Nassig. Viele kritische Nachfragen sowie Vorschläge gab es bei der Bürgerversammlung zum Thema Windkraft in Nassig. Die Diskussion verlief jedoch sachlich.
Für Verwunderung sorgte die Feststellung, dass bis zu 15 Anlagen im Schenkenwald möglich sein könnten. Bei einer Waldbegehung mit dem Fürstenhaus sei nur von fünf Anlagen die Rede gewesen, wurde betont. Stadtbaumeister Armin Dattler erklärte, enthalten in der Fläche sei kommunaler und privater Wald. Wie viele Windräder letztlich wirklich kommen würden, sei offen, 15 seien ein Maximum. Ein Bürger stellte fest: „Bei 15 Windrädern im Schenkenwald bleiben keine Bäume mehr übrig.“ Vielfach kritisiert wurde die Zerstörung von Waldflächen für Windkraft. Schließlich gehe von Bäumen auch eine wichtige „Kühlwirkung“ aus.
Ein Mondfelder erklärte, die Höhe der Windräder mit 200 Metern Nabenhöhe erschrecke ihn. Es sei unvorstellbar, wie weit man diese sehe. Damit verbunden sei auch ein Verlust an Wohnqualität. Weiter wurde bemängelt, dass beim aktuellen Vorschlag Mondfeld und Nassig mit 40 Prozent der Anlagen belastet würden.
Brigitte Kohout, Gemeinde- und Ortschaftsrätin aus Grünenwört, meinte, dass man auch die Auswirkung der Anlagen im Schenkenwald auf Grünenwört und Mondfeld beachten müsse. 15 Stück dort seien einfach zu viel. Sie verwies auch auf den nötigen Bau neuer Zuwegungen für die Anlagen: „Ich habe die Sorge, für die Windkraftanlagen werden auch viele gute Bäume fallen.“ Weitere Grünenwörter machten sich über einen möglichen Schattenwurf auf die Ortschaft Gedanken.
Ein weiterer mehrfach genannter Kritikpunkt war, dass man dem Regionalverband in der Stellungnahme gleich 5,1 Prozent der Gemarkungsfläche vorschlagen möchte. Lieber sollte man mit weniger Fläche in die Verhandlung zu gehen, um noch Verhandlungsmasse in der Hand zu haben. Stadtbaumeister Armin Dattler erklärte, man sei mit den Ausschlusskriterien (siehe weiteren Artikel) in die Suche gegangen und nicht mit einem speziellen Flächenziel. „Weitere schlüssige Argumente für Ausschlüsse nehmen wir gerne entgegen.“ Er selbst sah es als sinnvoll an, zu sagen, „wir bringen maximal diese 5,1 Prozent mehr ein, aber nicht mehr“. Man werde diese Anregung aber wie alle anderen dem Gemeinderat vorlegen.
Ein weiterer Vorschlag aus der Bürgerschaft lautete, den Abstandsradius zu vergrößern, um so weitere Areale auszuschließen. Auf Nachfrage erklärte Dattler, die Eigentumsverhältnisse hätten bei der Festlegung der Flächen eine untergeordnete Rolle gespielt. Erfüllten kommunale Flächen die Voraussetzungen, habe man diese für die Stellungnahme bevorzugt. „Die Wertschöpfung soll kommunal bleiben.“
Mit Blick auf eine mögliche Überlastung der Landschaft durch Windkraftanlagen wiesen Bürger darauf hin, dass man ebenso Anlagen auf Gemarkung von Nachbarkommunen in Bayern berücksichtigen müsse, da auch diese zu sehen sein werden. Dattler erklärte, man wolle durch die Festlegung der Abstandsflächen der Vorranggebiete auf Wertheimer Gemarkung dort eine Entlastung schaffen. Betont wurde weiter, allein die Sicht auf Anlagen könne kein Ausschlusskriterium sein, sondern nur deren Auswirkungen. Dattler verwies zudem auf die Einnahmen, die die Kommune durch die Anlagen auf ihrem Gemarkungsgebiet erziele.
Die Frage, ob eine finanzielle Bürgerbeteiligung an den Windparks möglich sein wird, bejahte Thomas Beier, Geschäftsführer der Stadtwerke Wertheim. Sein Unternehmen wolle Betreiber möglichst vieler der Anlagen werden. Er verwies weiter auf die Bedeutung der Windkraft für die Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff.
Geäußert wurde von Bürgern auch die Sorge, dass der Regionalverband das landespolitisch vorgegebene Flächenziel von 1,8 Prozent nicht erreicht und damit die Erleichterung für die Windkraftanlagen in Kraft treten.
Auf weitere Fragen hieß es, wie viele Windräder für die Wasserstoffinitiative nötig wären, lasse sich noch nicht sagen. Der „grüne“ Wasserstoff werde bilanziell definiert, das heißt, es seien keine direkten Anschlüsse der Elektrolyseure an Windrädern vorgesehen, so Beier. Er verwies weiter auf den generellen „Energiehunger“ in Wertheim, hauptsächlich durch die Industrie. Den Bedarf bezifferte er auf 300 Gigawattstunde (GWh) pro Jahr.
Es gab in der Versammlung auch lobende Worte dafür, dass die Stadt einen eigenen Vorschlag für einen verträglichen Ausbau der Windkraft erarbeitet und diesem dem Regionalverband vorschlägt. Man hoffte, dass sich Letzterer darauf einlässt.
Allgemeine Bürgerkritik gab es zu den hohen Pachten von über 100 000 Euro, die pro Jahr und Anlage gezahlt würden. Diese sollte der Gesetzgeber in der Höhe einschränken, denn letztlich würden die Stromkunden das Geld zahlen.
Gemeinderat Richard Diehm berichtete über Vorwürfe, er würde den Schenkenwald präferieren, weil er dort Flächen besitze. Er betonte, der Regionalverband habe die Suchräume festgelegt, nicht er. Viele weitere Nassiger hätten auch Flächen im Gebiet. Diehm: „Wir müssen eine clevere Alternative finden.“ Er schlug vor, alle Waldbesitzer sollen sich zusammenschließen und einen Vertrag mit dem Projektierer abschließen. So würden alle profitieren und es gebe keine Neiddebatte mit jenen, auf deren Fläche Windkraftanlagen stehen.
Weitere angesprochene Themen in der Versammlung waren mögliche gesundheitlich negative Auswirkungen durch die Windkraftanlagen, Wirbelschleppen durch deren Rotoren sowie die Entsorgung ausgedienter Anlagen. bdg
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