Fastenzeit

Auch Wertheimer fasten: Körper, Geist und der Umwelt Gutes tun

Wertheim im Fastenmodus: Wie die Fastenzeit den Alltag der Bürger prägt – ein Blick in die Gemeinde.

Von 
Nadine Schmid
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Mit dem Aschermittwoch beginnt für viele Menschen die Fastenzeit. So trinkt mancher etwa Wasser und verzichtet auf Alkohol oder süße Getränke. © dpa/Patrick Seeger

Wertheim. Mit dem Aschermittwoch beginnt in der katholischen Liturgie die 40-tägige Fastenzeit vor Ostern. Die evangelische Kirche startet in der Passionszeit die Aktion „Sieben Wochen ohne“, dieses Jahr unter dem Motto „Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge“. Zudem gibt es eine bundesweite ökumenische Initiative des „Klimafastens“. Und manche nutzen die Zeit nach Weihnachten und den närrischen Tagen, um ihrem Körper einfach etwas Gutes zu tun oder ein paar Kilos loszuwerden. Daran sieht man, dass das Thema „Fasten“ verschiedne Facetten hat. Die FN gingen der Frage nach, wie Wertheimer mit und ohne religiöse Bindung mit dieser Zeit der besonderen Besinnung und des Verzichts im Jahr umgehen.

Fasten als ökumenische und gesundheitliche Praxis

Jürgen Banschbach, Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde in Wertheim, erläutert, was die Zeit so besonders macht. Genau wie im Advent handle es sich um die Vorbereitungszeit auf ein hohes religiöses Fest. Nur falle dies während des Advents oft leichter, da es mehr äußere Erscheinungsformen gebe. In der Fastenzeit gehe der Blick nach innen: „Es ist mehr eine Zeit, in der ich im Mittelpunkt stehe und mich frage, wie lebe ich meine Beziehungen, meine Beziehung zu Gott, zu den Mitmenschen und wie stehe ich zu mir selbst.“ Er sehe die Fastenzeit weniger unter dem Aspekt des Verzichts als unter dem Aspekt des „Mehr“, so Banschbach weiter. Er verzichte auf großartiges Essen und lebe schlichter, nehme sich mehr Zeit für Meditation und Gebet. Dies tue er nicht nur aus religiösen Gründen: „Geist, Leib und Seele bilden eine Einheit. Deshalb können die Hintergründe nicht aufgeteilt und getrennt werden. Was dem Leib guttut, indem ich Verzicht übe, tut auch dem Geist und der Seele gut.“ Generell sei die Fastenzeit zeitgemäß, die Askese ein wichtiger Bestandteil des christlichen Glaubens, auch wenn sie von vielen Menschen nicht mehr praktiziert werde, betont der Pfarrer.

Auch wenn die Fastenzeit in der evangelischen Kirche nicht so streng gehandhabt werde, kann Dekanin Wibke Klomp von der evangelischen Emmaus-Gemeinde dem Ganzen viel abgewinnen, auch für sich persönlich. Vor ein paar Jahren habe sie das erste Mal gefastet und 14 Tage komplett auf feste Nahrung verzichtet. Am Anfang sei es schwer gewesen, aber dann habe es etwas Befreiendes gehabt. Sie habe auch schon in Bezug auf Fleisch oder Süßigkeiten gefastet. Alkohol trinke sie sowieso kaum, sagt sie. Außerdem habe sie statt Verzicht schon auf positive gute Vorsätze gesetzt, etwa, jeden Tag jemandem zu schreiben oder spazieren zu gehen.

Fasten habe eine lange Tradition in allen Religionen, betont Klomp. In den vergangenen 25 Jahren habe eine Rückbesinnung bei den Protestanten stattgefunden, erklärt sie auch mit Blick auf die Aktion „Sieben Wochen ohne“. Sie denkt, „es ist ein lohnenswerter Versuch, sich einmal im Fasten auszuprobieren“, sei es ein Verzicht auf Alkohol, soziale Medien oder Süßigkeiten oder das bewusste „Sich-Zeit-Nehmen“ für etwas, was im Alltag zu kurz kommt.

