Wertheim. Die Wertheimer Stadtverwaltung ist Opfer einer heimtückischen Betrugsmasche geworden. Das Rathaus bestätigte entsprechende FN-Informationen. „Die Verwaltung hat den Betrugsfall Mitte August festgestellt und unverzüglich die Polizei eingeschaltet sowie den Gemeinderat informiert“, lässt Sprecherin Angela Steffan auf Anfrage wissen. Immer wieder erbeuten Betrüger auf die gleiche oder ähnliche Weise Gelder der öffentlichen Hand, darunter Ende 2023 die Stadt Bad Mergentheim (siehe Hintergrund), wobei der Schaden seinerzeit weit höher ausfiel.
„Durch betrügerische Angabe einer falschen IBAN-Nummer war ein Betrag von rund 20.000 Euro nicht an die beauftragte Firma, sondern an ein betrügerisches Konto geleitet worden“, erklärt Angela Steffan. Diese Betrugsmasche sei unter dem Begriff Business-E-Mail Compromise (BEC) bekannt und ziele darauf ab, durch manipulierte E-Mail-Kommunikation Zahlungen umzuleiten. Die Stadtverwaltung Wertheim sei erstmals Opfer eines solchen Betrugs geworden.
„Der Vorfall wurde der Versicherung gemeldet. Parallel dazu prüft die Verwaltung, durch welche zusätzlichen Kontrollmechanismen Vergleichbares künftig verhindert werden kann“, Angela Steffan. Wegen der laufenden Ermittlungen der Polizei könne man zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Details bekanntgeben, betont die Sprecherin. „Wir werden den Sachverhalt ausführlicher darlegen, sobald der Ermittlungsstand es zulässt – auch als warnendes Beispiel für vergleichbare Betrugsversuche“, erläutert sie.
Polizei nennt keine Details
Wie Frank Belz, Sprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn, bestätigte, liege dem Polizeirevier Wertheim in dieser Sache eine Anzeige vom 14. August vor. „Tiefergehende Angaben“ zum Ablauf und dem konkreten Modus Operandi des Betrugs könne er nicht machen. Die Fragen nach ersten Ermittlungsergebnissen, Hinweisen auf Tatverdächtige oder Erkenntnisse zum Verbleib des Geldes ließ er ebenfalls offen – auch, ob Hoffnung besteht, dass die Stadtverwaltung das überwiesene Geld zurückerhält.
Hintergrund: Beispiele für betrogene Kommunen
- Es gibt reihenweise Beispiele für Kommunen, die Opfer von Betrugsmaschen geworden sind, die teils erheblichen finanziellen Schaden nach sich zogen.
- Die Stadt Bad Mergentheim fiel Ende November/Anfang Dezember 2023 einem Betrug zum Opfer, bei dem nach einer gefälschten Zahlungsaufforderung eine Summe von 400.000 Euro überwiesen wurde. Nach Abzug der Versicherungsleistung blieb die Stadt auf einem Schaden von 230.000 Euro sitzen.
- Unbekannte Betrüger haben im Februar 2024 mit einer gefälschten Rechnung und detaillierten Kenntnissen über einen Feuerwehrfahrzeug-Kauf die Stadt Dülmen (NRW) dazu gebracht, 400.000 Euro an ein ausländisches Konto zu überweisen. Die Stadt konnte das Geld nicht zurückholen. Den Verlust teilten sich laut WDR letztlich der Hersteller der Feuerwehrautos und die Stadtverwaltung.
- 2023 wurde ein Eigenbetrieb der Stadt Dormagen (NRW) Opfer eines Betrugs, bei dem durch gefälschte Zahlungsaufforderungen rund 450.000 Euro auf ein falsches Konto überwiesen wurden. Wie dormago.de berichtete, hatte dabei allerdings ein Mitarbeiter seine Finger im Spiel. Der Sachbearbeiter zeichnete demnach mehr als 30 Rechnungen von zwei beteiligten Firmen ab, obwohl keine Gegenleistung vorhanden war. wei
Weil solche Delikte statistisch nicht separat erfasst werden, könne man auch nicht mitteilen, wie häufig derartige Fälle von Rechnungs- oder Kontoänderungsbetrug bei Kommunen oder Unternehmen gemeldet werden. 2024 seien beim Polizeipräsidium Heilbronn insgesamt 4.774 Betrugsfälle in der Kriminalstatistik erfasst worden. Dabei sei ein Gesamtschaden von 11.611.434 Euro entstanden, so Belz.
Hinter BEC verbirgt sich eine ausgeklügelte Form des Cyberangriffs, bei der sich Kriminelle Zugang zu geschäftlichen E-Mail-Konten verschaffen oder diese täuschend echt nachahmen – mit dem Ziel, hohe Geldbeträge zu erbeuten. Das Vorgehen der Täter ist dabei ebenso simpel wie effektiv. Zunächst sammeln sie im Internet Informationen über die jeweilige Kommune: Wer ist Kämmerer? Wer arbeitet in der Finanzverwaltung? Welche großen Projekte stehen an und welche Bauvorhaben werden gerade öffentlich ausgeschrieben? Besonders Angaben auf offiziellen Webseiten, in Sitzungsvorlagen oder Ausschreibungsunterlagen liefern den Betrügern wertvolle Hinweise.
Offiziell wirkende Schreiben
Haben sie genügend Wissen gesammelt, nutzen die Kriminellen zwei Wege: Entweder verschaffen sie sich – oft über Phishing-Mails – tatsächlich Zugang zu echten dienstlichen E-Mail-Konten. Oder sie erstellen täuschend echt wirkende E-Mail-Adressen, die sich nur minimal von den echten abheben, etwa durch einen Buchstabendreher oder eine zusätzliche Endung.
Mit diesen gefälschten oder gehackten E-Mail-Konten fordern die Täter dann in scheinbar offiziell wirkenden Schreiben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Finanzverwaltung zur Überweisung größerer Beträge auf. Begründet wird das zum Beispiel mit angeblich fälligen Zahlungen für eine Baumaßnahme oder eine Anschaffung. Häufig wird in der E-Mail auf besondere Eile und Vertraulichkeit hingewiesen.
Folgt das Personal der Anweisung, landet das Geld auf einem Konto im In- oder Ausland, das von den Betrügern kontrolliert wird. Häufig bemerken die Kommunen den Betrug erst, wenn das Geld längst verschwunden ist und nicht mehr zurückgeholt werden kann.
Polizei gibt Präventionshinweise
Grundsätzlich gelte: Je größer die Summe, desto mehr müsse man Sorgfalt bei der Überweisung walten lassen, meint Frank Belz. Das Polizeipräsidium Heilbronn und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg geben folgende Präventionshinweise: „Gleichen Sie die Rechnungsdaten immer mit den Angebotsdaten ab? Vergleichen Sie die Kontodaten auf der Rechnung mit den Kontodaten auf der Homepage des Unternehmers. Achten Sie beim Öffnen des Briefes auf bereits vorhandene Beschädigungen oder Spuren, die vermuten lassen, dass der Brief schon einmal geöffnet wurde. Kontaktieren Sie im Zweifelsfall sofort den Rechnungssteller. Bestätigt sich der Betrugsverdacht, umgehend die Polizei kontaktieren und bereits getätigte Überweisungen bei der Bank rückgängig machen.“
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