Kabarett-Abend - Das "Totale Bamberger Cabaret" war im Gewölbekeller des Kleinkunstvereins Convenartis zu Gast

Brisantes mit Tiefsinn und Humor serviert

Von 
Jasmin Mohr
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Bei der Fahrt mit dem Gummiboot teilten sich die Zuschauerreihen: Der Auftritt des "Totalen Bamberger Cabarets" im Gewölbekeller des Wertheimer Kunstvereins Convenartis am Samstagabend bereitete dem Publikum sichtlich Vergnügen.

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Zum Scherzen aufgelegt waren die Jungs des "Totalen Bamberger Cabarets" ("TBC") bei ihrem Auftritt am 1. April im Gewölbekeller des Wertheimer Kunstvereins Convenartis.

Wertheim. Der Saal war seit Wochen ausverkauft. Doch zunächst schien es, als würde es den Kabarettisten nicht gelingen, Stimmung "in die Bude" zu bringen. Doch dann stiegen sie ganz schnell auf eine bewährte Strategie um. Das Stimmungsbarometer im Saal stieg rasant, als es zunächst mit Striptease und dann Rock weiter ging. Kurz musste selbst die Presse für einen Gag dran glauben. Sie sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, mitzuschneiden. Das Publikum kam das Ganze super an, wie das schallende Gelächter zeigte.

Passend zum Thema ging es mit wichtigen Informationen übers Internet weiter. Kindgerecht erklärte "TBC" die Funktionen von YouTube. Schnell ging es von da zum Thema Werte und Werteverluste.

Florian Hoffman stellte den Wärter des Alten-Werte-Wertstoffhofs dar. Sein Gehilfe brachte eingehende Fälle wie "Das Christkind bringt Geschenke" unter anderem zum Container "Mythen und Märchen". Unter der Hand betreibt der Wärter das Recycling der "Alten Werte" in der Bild-Zeitung, "die eh niemand liest".

Die nächste Nummer startete mit einem rasanten Wortspiel rund ums Doping - ein früher Höhepunkt des Abends mit Michael A. Tomis als Russin Ilena. Die Sportlerin wechselte innerhalb von sechs Wochen vom Bodenturnen zum Gewichtheben. Zuletzt gestand Ilena die traumatische Erfahrung, einmal beim Doping nicht positiv getestet worden zu sein. Denn ihre russische Großmutter hat immer gesagt: "Du bist, was du pisst."

Coole Neuerung

Auf die Übertragung des Sportlerinterviews folgte die Sendung "Bob pieft deinen Alltag auf". Die Mission des Moderators mit jugendlicher knallroter Baseballkappe: Aufklärung über coole Neuerungen. "Heutzutage dreht sich alles um das Thema Kommunikation, also sowas wie WhatsApp etc.", erklärt der coole Bob. Nun gibt es eine ganz neue Sache: "Brief". Bob beschreibt das ganz vorsichtig. Ein bisschen zuckt er bei dem Wort Stift. Natürlich muss er den erst erklären. Nach dem Papier. Da dem Papier halt wichtige Funktionen wie Tastatur und Touchscreen fehlen, braucht es den "Stift". Aus dem kommt Dreck raus, und zuletzt gibt es sogar noch einen Briefumschlag. Blöderweise passt das Papier da nicht rein. Aber die neue Erfindung wäre nicht genial, wenn das Papier nicht in der Größe verändert werden könnte. "Voll pervers Alter, macht man am Schluss noch so eine Art Zungenkuss voll abgefahren mit dem Briefumschlag." Gepostet wird der Umschlag dann an der Post. Die machen 'ne eigene Marke drauf. Und die bekommt dann noch ein total geiles Tattoo, die Post hat nämlich ihr eigenes Tribal. Ne echt coole Erfindung halt. - Es war nicht einfach, bei Bobs Wortergüssen mitzuhalten und zu folgen. Spannend war, wie die Sicht eines Kindes oder Jugendlichen in der Zukunft - oder schon heute - sein könnte.

Es wäre schade, hier zu viel vom "TBC"-Programm zu verraten. Dieses entzündete sich im Convenartis-keller wie ein gut arrangiertes Feuerwerk.

Toll war dabei auch, wie das Flüchtlingsboot - oh nein, es waren doch die Aida-Kreuzfahrtouristen - oder waren es die Kreuzfahrer - mit einem quietsch-orangenem Gummiboot durch die Zuschauerreihe fuhren. Erst scheiterte ein vielleicht zu vorsichtiger Versuch, diese zu teilen. Mit Hilfe aller gelang es dann beim zweiten Anlauf dann doch. . . . Und die Zuschauerreihen teilten sich. "Wie damals das Meer bei Moses." So ein schönes Schlusswort kann man doch stehen lassen.

Die Zuschauer im Gewölbekeller des Kleinkunstvereins hatten am Ende des Abends interaktives Kabarett der Spitzenklasse erlebt. Georg Koeniger, Tomis und Hoffmann waren zu Hochtouren aufgelaufen. Politisch höchst brisante Themen verstanden die Herren, in großer Tiefe mit dem nötigen Quantum Humor "abzuarbeiten".

Freie Autorin Freie Mitarbeiterin (Fränkische Nachrichten, früher auch Wertheimer Zeitung) seit 1996, Redakteurin Magazin "Quappe" der grün-alternativen Hochschulgruppe Karlsruhe, div. wissenschaftliche Beiträge mit u.a. Konferenz-Vorträgen, aktuell Doktorandin, intensive Auslandserfahrung Asien und Afrika

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