Stuttgart/Wertheim. „Der Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg und der Örtliche Kreisverband der DPolG Wertheim sind enttäuscht über Strobls Untätigkeit“, heißt es in einer Mitteilung der Verantwortlichen, welche die FN am Mittwoch erreicht hat, und weiter: „Seit Reaktivierung des Polizeistandortes in Wertheim gibt es dort überwiegend Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen. Zwar bezeichnet der Innenminister den Standort immer als sicher und vermittelt den Eindruck, als würde dieser auch noch in Zukunft benötigt, davon spüren aber die Beschäftigten nichts. Ganz im Gegenteil.“
Die Landesregierung halte sich wohl ein „Türchen offen“, um den Standort schnell schließen zu können. Bis heute gebe es keine verbindliche Statusänderung als „Interimsstandort“.
Nach Recherchen der Deutschen Polizeigewerkschaft, so heißt es weiter, hätten mehr als 80 Prozent der Tarifbeschäftigten am polizeilichen Bildungsstandort Wertheim nur befristete Arbeitsverträge und damit eine unsichere Zukunft. Die Polizeidozenten seien größten Teils abgeordnet oder würden dort mit einer Art „Bewirtschaftungsbefugnis“ beschäftigt. „Dabei wurden die Stellen bei den Polizeipräsidien eingesammelt und verbleiben aber in den dortigen Personalhaushalten.“
Nur wenige „richtig eingestellt“
Der geringste Anteil der Beschäftigten an der Polizeischule seien dort – wenn man so wolle – „richtig eingestellt und angestellt“. Darunter seien auch zahlreiche Verwaltungsbeamte. Allerdings seien diese Stellen mit einem sogenannten Haushaltsvermerk versehen, „das heißt, wenn diese Stellen frei werden, fallen diese Stellen weg.“
Dazu der örtliche Vertreter der Deutschen Polizeigewerkschaft, Sebastian Koall: „Daran mag man erkennen, dass der Standort schneller geschlossen werden kann, als man es sich vorstellen mag – und es immer wieder beteuert wird. Wenn es der Minister ehrlich meint, muss das endlich geändert werden. Wir fordern unbefristete Arbeitsverträge für die Tarifbeschäftigten und feste Polizeistellen für unsere Dozenten. Die Haushaltsvermerke für Verwaltungsbeamte müssen gestrichen werden.“
Erst vor wenigen Wochen hätte sich der Vorsitzende des örtlichen Personalrats und zugleich Mandatsträger der Deutschen Polizeigewerkschaft, Michael Wolfarth, bei einem Gespräch mit Staatssekretär Klenk beklagt und die Situation aufgezeigt. „Leider ging Staatssekretär Klenk, auf dessen Unterstützung man gehofft hatte, weil dieser als verlässlicher Politiker gilt, in den Ruhestand. Dabei hatte Klenk sofort verstanden, um was es geht. Wer einen befristeten Arbeitsvertrag hat, bekommt kaum Kredite. Selbst bei der Wohnungssuche hat man erhebliche Schwierigkeiten. Da wird man nicht einmal eingeladen“, erklärte Wolfarth.
Befristete Arbeitsverträge seien unsichere Verträge, und „wer Angebote aus der Wirtschaft oder anderen öffentlichen Bereichen erhält, der wechselt. Die Besetzung mit qualifiziertem Personal wird damit immer schwieriger.“
„Standort braucht sichere Zukunft“
Dazu der DPolG-Landesvorsitzende Ralf Kusterer: „Dieser Standort ist mit dem Namen Professor Dr. Wolfgang Reinhart verbunden. Professor Reinhart hat das auf den Weg gebracht. Aus unserer Sicht auch ein Ergebnis der Auseinandersetzungen als Fraktionsvorsitzender mit dem Innenminister. Mit dem Wechsel an der Spitze der CDU-Fraktion und der Amtsübernahme des Landestagsvizepräsidenten von Professor Dr. Reinhart scheint sich das geändert zu haben. Damals dürfte Strobl, der nie dem Landtag angehörte, seinem Fraktionsvorsitzenden entgegengekommen sein und Wertheim wurde reaktiviert. Dabei setzen wir auch weiterhin auf Professor Dr. Wolfgang Reinhart. Der Polizeibildungsstandort Wertheim braucht eine sichere Zukunft.“
Und Kusterer weiß, wovon er spricht. Bei der Polizeireform 2014 hatte er sich für den Bestand des Bildungsstandortes Wertheim eingesetzt, wie später auch für deren Reaktivierung. Zunächst musste er aber als Vorsitzender des sogenannten Übergangspersonalrats der Hochschule den Standort mit auflösen und konnte nur bedingt für die Übernahme der Beschäftigten in andere Landesbehörden oder etwa der Erstaufnahmestelle sorgen. Kusterer beschreibt es gerne als persönliches Trauma, in einer sowieso strukturgeschwächten Region, Beschäftigte irgendwo unterzubringen.
„Für die Deutsche Polizeigewerkschaft ist die Situation unerträglich. Täglich erbringen alle dort Höchstleistungen und sorgen mit für einen ordentlich und gut ausgebildeten Polizeinachwuchs. Die Beschäftigten geben alles. Der Innenminister kümmert sich nicht wirklich um diese Beschäftigte, denen seit Jahren eine Zukunftsperspektive und eine soziale Absicherung fehlt“, so die Verantwortlichen abschließend. pm
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