Ökologisches Bewusstsein und nachhaltiger Lebensstil

Für viele Menschen ist Verzicht auch ein Thema, um die Umwelt und das Klima zu schützen. Das ist auch Ekkehardt Ebert, Vorsitzender der Wertheimer Ortsgruppe des Naturschutzbunds, wichtig. Wie er sagt, brauche er dazu aber keine Fastenzeit, sondern versuche, das ganze Jahr über bewusst und nachhaltig zu leben. Für Ebert ist es wichtig, sich saisonal zu ernähren, also etwa keine Erdbeeren im Januar zu kaufen und auf die Herkunft der Lebensmittel zu achten. Er schreibe stets einen Einkaufszettel und versuche, nicht mehr zu kaufen, als er braucht, Produkte aus dem eigenen Garten zu verwenden und öfters einzukaufen, um Überlagerung zu vermeiden. Manchmal verzichte er auf Bier und Schokolade. Dies habe für ihn vor allem gesundheitliche Gründe. Die Fastenzeit hält er für sinnvoll und zeitgemäß: „Es gibt sicher Menschen, die diesen Impuls brauchen, um sich etwas Gutes zu tun.“

Für Katja Schmitz, Leiterin der Wertheimer Stadtbücherei spielt die Fastenzeit persönlich keine Rolle. „Ich bin nicht gut im Durchhalten selbst auferlegter Vorsätze“, gibt sie zu: „Schon wenige Tage später mogele ich mich durch und finde dafür jede Menge Ausreden. Kurz gesagt: Beim Fasten schaue ich lieber vom Spielfeldrand aus zu.“

Schmitz bewundert allerdings Menschen, die von Aschermittwoch bis Ostern bewusst und ohne Jammern auf Dinge verzichten, die das Leben schöner und besser machen: der Kuchen zum Kaffee, der Aufzug in den vierten Stock, die Schokolade zwischendurch oder der Wein zum Abendessen. Gefastet hat sie während ihrer Schwangerschaften: „Da ist mir der Verzicht aber auch leichtgefallen, weil ich es für meine Kinder natürlich sehr gerne getan habe.“

In der Bücherei spiele das Thema „Fasten“ bei der Nachfrage nach Medien kaum noch eine Rolle. Vor einigen Jahren sei das anders gewesen, da hätten sich viele für „Heilfasten“ interessiert. Außerdem seien zu Jahresanfang und nach Fasching Diät-Bücher gefragt gewesen. Das habe sich völlig gelegt. Stattdessen stünden heute Bücher über Yoga, Pilates, vegetarische und vegane Ernährung und Naturheilkunde hoch im Kurs, allerdings nicht speziell zur Fastenzeit, sondern das ganze Jahr hindurch.

Fastenzeit und kulturelle Bedeutung in Wertheim

Historisch spielte die Fastenzeit in Wertheim vor allem in Erlassen eine Rolle, die im Stadtarchiv in Bronnbach zu finden sind. Wie Stadtarchivarin Anna Berger recherchiert hat, gibt es zum Beispiel ein Pergament von 1440, in dem Graf Johannes von Wertheim in einem Indulgenzbrief bei der Heiligen Synode zu Straßburg um Absolution bittet, wel er in der Fastenzeit Butter statt Öl verwendet, da Olivenöl und Fische rar seien.

Dr. Monika Schaupp, Leiterin des Staatsarchivs, versucht, in der Fasten- wie in der Adventszeit bewusster zu leben. Auf ihrer „Verzichtsliste“ stehen bei ihr vor allem Schokolade und Stress. Auch wenn bei beidem der Verzicht nur mäßig gelinge, wie sie bekennt.

Anlass für das Fasten ist für die Archivarin die religiöse Gewohnheit im Jahreskreis, in dem sich Zeiten der überbordenden Freude und des Verzichts abwechseln und somit dem Leben eine Rhythmisierung geben. Deshalb sei die Fastenzeit auch neben den religiösen Motiven noch absolut zeitgemäß, betont sie. Denn regelmäßiger oder zumindest gelegentlicher Verzicht sei für die psychische und physische Gesundheit wichtig.

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