Tauber-Odenwald. Eine Betriebsgründung will wohlüberlegt sein - das ist in allen Branchen so, auch im Handwerk. Sie erfordert betriebswirtschaftliche und rechtliche Kenntnisse sowie den Nachweis von Handlungskompetenz und unternehmerischer Qualifikation. Eine Existenzgründung im Handwerk lohnt sich jedoch. Die Handwerkskammern Heilbronn-Franken, zuständig für den Main-Tauber-Kreis, und die Handwerkskammer Mannheim, die für Neckar-Odenwald-Kreis die Ansprechpartnerin ist, bieten sich zur Unterstützung an.
Handwerksbetriebe, die sich erfolgreich am Markt behaupten wollen, müssen laut den Kammern „markt-, kunden- und kostenorientiert“ denken und handeln. Das entsprechende Know-How in Sachen Kostenrechnung, Finanzierung, Marketing und Personalführung nehme dabei denselben Stellenwert ein wie das handwerkliche Können.
Nach der Meisterfeier kommt die große Frage
Vor Kurzem wurden bei der Meisterfeier der Handwerkskammer Heilbronn-Franken 214 junge Handwerker aus zwölf Gewerken in den Meisterstand erhoben. Mit dem Meisterabschluss in der Tasche haben sie beste Voraussetzungen für ihren beruflichen Erfolg. Viele stehen jetzt vor einer entscheidenden Frage: Im Betrieb bleiben oder den Weg in die Selbstständigkeit wagen? „Die Gründung eines eigenen Unternehmens bietet große Chancen - von mehr Gestaltungsfreiheit über finanzielle Unabhängigkeit bis hin zur Umsetzung eigener Ideen“, sagt Sascha Grimm-Neumann, Abteilungsleiter Unternehmensberatung der Handwerkskammer Heilbronn-Franken.
Gründervoraussetzungen und Eintragungspflichten
Grundsätzlich muss jeder, der selbstständig im Handwerk tätig werden möchte, seinen Betrieb in die Handwerksrolle eintragen lassen. Hier gelten die Regelungen der Handwerksordnung. Zukünftige Unternehmer müssen sich zunächst über die Gründervoraussetzungen ihres Handwerks informieren, denn: „Für eine Eintragung müssen Gründer erst einmal wissen, ob ihre Tätigkeit zum zulassungspflichtigen, zum zulassungsfreien Handwerk oder zum handwerksähnlichen Gewerbe gehört“, erklärt Martin Weiß, Abteilungsleiter Recht.
Der Weg in die Selbstständigkeit
Wer den Weg in die Selbstständigkeit in Erwägung zieht, müsse sich fragen, ob er neben den gesetzlichen Voraussetzungen und dem erforderlichen Fachwissen auch die nötigen Eigenschaften als Unternehmer mitbringe. Als gefragte Eigenschaften nennt Unternehmensberater, Sascha Grimm-Neumann, unter anderem: „Mut, Begeisterung fürs eigene Handwerk, Einsatz- und Risikobereitschaft sowie gutes betriebswirtschaftliches Wissen gepaart mit unternehmerischem Denken.“
Kostenfreie Unterstützung auf dem Weg zum Unternehmer
Bis zur Gründung stehen viele Entscheidungen an. „Eine gute Planung ist der Schlüssel zum Erfolg“, so Grimm-Neumann. Eine durchdachte Planung und Strategie seien für jede Gründung unerlässlich. „In der Existenzgründungsberatung helfen wir Gründern, typische Stolperfallen zu vermeiden und von Anfang an wirtschaftlich tragfähige Entscheidungen zu treffen.“ Beratung und Hilfe gäbe es bei der Erstellung von Businessplänen, Finanzierungsstrategien und Kapitalbedarfsplanungen sowie der Suche nach passenden Fördermitteln inklusive der Meistergründungsprämie.
Gründer bekämen auch rechtliche und steuerliche Informationen - wie beispielsweise Wichtiges zur Wahl der Rechtsform des Unternehmens sowie Hilfe bei Entscheidungen zur Gründung, zu allgemeinen Rechts- und Versicherungsfragen, zur Vertragsgestaltung und zu steuerlichen Pflichten. Neben der persönlichen und individuellen Beratung können Gründer im Handwerk auch das Angebot der kostenfreien Gründer-Workshops nutzen. „Dabei zeigen wir beispielsweise, wie Gründer ein überzeugendes Unternehmenskonzept erstellen“, so Grimm-Neumann.
Der Unternehmensberater empfiehlt zudem: „Holen Sie sich Unterstützung. Sie müssen nicht alles alleine machen. Unternehmensberater, die Handwerkskammer oder der Austausch mit Kollegen und Netzwerkpartnern können wertvolle Impulse für Ihre Gründung liefern.“ Wo es passt, könne auch eine Kooperation mit einem geeigneten Partner eine sinnvolle Möglichkeit sein. Dies sei auch gewerksübergreifend machbar. Aufgaben, Investitionen und Verantwortung könnten so von mehreren Schultern getragen werden.
