Wertheim. Birgit Niehaus ist seit Anfang September Schuldekanin des Kirchenbezirks Wertheim. Feierlich und fröhlich wurde sie in der Wertheimer Stiftskirche im Rahmen eines Festgottesdienstes offiziell in ihr neues Amt eingeführt. Sie tritt damit die Nachfolge von Cornelia Wetterich an und führt nun die Dienstaufsicht über alle kirchlichen evangelischen Lehrkräfte im Religionsunterricht an den öffentlichen und privaten Schulen und sorgt für die fachliche und pädagogische Qualität des Fachs.
Etwa 100 Gemeindemitglieder und Weggefährten waren am Donnerstagabend in die Kirche gekommen, um Niehaus bei der Amtseinführung zu begleiten. Oberkirchenrat Wolfgang Schmidt lobte die neue Schuldekanin in seiner Ansprache als kompetente und zugewandte Kollegin. Augenzwinkernd zog er Parallelen zum Apostel Paulus. Denn ebenso wie dieser nach einem Hilferuf der Gemeinde im griechischen Makedonien von Kleinasien den Bosporus überquert habe, sei Niehaus von Aschaffenburg über den Main nach Wertheim gekommen. Doch das sei nicht der einzige Übergang, den sie zu gestalten habe. Schmidt machte deutlich: „Sie lernen hier andere kulturelle Akzente im kirchlichen Leben kennen, als Sie es aus Bayern kennen. Außerdem stehen schon im nächsten Jahr große Veränderungen an, wenn drei Kirchenbezirke zusammengelegt werden.“ Der Oberkirchenrat verlas die zwei Urkunden, die Niehaus‘ neues Amt besiegeln. Ihre römisch-katholische Kollegin Bettina Gellhaar, ihre Freundin Petra Simon, sowie ihr Lebensgefährte Detlef Gaiser gaben ihr zum Amtsantritt ausgewählte Bibelstellen als Leitsprüche mit auf den Weg.
Zur musikalischen Begleitung des Gottesdienstes spielte Kirchenmusikdirektor Carsten Klomp gekonnt auf den Tasten und der Direktor des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums, Ulf Hannig, brachte mit seinem swingenden Saxofon ungewohnten Schwung in die Kirchenmusik. Außerdem hatte die neue Schuldekanin den christlichen Liedermacher Jonathan Böttcher eingeladen. Mit Gesang und Gitarre, virtuos begleitet von Bruno Bischlers Percussions, brachte er einige seiner Songs zu Gehör.
Mit Spannung erwartete Predigt
Ein Höhepunkt des Abends war die mit Spannung erwartete Predigt der neuen Schuldekanin. Aus dem Markus-Evangelium las sie die Textpassage vor, in der Jesus mit einem Pharisäer darüber diskutiert, was das wichtigste Gebot sei und beide sich dann einig werden. Denn bereits im Alten Testament stehe das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe. Niehaus stellte klar: „Wer etwas gegen Ausländer, Homosexuelle oder andere Menschen hat, liebt auch Gott nicht“. Die Liebe zu Gott und den Menschen sei das Fundament jeder christlichen Ethik, nur sie führe in das Reich Gottes und sei höchstes Gebot. Den Religionslehrkräften gab sie einen pädagogischen Tipp: „Geht mit Liebe in die Klassenzimmer. Und genau wie im Evangelium soll es auch im Religionsunterricht sein: Man spricht miteinander und kommt dann vielleicht auch zu einem Konsens, am besten zu freudigem Wohlwollen, wenn es um die Liebe geht.“
Niehaus liebt ihre neue Aufgabe als Schuldekanin. Im Gespräch mit den FN sagte sie: „Ich komme aus einem bildungsfernen Elternhaus, aus der Arbeiterklasse. Die Schule und später die Universität haben meinen Horizont unglaublich erweitert. Darüber bin ich glücklich, das möchte ich weitergeben und mich für Bildung einsetzen.“ Als alleinerziehende Mutter habe sie vorher als Dozentin, Religionslehrerin und Pfarrerin gearbeitet. Die Bedeutung der Bildung begleite sie durchs Leben.
Am Ende des Gottesdienstes spendete Niehaus den Segen und nahm anschließend, moderiert von Pfarrerin Wibke Klomp, die Grußworte entgegen. Hannigs Gruß erklang aus dem Saxofon und Böttcher sang ihr noch ein Lied. Als Vertreterin des Oberbürgermeisters erinnerte Martina Wenzel an die gemeinsame Verantwortung von Stadt und Kirche für die Menschen. Pfarrerin Laura Breuninger betonte im Namen der Schulleitungen in Lauda-Königshofen die Bedeutung der Wertevermittlung. Für die Wertheimer Schulleitungen plauderte Simone Schott erfrischend und flott über Skepsis und Vorbehalte, mit denen Niehaus als „Neue“ sicher auch werde klarkommen müssen. Als Vertreterin aller Schuldekaninnen und -dekane war Sabine Bayreuther aus Weinheim angereist. Sie betonte den Wert dieses Amts: „Bei der Arbeit mit jungen Menschen bleibt man am Puls der Zeit“. Bettina Gellhaar betonte die intensive ökumenische Zusammenarbeit und sprach sich gesellschaftlich sowie pädagogisch gegen ein „Höher-Schneller-Weiter“ aus.
Aus der alten Heimat der neuen Wertheimer Schuldekanin meldeten sich zwei Vertreterinnen zu Wort. Die Präsidentin der Aschaffenburger Synode, Angelika Huhn, gab Neuhaus zur Stärkung Tee mit auf den Weg. Die evangelische Schulreferentin Sabine Bullemer-George setzte noch einen drauf und schenkte ihr drei Packungen Espresso.
Elisabeth Krug, Sozialdezernentin des Main-Tauber-Kreises, verzichtete auf ein Grußwort, um die Feier nicht in die Länge zu ziehen. Dies fand großen Beifall und somit konnten sich nach zweistündigem Sitzen alle beim Büfett und im Gespräch miteinander den Abend ausklingen lassen.
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