Verkehr

Bettingen: Radweg-Umleitung nur für geübte Mountainbiker

Durch eine Gruppe schwer Erkrankter wurde der ADFC des Main-Tauber-Kreises auf den schlechten Zustand der Umleitung des Radwegs zwischen Wertheim Village und Dertingen aufmerksam.

Von 
Heike Barowski
Lesedauer: 
Brigitte und Roland Nicola haben auf der Umleitungsstrecke kehrt gemacht, weil Schilder fehlten und der Weg sehr steinig war. Martin Köhler vom ADFC kam mit den Radtouristen ins Gespräch. © Heike Barowski

Bettingen/Dertingen. Martin Köhler schüttelt ungläubig den Kopf. Zum wiederholten Mal fährt der zweite Vorsitzende des ADFC-Kreisverbands Main-Tauber den Radweg zwischen Wertheim und Dertingen – genauer gesagt, das Teilstück zwischen dem Village und Dertingen. Start ist am Hymerring in Richtung Kletterwald. Doch die Umleitung für Radfahrer ist nur etwas für geübte Mountainbiker.

Hinweisschilder bräuchte man für das erste Teilstück in diesen Wochen nicht, man müsste nur dem Baustellenverkehr folgen. Die Erschließungsarbeiten für die Erweiterung des Gewerbegebiets Almosenberg laufen seit Juli 2024. Seit Monaten wird der Radweg, der eigentlich gerade durch das Baugebiet geht, umgeleitet. Bis Ende Oktober 2025 sollen die Arbeiten, laut Achim Hörner, Leiter des Referats Tiefbau bei der Stadt Wertheim, abgeschlossen sein.

Im Minutentakt donnern große Lkw auf diesem Weg an den Radfahrern vorbei. Die Strecke bis zur Baustelle unterhalb des Kletterwalds müssen beide Verkehrsteilnehmer nutzen. Am Eingang zur Baustelle beginnt dann die Umleitung des Radwegs. Allerdings ist das Umleitungsschild verdreht, für Radfahrer erst einmal nicht sichtbar und irreführend. Eventuell hat ein Lkw das Schild gerammt.

Zum wiederholten Mal stellte Martin Köhler fest, dass die Schilder wahrscheinlich vom Wind umgerissen werden. © Heike Barowski

An der nächsten Kurve, der hinteren Zufahrt zur Baustelle, liegt das Schild sogar im Graben. Hat der Radler es bis dahin über einen vom Schwerlastverkehr zerfahrenen Schotterweg geschafft, liegt die wesentlich abenteuerliche Strecke noch vor ihm. Es geht bergauf bis zum Waldrand und dann wieder steil bergab. „Es ist ein sehr schlechter Feldweg, der viel zu gefährlich und einfach nicht befahrbar ist – selbst bei gutem Wetter“, sagt Martin Köhler. Loser Splitt, Schotter und Schlammlöcher sind nur ein Teil des Problems. Nach dem Regen verwandelt sich der Weg in eine schlammige Rutschpartie. „Die Umleitung konterkariert sich doch selbst, wenn man am Berg Schilder aufstellt, dass Radfahrer absteigen sollen. Da hat man offensichtlich erkannt, dass der Weg zu gefährlich ist. Dann stellt sich die Frage: Warum schildert man den Weg dann als Umleitung aus?“ Köhler schüttelt den Kopf. Touristen, die hier gefahren sind, kämen nach seiner Ansicht sicher nicht wieder. Und Wertheimer würden auch nicht dazu animiert werden, im Alltag das Rad zu nutzen. Dabei habe man sich die Förderung des Radverkehrs doch auf die Fahne geschrieben. Für die Streckenführung und die „Pflege“ der Umleitung ist übrigens die Stadt Wertheim zuständig.

Sie fahren durch die Baustelle

Brigitte und Roland Nicola kommen aus der Nähe von Schweinfurt. Sie wollten an diesem Morgen von Wertheim Richtung Dertingen weiter bis Würzburg fahren. Gerade fahren sie an Martin Köhler vorbei und nehmen die Umleitung. Doch nicht einmal zehn Minuten später kommen sie wieder zurück, stehen irritiert an der Zufahrt zur Baustelle. „Die Strecke ist so schlecht ausgeschildert, das ist wirklich nicht schön. Man weiß überhaupt nicht, wie es weiter geht“, sagt Brigitte Nicola. Ihr Mann schaut derweil aufs Handy und beobachtet den Baustellenbetrieb sehr genau. Ihre Lösung: Statt der Umleitung fahren sie mitten durch die Baustelle - trotz Hupen der Fahrzeuge. Genau das hat Martin Köhler immer wieder beobachtet, wenn er vor Ort war. „Das ist nicht ungefährlich“, mahnt er.

Der Zustand des Radwegs. © Martin Köhler

Nur kurze Zeit später kommt ein weiteres Pärchen von der Umleitungsstrecke zurück. Auch sie haben kapituliert. „Da kann man nicht fahren“, ruft der Mann im Vorüberfahren. Für die beiden geht es wieder zurück Richtung Village. „Diese Umleitung hat jemand auf dem Papier festgelegt, der kein Rad fährt. Sie ist ein Witz“, schimpft Köhler.

Auf das Problem gestoßen wurde der ADFC des Main-Tauber-Kreises vor einiger Zeit durch eine Gruppe „MS aktiv“ aus Bad Brückenau. Die Tour sollte von Bettingen über Dertingen bis Veitshöchheim führen. Verantwortliche hatten sich zuvor den Radweg angeschaut. Die an Multipler Sklerose Erkrankten nutzen Spezialräder, wie Handbikes oder Liegeräder. Sie können damit nicht jede Strecke fahren. Nach Besichtigung der Umleitung bat man den hiesigen ADFC um Rat. Gemeinsam mit der Vorsitzenden Iris Boxler schaute sich Köhler die Umleitung an. Eine Lösung für die MS-Gruppe hatten die beiden nicht.

„Der ausgeschilderte Weg ist auf jeden Fall keine Umleitung. Damit kommen doch nur eingefleischte Mountainbiker klar“, sagt er. Für ihn ist die einzig denkbare Alternative die Umleitung des Radverkehrs teilweise über die L 2310 zwischen Bettingen und Dertingen. Um die Gefahr zu minimieren, müsste gleichzeitig Tempo 70 für die Zeit der Umleitung anordnet werden. So geschehen zwischen Werbach und Gamburg während der Bauarbeiten zur Wasserversorgung.

„Eine Alternative wurde geprüft und aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens an den Knotenpunkten L 2010/ Almosenberg, L 2310/ Anschlussstellen der BAB 3 und L 2310/ L 617 und den daraus erwachsenden Gefahren für den Radverkehr verworfen“, gibt Achim Hörner von der Stadtverwaltung an.

Bleiben die Arbeiten im Zeitplan, ist ein Ende des Problems jedoch in Kürze abzusehen. Der Radweg wird dann laut Hörner wieder entlang der ursprünglichen Route geführt.

Die Umleitung ist teilweise so steil, dass Radfahrer zum Absteigen aufgefordert werden. © Heike Barowski

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Wertheim

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke