dr. Fauth ist es gelungen, die Jugendlichen für die Erinnerungsarbeit zu begeistern“.

Er habe den Schülern die Quellenarbeit nahegebracht und das Interesse an den Biografien der NS-Opfer geweckt.

Schließlich hielten die Schüler selbst die Erinnerung an die Opfer wach. Mit den Stolpersteinen sei sichergestellt, dass das weltweite, dezentrale Mahnmal auch in Wertheim präsent ist.

Mit seinem Gedenkbuch über die Wertheimer NS-Opfer habe Fauth das „Gedächtnis der Stadt an die dunkelste Zeit unserer Geschichte“ gestärkt. „Das ermöglicht uns, einzutauchen in die Lebensgeschichte von rund 700 Wertheimerinnen und Wertheimern“, so der OB. Bis heute stehe Fauth in Kontakt mit Nachfahren ehemaliger Mitbürger und leiste „einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung des Geschehens und zur Versöhnung“. Auch in zahlreichen Vorträgen habe der Geehrte „unser Wissen über diese Zeit, die immer noch nachwirkt, erweitert“. Beispielhaft nannte Herrera Torrez seine Vorträge über das katholische Wertheim im Nationalsozialismus und über Katharina Schulz aus Lindelbach als Kindermädchen von Anna Seghers, die einst der Wertheimer Eichelgasse ein literarisches Denkmal setzte.

Er sei froh, dass Dieter Fauth angekündigt habe, auch in seinem Ruhestand Wertheim verbunden bleiben zu wollen, sei es als Vorstandsmitglied im Historischen Verein, beim Verein „Willkommen in Wertheim“ und im Conventartis – und das, obwohl er gar nicht in Wertheim, sondern in der bayerischen Nachbarschaft wohne.

„Jetzt erst recht“

Nachdem Herrera Torrez die Stadtmedaille überreicht hatte, versicherte Dieter Fauth, dass für ihn das „ehrenamtliche Engagement „immer eine großartige Bereicherung“ gewesen sei. Er könne es jedem empfehlen, „denn es macht einen sehr glücklich“. Es freue ihn, dass das Projekt Stolpersteine „sehr gut angenommen wurde und wird“ und man die Erinnerung an die Jugendlichen Jahr für Jahr weitergeben könne. Zwei Kolleginnen der Realschule würden künftig das Schülerprojekt weiterführen.

Die Arbeit mit den Jugendlichen sei ein „Damm“, um sie davor zu schützen, dass sie „aus der Mitte herausgezerrt werden“, sagte Dieter Fauth im Gespräch mit den FN. Es gebe allerdings Grenzen der Erinnerungsarbeit. „Ob sie eine Wirkung zeitigen wird, wenn unsere Gesellschaft etwa durch massive wirtschaftliche Krisen in eine mehrheitlich rechte Ecke abdriftet“, bezweifelt er. „Dann kämen wir auch politisch wieder ins Trudeln.“ Für ihn gelte angesichts der aktuellen Tendenzen, wie etwa bei den sogenannten Reichsbürgern: „Jetzt erst recht.“

Redaktion Reporter Wertheim

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