Wertheim. Milchreis mit heißen Kirschen, Pizza mit Salami und acht Mal im Monat Nudeln mit Tomatensoße. Patrick Schönig (SPD) ist kein Freund des Wertheimer Schulessens. „Wir sprechen von gesundem und regionalem Essen. Das passt nicht zusammen“, sagt er.
Ginge es nach ihm, würde Wertheim die Verpflegung seiner Schüler in Zukunft selbst in die Hand nehmen, anstatt den Auftrag an Caterer vergeben. Dafür müssten Konzepte entwickelt werden, die auch die Kindertagesstätten und Kooperationen mit dem Landkreis einschließen, die die Verbindung von qualitativer Ganztagsbetreuung und vollwertigem Essen berücksichtigen.
„Wir sollten die Chance nicht vergeben und den Neubau der Grundschule nutzen, um Essensversorgung neu zu denken“, schlägt er vor.
Da nun jedoch eine schnelle Lösung gefragt ist – der bisherige Caterer hatte überraschend zum Ende des Schuljahres gekündigt – spricht sich Schönig, wie auch mehrheitlich seine Kollegen im Ausschuss für Verwaltung und Finanzen, dafür aus, die Schulverpflegung an das Unternehmen Hofmanns aus Schweigern zu vergeben. Die Entscheidung darüber trifft der Gemeinderat.
Die Suche nach einem neuen Caterer war für die Verwaltung schwierig: Eine erste Ausschreibung der Schulverpflegung blieb ohne Angebot. Kein Caterer will die 200 täglichen Essen im Cook & Chill-Verfahren (Kühlspeisen) liefern. Da nicht die Zeit für eine weitere Ausschreibungsrunde blieb, fragte die Verwaltung nun verschiedene Anbieter von Tiefkühlkost (Cook & Freeze) an.
Der günstigste war ein Anbieter aus Schweigern mit einem durchschnittlichen Portionspreis von 1,83 Euro an der Grundschule und 2,09 Euro an weiterführenden Schulen.
Folgt der Gemeinderat der Empfehlung des Ausschusses, wird das Mittagessen für die Schüler künftig tiefgefroren geliefert, in der Zubereitungsküche in der Realschule aufgetaut und mit einem Taxi in die vier weiteren Schulen geliefert. Die bisherige Mensa-Angestellte an der Realschule würde Speisepläne erstellen, Bestellungen aufgeben und das Essen zubereiten. Dafür fallen zusätzliche Personalkosten an.
Essen ist 85 Cent teurer
Auch für das Essen selbst muss die Stadt künftig tiefer in die Tasche greifen. Umgerechnet auf ein Essen ist Hofmanns 85 Cent teurer als der alte Anbieter. Die Elternbeiträge bleiben jedoch gleich.
Mit dem neuen Anbieter, so erläutert Dezernent Helmut Wießner, sei mehr Flexibilität möglich. „Wenn etwas nicht gegessen wird, bieten wir es nicht mehr an.“ Was den künftigen Küchenbereich des Grundschulneubaus angeht, verweist Wießner auf den Bauausschuss, der am kommenden Montag tagt. In den Planungen sei eine Zubereitungsküche vorgesehen, die dann auch der Cafeteria-Verein des Gymnasiums nutzen wird.
Die Verwaltung hatte im Entscheidungsprozess auf Basis einer Studie zu Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung (KuPS) der Deutschen Gesellschaft für Ernährung auch geprüft, ob eine Zentralkochküche in Eigenbewirtschaftung ein mögliches Modell wäre. Dabei kämen wesentlich höhere Kosten auf die Stadtkasse zu.
Trotzdem: Schönigs Ideen finden Anklang im Ausschuss – Manfred Busch (FBW) und Richard Diehm (Bündnis 90/ Die Grünen) bekunden ihre Zustimmung. „Wenn es ein Akzeptanzproblem mit unserem Schulessen gibt, wenn es nicht angenommen wird, können wir es so nicht lassen“, sagt Axel Wältz (CDU). Er würde gerne die Kalkulation für eine Eigenbewirtschaftung sehen. Schönig bittet darum, die eigene Versorgung nochmals ergebnisoffen zu prüfen, und wird auf Empfehlung des Oberbürgermeisters einen Prüfantrag stellen. Er fordert ein Umdenken: „Ich will es mir leisten, weil ich denke, dass es der richtige Weg ist.“
Man sollte keine Luftschlösser bauen, mahnte Oberbürgermeister Markus Herrera Torrez. „Natürlich wäre es wünschenswert, wenn überall so gekocht würde wie zuhause. Aber das werden wir nicht hinbekommen.“ Er sieht auch kein generelles Akzeptanzproblem für das Schulessen. Es gebe dieses an einer Schule. Er selbst hatte zu Jahresbeginn das Essen der Wertheimer Schüler getestet. „Dass das Essen pauschal nichts ist, kann ich nicht bestätigen.“ Eine große, zentrale Küche und selbst gekochtes Essen bedeuteten nicht, dass es weniger Beschwerden geben werde. Gleichzeitig räumt er ein: „Eine Zentralküche kann funktionieren. Dafür müssten wir Geld in die Hand nehmen.“ Dies würde jedoch bedeuten, dass nicht gleichzeitig der Cafeteria-Verein gefördert werden kann.
Verein war akut gefährdet
Der Cafeteria-Verein erhält derzeit einen jährlichen, städtischen Zuschuss von 16 800 Euro. Außerdem übernimmt die Stadt kleinere Reparaturen bis zu 1000 Euro im Jahr sowie die Kosten für die Rückstellproben. Der Ausschuss für Verwaltung und Finanzen hebt diesen ab dem Schuljahr 2023/24 deutlich an, da in den letzten Jahren Verluste entstanden sind. Aufgrund der Kostensteigerung würden diese Verluste erneut zunehmen. Der Bestand des Vereins sei somit akut gefährdet. Der neue Zuschuss berechnet sich aus der Anzahl der jährlichen Essen (knapp 10 800) und den Zuschüssen, die die Stadt Wertheim den anderen Schulen pro Essen bezahlt. Damit ergibt sich ein neuer Zuschussbetrag von 36 200 Euro im Jahr.
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