Sonderriet. Früher wendete er gemeinsam mit der Einsatzleitung Hochwasserschaden von der Wertheimer Altstadt ab, heute hilft er mit seiner Frau Ruth, dass nepalesische Kinder eine Zukunft haben. Und auch um den Wertheimer Fußball und den Chorgesang hat Manfred Hickl sich verdient gemacht. Am heutigen Samstag feiert der Sonderrieter seinen 80. Geburtstag.
Als Dreijähriger musste Hickl aus seinem Geburtsort im Sudetenland fliehen und landete mit seiner Familie in Wertheim. Einer Stadt, der er seitdem verbunden ist. Zunächst lebte die Familie in Urphar, später in Eichel. Hickl besuchte bis einschließlich der fünften Klasse die Volksschule in Urphar und wechselte anschließend in den neu gegründeten Mittelschulzug, den Vorläufer der heutigen Realschule. Erst zur sechsten Klasse deshalb, weil Wertheim vorher den Kindern der umliegenden Ortschaften den Besuch der Schule nicht erlaubte.
1961 begann Hickl schließlich seine Ausbildung als Verwaltungsangestellter bei der Stadt Wertheim. Nach zwei Lehrgängen wurde er 1966 als Beamter Abteilungsleiter im Hauptamt und kümmerte sich dort bereits in den frühen 80er Jahren um die Ausstattung mit EDV.
Ab 1988 leitete er drei Jahre das Bauverwaltungsamt und fünf Jahre das Grundbuchamt, bis er schließlich Leiter des Ordnungsamts wurde. Diesen Posten behielt er elf Jahre bis zu seinem Renteneintritt 2007. Besonders einschneidend war das Erlebnis von zwei Hochwassern als Leiter des Hochwassereinsatzstabs. 2003 lag der Pegel bei 6,08 Meter, also fast fünf Meter über dem Normalstand. Eindrücklich auch die Eingemeindungen von 1972, als es ihm oblag, Änderungen von Straßennamen mit den Ortschaftsräten abzusprechen, da auf der neuen Gemarkung jeder Name nur einmal vorkommen durfte. So erinnert sich Hickl beispielsweise an einen launigen Abend in Grünenwört. Distelstraße wurde vorgeschlagen, dann auf Grund des gleichnamigen ausgeschenkten Biers Spechtstraße. Der Name ist bis heute geblieben.
Außerdem setzte Hickl eine Idee des damaligen Oberbürgermeisters Stefan Gläser um und organisierte in Wertheim den ersten Bauernmarkt. Insgesamt arbeitete der Jubilar unter vier Oberbürgermeistern.
Hickl und seine Frau haben zwei Töchter und vier Enkel, die ebenfalls in Wertheim leben.
Fußball war schon immer die Leidenschaft des Jubilars und so war er 1964 Gründungsmitglied des FC Eichel, später Trainer, Spieler und Schriftführer. Durch Werbung von Haus zu Haus gelang es ihm seinerzeit, über 100 Mitglieder anzuwerben und durch das Adressieren vieler Dutzend Briefe mit seiner Kofferschreibmaschine, bei Wertheimer Firmen über 3000 Mark Spenden für den Sportplatz am Main zu generieren. Nach dem Umzug wechselte er zum TSV Sonderriet, bei dem er bis zum 55. Geburtstag in der ersten und zweiten Mannschaft kickte und außerdem als Trainer fungierte.
Die zweite große Leidenschaft des Sonderrieters ist das Singen. 60 Jahre gehörte er dem Sängerbund Eichel an. In seiner aktiven Zeit dort verknüpfte er kurzerhand seine beiden Vereine, brachte etliche seiner Fußball-Kumpels zum Singen und rettete damit den damals dünn besetzten Chor. Nach seinem Umzug war er aktiver Sänger im Gesangsverein Sonderriet, zwischen 1994 und 2012 außerdem zweiter beziehungsweise später Vorsitzender.
Drei Leidenschaften
Und es gibt noch eine dritte große Leidenschaft: das Reisen. Die erste Reise führte den jungen Manfred Hickl 1968 in einen Kibbuz in Israel, in dem ihm ein Uni-Dozent eine Weisheit mitgab, die ihn sein ganzes Leben begleitete. Als Hickl ihn fragte, ob es ihm nichts ausmache, seinen ganzen Verdienst in die Dorfgemeinschaft einzubringen, habe der Israeli geantwortet: „Ich habe im Kibbuz Wohnung und Essen und bei Bedarf erhalte ich Lehrbücher. Was will ich mehr?“
Später folgten gemeinsam mit seiner Frau Reisen in verschiedene Länder, zum Beispiel in die USA, nach Namibia, zum Nordkap und nach Australien. Doch ihr Herz hat das Paar an Nepal verloren. Bereits acht Mal besuchten sie seit 2000 bei mehreren Himalaya-Trekkingtouren mit Freunden das asiatische Land. „Ihr seid nicht Touristen, ihr seid Freunde“, attestierte ihnen ihr Reiseleiter schon bald.
Über Wolfgang Kämpf vom Tender Main erfuhren sie 2005 von der Unterstützung für ein dortiges Kinderheim und machten sich daran, dafür Spenden in Deutschland zu sammeln. So kamen sie in Kontakt mit einem Kinderhaus, das sie im Verein „Kinderhilfe-Nepal-Waging “ unterstützen. Bei jeder Nepalreise waren immer einige Tage im Kinderhaus fest eingeplant um nach dem Rechten zu sehen und gemeinsame Zeit mit den Kindern zu verbringen.
Nahezu jede Woche telefoniert Ruth Hickl mit der dortigen Heimleiterin. Für die Kinder dort, die meist keinen Familien haben oder sie nicht kennen, sind die Hickls längst Ersatzgroßeltern. Und das Ergebnis der Bemühungen kann sich sehen lassen: „Die Heimbewohner, die inzwischen Jugendliche sind, studieren oder arbeiten in Banken, Restaurants, Büros und Landwirtschaft. Ohne das Kinderhaus wäre aus keinem von ihnen etwas geworden. Die Mädchen haben außerdem gelernt, dass sie sich wehren können“, zeigt Ruth Hickl die Erfolge auf, die sie gemeinsam mit ihrem Mann erzielt hat. Auch den Verein „Patenkinder-Nepal.eV“ ihres Reiseleiters, der Bettelkinder zur Schule schickt, unterstützt das Paar.
Seit 2005 unternahmen das Ehepaar größere E-Bike-Touren, unter anderem entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste und heute noch Touren in der nahen und weiteren Umgebung. Den Geburtstag wird der Jubilar gemeinsam mit Familie und Freunden in einer Gaststätte feiern. Die FN schließen sich den Glückwünschen gerne an. nads
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