Aller guten Dinge sind drei
Neben einer guten Planung und unternehmerischem Geschick gebe es drei Erfolgsfaktoren für eine Gründung:
Die Kundengewinnung von Anfang an: Eine klare Strategie zur Kundengewinnung sei entscheidend. Neben Empfehlungen spielen auch ein Internetauftritt und Social Media eine immer größere Rolle.
Die finanzielle Stabilität sichern: Eine realistische Preiskalkulation bilde die Basis für langfristigen Erfolg. Zudem sei es laut den Experten ratsam, finanzielle Rücklagen für unvorhergesehene Herausforderungen einzuplanen.
Die Wettbewerbsvorteile nutzen: Eine Spezialisierung auf Nischenprodukte oder besondere Serviceleistungen könne ein Alleinstellungsmerkmal schaffen. Auch Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung seien heute nicht mehr wegzudenken. Darüber hinaus können moderne Technologien und innovative Konzepte Betriebe zukunftssicher machen.
Nebenberufliche Tätigkeit gute Lösung
Wer sich zunächst langsam an eine Selbstständigkeit herantasten will, für den sei die nebenberufliche Selbstständigkeit eine gute Lösung. Gelingt alles nach Plan, könne sie ein Sprungbrett in eine spätere vollständige Selbstständigkeit sein. Diese Form biete viele Vorteile: „Gründer können zunächst herausfinden, ob die Geschäftsidee marktfähig ist. Zudem können sie erste Erfahrungen bei Kundengesprächen, bei der Kalkulation und der Abwicklung von Aufträgen sammeln. Und sie können herausfinden, ob es ihnen liegt, auf eigenen Füßen zu stehen“, erklärt Sascha Grimm-Neumann.
Betriebsübernahme als Alternative zur Neugründung
Neben der Neugründung könne auch die Übernahme eines Handwerksbetriebes eine attraktive Option sein. „Viele Betriebsinhaber suchen derzeit händeringend einen qualifizierten Nachfolger. In den nächsten fünf Jahren werden es rund 3000 Handwerksbetriebe in der Region sein“, so Unternehmensberater. Wer den Mut zur Übernahme habe, starte mit klaren Vorteilen wie „funktionierenden Abläufen, eingespielten Mitarbeitern und oft auch treuen Kunden.“
Eine wichtige Plattform für die Betriebsnachfolge sei die Betriebsbörse nexxt-change.org, die Übergeber und Nachfolger zusammenbringt. Die Handwerkskammern unterstützen mit Beratung zur Unternehmensbewertung, Finanzierungsmodellen und der Übergabeplanung. Außerdem kann sie während des gesamten Übergabeprozesses Übernehmer und Übergeber begleiten.
Weitere Informationen zur Existenzgründungsberatung der Handwerkskammer Heilbronn-Franken gibt es unter: www.hwk-heilbronn.de/existenzgruendungsberatung, Termine und Veranstaltungen für Existenzgründer unter www.hwk-heilbronn.de/terminuebersicht. Die Ansprechpartner- und Terminkoordination übernimmt Christina Eberhard, Team-Assistentin der Unternehmensberatung, Telefon: 07131/791171, E-Mail: Christina.Eberhard@hwk-heilbronn.de. Auf der Website der Kammer gibt es auch das Magazin „GründerNavi“ zum Download.
Empfehlenswert ist auch die ausführliche Broschüre „Selbständig im Handwerk“ die man auf der Homepage der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald herunterladen kann. Dort sind folgende Personen Ansprechpartner in Sachen Betriebsgründung und -übernahme: Christiane Zieher, Telefon 0621/18002155, christiane.zieher@hwk-mannheim.de, Rolf Koch, Telefon 0621/18002156, rolf.koch@hwk-mannheim.de sowie Uwe Blöcher, Telefon 0621/18002154, uwe.bloecher@hwk-mannheim.de.
Inmitten der Wirtschaftskrise machen sich im Übrigen wieder mehr Menschen in Deutschland selbstständig – und das branchenübergreifend. Die Zahl der Existenzgründungen im Allgemeinen stieg 2024 um 17.000 oder drei Prozent auf 585.000, zeigt eine Studie der staatlichen Förderbank KfW. „Der abkühlende Arbeitsmarkt trug dazu bei, dass sich mehr Menschen für eine Gründung entschieden haben“, heißt es. So hätten deutlich mehr Menschen im Nebenerwerb den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt.
Gründer im Schnitt so jung wie nie
Zugleich sank das Alter der Gründer auf im Schnitt 34,4 Jahre - damit waren sie so jung wie nie. Anfang des Jahrtausends lag das Durchschnittsalter meist bei 37 bis 38 Jahren, so die KfW.
39 Prozent aller Gründer waren 2024 demnach 18 bis 29 Jahre alt, ein Höchstwert für diese Alterskohorte. Denn während junge Menschen relativ offen für eine Selbstständigkeit seien, sinke der Anteil älterer Gründer, schreibt die KfW in ihrem Gründungsmonitor, für den sie repräsentativ 50.000 Telefoninterviews und 10.000 Online-Interviews geführt hat.
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