Wirtschaft - Eigentümer will attraktives Grundstück in Bettingen versilbern / Stadt könnte zugreifen, der Preis wäre allerdings außergewöhnlich hoch

Anträge für Großprojekte in Bettingen auf Eis gelegt

Das Grundstück direkt an der Autobahn im Bettinger Gewerbegebiet liegt seit Jahrzehnten brach. Jetzt vorliegende Bauanträge werden zunächst zurückgestellt.

Von 
Gerd Weimer
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Gegenüber des Wertheim Village (unten) liegt ein Gelände, das sich hervorragend für kleinere Gewerbebetriebe eignen würde. Doch der Eigentümer hat andere Pläne und bietet die Fläche derzeit für über fünf Millionen Euro zum Kauf an. © Frank Sauter

Wertheim. Für Investoren ist es ein Sahnestück: das Grundstück im Bettinger Gewerbegebiet „westlich der Autobahn“ vis-à-vis des Wertheim Village. Doch seit Jahrzehnten liegt das fast sechs Hektar große Grundstück oberhalb der Firma Gerresheimer brach.

Diverse Vorhaben zur Nutzung sind letztlich nicht umgesetzt worden. 2011 sollte dort ein Autohof entstehen, was am immensen Aufwand für die Verkehrschließung scheiterte.Die Ansiedlung eines Möbelhauses stieß bei den Bettinger Bürgern auf erheblichen Widerstand, der Gemeinderat lehnte das Projekt letztlich ab.

Anfang Dezember vergangenen Jahres rückte das Gelände wieder in den Blickwinkel der Verwaltung. Sie war beauftragt, nach Entwicklungsmöglichkeiten für Unternehmen zu suchen, nachdem die Erweiterungsmöglichkeiten auf dem Reinhardshof im Zuge des Kompromisses des Runden Tisches geringer ausfallen als ursprünglich geplant. Mit der Aufstellung eines neuen Bebauungsplans will die Stadt die Fläche teilen, um sie als Ansiedlung für kleinere bis mittlere Betriebe interessant zu machen.

Drei Voranfragen

Unterdessen sind bei der Stadtverwaltung drei Bauvoranfragen für das Areal eingetroffen: Wie Stadtbaumeister Armin Dattler am Montag bei der Sitzung des Bauausschusses erläuterte, sind zwei davon fast identisch: Angefragt wurde der Neubau einer Photovoltaikanlage mit E-Ladeparkplätzen, samt eines Cafés oder Restaurants mit Hotel. In dem leicht geänderten Antrag ist von einer zusätzlichen Spielhalle die Rede. Dem Vernehmen nach würde es sich um eine Art Autohof handeln, auf dem elektrisch betriebene Fahrzeuge Solarenergie „tanken“ könnten.

Bei dem dritten Antrag geht es um eine Lager-Logistikhalle samt Büro- und Verwaltungstrakt. Die Anfragen seien „nicht sehr detailliert ausgearbeitet“, wie Dattler erläuterte. Die Lagerhalle soll 115 Meter lang und 55 Meter breit werden. Eingereicht worden seien die Anträge in einem Fall von einem Projektentwickler, im anderen vom Eigentümer selbst.

Die Vorhaben wären nach dem gegenwärtigen Bebauungsplan – bis auf die Spielhalle – zulässig. Weil der Bebauungsplan derzeit überarbeitet wird, will die Stadtverwaltung die Anträge zunächst für ein Jahr zurückstellen. Das ist laut Planungsrecht möglich, „wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde“. Doch rechtlich eindeutig ist die Angelegenheit nicht. Der Eigentümer hat durchaus die Möglichkeit, das Vorgehen der Stadt vor Gericht anzufechten, schließlich liegt derzeit ein gültiger Bebauungsplan vor, der seine Vorhaben (auf dem Papier) ermögliche.

Ortsvorsteher Ralf Tschöp nutzte bei der Bauausschussitzung die Gelegenheit, um auf die Bedenken in Bezug auf die Projekte hinzuweisen: Die Bettinger befürchten neben der zusätzlichen Verkehrsbelastung auch „Leucht- und Werbeanlagen“, weil das Grundstück direkt an der Autobahn liegt und somit jede Menge Sichtkontakte garantiert.

Stadt könnte kaufen

Tschöp appellierte an die Stadtverwaltung und den Eigentümer, sich an einen Tisch zu setzen, „um eine für Bettingen verträgliche Lösung“ zu finden.

Idealerweise würde die Stadt das Areal kaufen und dadurch Planungssicherheit herstellen. Doch ein Kauf des Geländes dürfte kaum in Frage kommen. Das Grundstück wird im Internet derzeit zu einem Preis von 5,6 Millionen Euro angeboten. Laut Immobilienvermittler Klaus Hennecke, der die Annonce geschaltet hat, ein gerechtfertigter Preis. „Es gibt potenzielle Käufer, die diesen Preis bezahlen würden“, sagte er gegenüber den FN auf Anfrage.

Vielfacher Preis

Für die Stadt ist die Kaufsumme derzeit kaum zu stemmen – nicht nur wegen der klammen Kassen aufgrund der Pandemie. Der Quadratmeterpreis würde bei rund 100 Euro liegen – ohne den Aufschlag für zusätzliche Erschließungskosten, die bei einer Nutzung von kleineren Gewerbetreibenden und der entsprechend kleinteiligen Stückelung notwendig wäre.

Auf jeden Fall läge der Preis um ein vielfaches höher, als ihn die Stadt bisher verlangen konnte – schwer vorstellbar, dass der Markt dies hergibt. Armin Dattler erläuterte, man sei mit dem Eigentümer im Gespräch: „Möglicherweise können wir etwas gemeinsam entwickeln.“

Redaktion Reporter Wertheim

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