Wertheim. Ein lauer Sommerabend. Hunderte von Menschen stehen am Einlass zum Burginnenhof. In der Hand haben sie neben ihrer Eintrittskarte entweder eine Impfbescheinigung oder einen bestätigten Schnelltest und ihren Personalausweis. Neben der Abendkasse ist ein kleines Zelt aufgebaut. Wer noch keinen aktuellen Nachweis hat, kann sich hier testen oder impfen lassen. Das Angebot wird nur von wenigsten Konzertbesuchern genutzt. Inzwischen drängen sich die Menschen im Zuschauerraum dicht an dicht. Über eintausend Fans sind gekommen, um die Band spielen zu sehen.
So oder so ähnlich könnte es sich im Sommer auf der Wertheimer Burg zutragen – doch hier ist der Wunsch der Vater dieser Gedankenspielerei. Denn bis der Kultursommer auf der Burg so richtig losgeht, sind definitiv noch nicht sehr viele Konzertbesucher geimpft. Da ist sich Innenstadt- und Burgmanager Christian Schlager sicher. Und tausend Besucher zu testen, ist logistisch und finanziell eine Herausforderung. Die Erfahrung des vergangenen Jahres lehrt, dass es für solche Veranstaltungen diverse Regelungen geben wird, beispielsweise vorgeschriebene Bestuhlung, einzuhaltender Abstand und die Begrenzung der Besucherzahl.
Schlager hofft darauf, dass – wie 2020 – zumindest 250 Zuschauer zugelassen werden können. Ab dieser Zahl könnten aus Kostengründen diverse Veranstaltungen stattfinden. Als Beispiel nennt er die Tribute Shows von Bands wie AB/CD oder Depeche Reload, bei der die Stadt der Veranstalter ist. „Bei 250 Besuchern lässt sich das machen. Auch wenn wir dabei zu Null rausgehen. Darunter macht es wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn“, meint Schlager. „Zu hoffen, dass im Juni und Juli 600 Leute stehend im Innenhof ein Konzert verfolgen können, ist relativ unwahrscheinlich“.
Nicht funktionieren würde unter diesen Voraussetzungen der Burgrave als typische „Stehveranstaltung“. Schwierig wird es auch für die Veranstaltungen der Würzburger Posthalle, zu denen die Konzerte von Stahlzeit, JBO, Les Holroyd oder Metal-Queen Doro Pesch zählen. Der Geschäftsführer der Posthalle, Joachim Schulz, sagte auf Nachfrage: „Im Moment können wir vieles noch nicht genau abschätzen. Eines kann ich aber auf jeden Fall sagen: Sollten die Konzerte in diesem Jahr nicht stattfinden, fallen sie nicht aus, sondern werden auf das Jahr 2022 verschoben – sofern es die Pandemielage dann zuläßt.“ Sollte dies eintreten, will der Veranstalter die Fans beizeiten über die Verlegung informieren. Da der Vorverkauf für die Konzerte läuft, versicherten Schulz und Schlager, dass bei einer nochmaligen Verschiebung natürlich die Eintrittskarten ihre Gültigkeit behalten.
Sollten die Konzerte in diesem Jahr nicht stattfinden, werden sie auf das Jahr 2022 verschoben.
„Für mich herrscht immer noch das Prinzip Hoffnung – dass durch die Schnelltests noch irgendetwas geht bis zum Sommer. Deswegen ist von unserer Seite noch nichts abgesagt“, erklärt Schlager.
Die Saison eröffnen sollte eigentlich schon am vergangenen Wochenende der Gewinner der Gesangs-Castingshow „The Voice of Germany“ Andreas Kümmert mit seiner Band im Löwensteiner Bau. „Dieses Konzert werden wir ganz sicher im Laufe des Sommers nachholen“, verspricht der Burgmanager.
Die nächste größere Nummer, wie Schlager es nennt, wäre Ende April neben der Stummfilm-live-Performance das beliebte „Feuer und Zauber auf der Burg“. Hier ist sich der Wertheimer Kulturschaffende sicher, dass es keine Totalabsage geben wird, „sondern es wahrscheinlich auf eine bestuhlte Bühnenveranstaltung mit 250 Besuchern herauslaufen wird, „wenn man die 250 Ende April schon machen kann.“ Für die gewünschte Besucherzahl bräuchte es allerdings einen Inzidenzwert unter 50. Über 50 würde es nur in Kombination mit Schnelltests gehen. In diesem Fall stellt sich dann die Frage, wer diese Tests und die dafür notwendigen Einsatzkräfte bezahlt. „Tübingen hat sich beizeiten eingedeckt und steht jetzt auf dem Marktplatz mit dem DRK und testet. Das sind natürlich verhältnisse, die man als Veranstalter registriert und sich so etwas als Möglichkeit für größere Konzerte im Sommer wünscht.“
Bestandteil des Burgsommers ist auch das Open-Air Kino. „Ich gehe davon aus, dass wir es mindestens so machen können wie im vergangenen Jahr. Vielleicht rücken wir im August schon ein wenig enger zusammen und ich kann mehr Zuschauer in den Innenhof lassen“, hofft Schlager. Auch dass der Kunstverein Convenartis wieder Teile seines Kabarett-Programms auf die Burg verlegt, ist im Gespräch. Noch sei jedoch alles in der Schwebe und hänge von vielen Faktoren ab. „Ich fühle mich wie ein Artist, der mindestens sechs Bälle in der Luft hat“, sagt Christian Schlager.
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