Dertinger Mundart - Wissenswertes über Dialekt lernen und nebenbei traumhaften Ausblick auf den Hausberg und den Mandelberg mit seinen Rebhängen genießen

600 Meter vom Ächhärrla bis zum Zallare

Auf einer Strecke von 600 Metern kann man in Dertingen auf dem Mundartweg allerlei Wissenswertes zur Sprache und zur Kultur des Weinortes erfahren.

Von 
Matthias Ernst
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Initiatorin Nadine Strauß hinter einer von 22 Tafeln mit Erklärungen des Dertinger Dialekts, die entlang des Dertinger Mundartweges stehen. Der Mundartweg verläuft ebenerdig neben dem Aalbach auf gut 600 Metern. © Matthias Ernst

Dertingen. Seit kurzem gibt es einen Mundartweg in Dertingen. „Sie haben mit Dialekt gar nichts am Hut? Das macht nichts. Dem Dialekt ist das egal“, steht auf dem begleitenden Flyer, der am Rathaus in der Ortsmitte in einem Kasten ausliegt. Außerdem ist in dem Flyer die Lage der 22 Tafeln aufgezeichnet, die sich mit allen möglichen Dingen des Ortslebens beschäftigen, alle im besten „Deddinga“ Dialekt.

Entstanden ist das Werk beinahe in Rekordzeit. Und das ist Corona geschuldet. „Die Idee zu dem Mundartweg hatte ich schon länger, aber durch den Lockdown im Dezember ging alles auf einmal sehr schnell“, so Nadine Strauß, die den Mundartweg fast im Alleingang erstellt hat.

Die Idee kam ihr bei einer Rundfunksendung über einen Mundartweg auf der Schwäbischen Alb. So etwas müssten wir bei uns auch machen, dachte sie sich und ging mit ihrer Idee zu Ortsvorsteher Egon Beuschlein. Der war auch gleich Feuer und Flamme und sagte seine Unterstützung zu. Er schlug zuerst nur 15 Tafeln vor und Nadine Strauß stöhnte schon, weil sie noch keine Vorstellung hatte, wie sie die füllen sollte. Doch mit der Arbeit kamen die Ideen, so dass es letztlich 22 Standorte wurde mit 22 vollkommen unterschiedlichen Tafeln.

„Es ging letztlich nur so schnell, weil ich alles selbst gemacht habe“, so Strauß bei einer Führung entlang des Aalbaches (on da Bââch in Daddinga). Für den Spaziergang auf dem gut ausgebauten Weg, der dank Asphaltierung auch für Rollatoren, Kinderwagen und Rollstühle geeignet ist, gibt es neben dem Einsteig in der Mühlbachstraße noch drei weitere Möglichkeiten.

Der Mundartweg ist nur rund 600 Meter lang, bietet aber neben den informativen Schildern auch Ausblicke in die Landschaft und in den Ort, der für seine lange Weinbautradition bekannt ist. Jedes Schild hat einen anderen Schwerpunkt. Eines beschäftigt sich mit den Obst- und Gemüsesorten: Wer hätte gewusst, dass „Gawtscha“ Zwetschgen sind oder „Dreiwl“ Trauben? Ein anderes mit Tieren: Ein Rabe heißt im Dertinger Dialekt „Grâmmadsfouchl“, eine Ameise ist eine „Sächhamasa“. Wieder ein anderes Schild hat typische Sprichwörter zum Thema. „Xund un sââd wölla ma uns widda sah“ ist ein wohlgemeinter Abschiedsgruß, etwa übersetzt: Gesund wollen wir uns wiedersehen.

Doch auch Worte mit zweierlei Bedeutungen sind aufgeführt auf einem weiteren Schild. So bedeutet „gschlâchd“ nicht nur geschlachtet, sondern bezeichnet auch einen öligen Kartoffelsalat. Es ist also gar nicht so einfach, sich mit dem Dertinger Dialekt auseinanderzusetzen. „Unsere Sprache ist eher mit dem Homburger Dialekt oder dem Thüringischen verwandt“, weiß Nadine Strauß, „als mit dem Kembacher Dialekt zum Beispiel“.

In der Historie begründet

Die Eigenheiten der Sprache liegen vielfach in der Historie begründet und der jeweiligen Herrschaft, die über den Landstrich herrschte. Da ist manche Besonderheit geblieben. Auch die Wehrkirche kommt auf einer Tafel vor und ein Kirchweihgedicht, denn die Kirchweih wird in Dertingen noch hoch gehalten. Auf Insgesamt sechs Tafeln ist ein QR-Code aufgebracht, der einem weitere Informationen über sein Smartphone vermittelt. Egal ob das Kirchweihlied oder ein Dertinger Märchen, alles ist in Mundart gesprochen oder aufgenommen. So auch: „Die Weibrinzessin un die siewa Winzer“ – Schneewittchen einmal ganz anders. Jede Tafel hat auch einen Bereich speziell für Kinder. Egal ob Abzählreim oder Kindergedichte, die Kinder werden ihre Freude haben, ist sich Strauß sicher. Und natürlich darf auch „a Gwiss“ (ein Quiz) nicht fehlen.

Besonders stolz ist Nadine Strauß, dass sie sehr viele Sponsoren gefunden hat, die die Herstellung einer Tafel übernommen haben. „Ich war vollkommen überrascht, dass es so reibungslos geklappt ist“. So konnte sie zusätzlich noch ein kleines Heft erstellen, in dem die ganzen Tafeln nochmals erklärt sind, als Mitbringsel für alle, die nicht persönlich vorbeisehen können oder als Urlaubserinnerung.

Es ist für fünf Euro bei ihr selbst oder über die Homepage: www.weinort-dertingen.de/mundarweg bestellbar. Hier findet man auch die anderen Dialektbücher und Hörbücher, die Nadine Strauß schon verfasst hat.

Eine große Einweihung des Mundartweges, der auch unter Mithilfe des Obst- und Gartenbauvereins aufgestellt wurde, ist derzeit wegen Corona noch nicht möglich, soll aber im Herbst mit einem großen Fest nachgeholt werden, hofft Nadine Strauß, die von der Dertinger Bevölkerung viel Lob für ihre Idee und die Umsetzung erhalten hat.

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