Bettingen. Der weltweit tätige Konzern Gerresheimer produziert am Standort in Bettingen mit rund 160 Mitarbeitern Ampullen und Glasfläschchen für die Pharmaindustrie. 1989 hatte die Gerresheimer Gruppe den 1957 gegründeten Wertheimer Ampullenhersteller Fitz übernommen. 2022 weitete man die Produktion auf sogenannte „High-Value Gx Elite Vials“ (Injektionsfläschchen) aus. Nun investiert Gerresheimer rund 30 Millionen Euro für den Bau einer Produktionshalle und neue Anlagen zur Herstellung direkt nutzbarer Injektionsfläschchen („ready-to-fill-Vials“). Dies bedeutet laut Unternehmen, dass diese nach der Herstellung direkt in Bettingen gereinigt und sterilisiert werden. Sie können dann direkt in der Pharmaindustrie befüllt werden. Bisher ist der Reinigungs- und Desinfektionsschritt bei einem Kunden von Gerresheimer angesiedelt.
Zum Einsatz kommen wird in der neuen Halle auch eine innovative Verpackungsplattform. Ziel ist es, die Partikelbelastung in den Behältern deutlich zu reduzieren. Es werde auch eine umweltfreundliche Sterilisationsmethode eingesetzt, so das Unternehmen. Am Dienstag fand der offizielle Spatenstich für das Bauprojekt statt. Hanner Brunner, Werkleiter des Standorts Wertheim, betonte, die geplante Anlage sei bei Gerresheimer die einzige ihrer Art in Europa. Dies zeige die Bedeutung des Standorts. Er dankte allen, die das Projekt unterstützen. Die Konzeption war ab Dezember 2023 erfolgt, die Baugenehmigung wurde im August 2025 erteilt. Bauarbeiten und Installation der Anlage sollen dann vom vierten Quartal 2025 bis zum dritten Quartal 2026 erfolgen. Nach weiteren erforderlichen Schritten soll die Produktion in der neuen Halle Mitte 2027 anlaufen, zeigt das Unternehmen auf.
Von Wertheim aus wird ganz Europa beliefert
Gerresheim-Vorstandsmitglied Lukas Burkhardt zeigte sich froh und stolz über den Spatenstich für die Expansion in Wertheim. Er ging auf die Bedeutung des Biopharmabereichs für das Unternehmen ein. In diesem wolle man sich besser aufstellen, verwies er auf die Bedeutung der geplanten Anlage. Weltweit gebe es bei Gerresheimer nur einen weiteren Standort, in Mexiko, der die Injektionsfläschchen fertig zum Abfüllen produziere. Von Wertheim aus werde man ganz Europa damit beliefern.
Achim Schalk, der ab 1. November 2025 die Nachfolge von Burkhardt im Vorstand antreten wird, freut sich auf diese neue Aufgabe. Ein 30-Millionen-Euro-Projekt zu starten, sei etwas Besonderes, betonte er. Er habe 25 Jahre Erfahrung in verschiedenen Produktionsunternehmen. Zu den aktuell 160 Gerresheim-Mitarbeitern in Wertheim kämen mit dem Neubau bis 2028 weitere 50 dazu. Gerresheimer verpflichte sich erfolgreich der Nachhaltigkeit, verdeutlichte er. Dies sehe man auch an der neuen Halle. Ausführlich legte er dar, warum man sich für die große Investition in Deutschland entschieden habe. Gerresheimer produziere grundsätzlich in der Region für die Region, um möglichst kurze Lieferketten zu haben. Zudem sei eine Produktion im Hinblick auf die zunehmenden Handelskonflikte weltweit sinnvoll. Möglich sei eine Produktion in Deutschland durch moderne Anlagen und hohen Automatisierungsgrad. Dafür seien Fachkräfte nötig, die man in der Region finde. Zudem sei die eigene Ausbildung in den Unternehmen wichtig.
Das Projekt am Standort Wertheim sei ein Beispiel dafür, wie man auch in Deutschland weiterhin wirtschaftlich produzieren könne. Dank sprach er auch der Stadt Wertheim aus. „Wir sind stolz, hier produzieren zu können und die Unterstützung der Politik zu genießen“, lobte er. Die 13 Weltmarktführer in Wertheim zeigen, was dort geleistet werde.
Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez verwies auf die hohe Bedeutung des Neubaus für den Konzern und die Stadt Wertheim als Ganzes. Er überbrachte die Glückwünsche der gesamten großen Kreisstadt zu der großen und wichtigen Investition. Wertheim, liege mit der Zahl der Weltmarktführer auf Platz fünf in Deutschland und dies als Stadt mit 23000 Einwohnern, war er stolz. Die Wirtschaftskraft komme von Unternehmen verschiedenster Branchen und Größen. Man freue sich, wenn Unternehmen sich in der Stadt neu ansiedeln und bestehende ihren Standort erweitern. Mit 30 Millionen Euro Investition sei das Projekt eines der bedeutendsten in Wertheim. Man brauche in der aktuell wirtschaftlich schwierigen Zeit Unternehmen, die vorangehen.
Volker Rekowski, Leiter Geschäftsfeld Produkte aus Röhrenglas, ging auf die verschiedenen Felder der Biopharmazie und deren Wachstumsraten ein. Dazu gehören zum Beispiel Impfstoffe, Antikörper, Proteine und Hormone. Zur neuen Produktionshalle erklärte er, diese werde über 4000 Quadratmeter für Produktion und Logistik bieten, darunter 800 Quadratmeter Reinraum. Auch Büroräume sind vorgesehen. 50 Prozent der Dachfläche werde man für eine PV-Anlage mit etwa 175 kWp nutzen. Der erzeugte Strom werde vollständig vor Ort genutzt. Die restliche Dachfläche des Neubaus werde extensiv begrünt. Durch eine hochmoderne Reinstwasseranlage mit Ultrafiltration reduziere man die CO₂-Emission um über 500 Tonnen jährlich im Vergleich zu einer erdgasbetriebenen Destillation. „Das neue Gebäude wird mit hundert Prozent erneuerbarer Energie betrieben“, betonte er.
Nach dem Spatenstich gab es eine Führung durch die aktuellen Produktionsräume des Standorts. Dort werden auf etwa 5000 Quadratmetern pro Jahr rund 120 bis 130 Millionen Fläschchen bis 30 Milliliter und etwa 700 Millionen Stück Ampullen für die Pharmaindustrie produziert. Gerresheimer produziert die Fläschchen an zwölf Standorten weltweit, davon befinden sich drei in Deutschland.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wertheim_artikel,-wertheim-bettingen-gerresheimer-investiert-30-millionen-euro-am-standort-_arid,2331739.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/wertheim.html