Klimaschutz

Smartphone Ausstellung in Weikersheim zeigt Schattenseiten auf

Von 
ibra
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Bürgermeister Nick Schuppert ermöglichte gern die Präsentation der Ausstellung „Dein Smartphone – eine Rohstoffkatastrophe?“ im Rathausfoyer. Gemeinsam mit Barbara Hofmann (rechts) und Osmund Schneider (links) hofft er, dass die Handy-Sammelbox im Rathaus gut genutzt wird. © Inge Braune

Weikersheim. Fast jeder hat eins – und oft ist es schon das dritte, vierte: das Smartphone. Ganz zweifellos eine Errungenschaft, doch eine mit etlichen Schattenseiten. Neun große Rollups im Rathaus-Foyer machen nachdenklich. Bürgermeister Nick Schuppert hat gemeinsam mit dem Organisationsteam der Weikersheimer Eine-WeltGruppe die aufrüttelnde Ausstellung eröffnet.

Zwar klein, aber dennoch wichtig sei diese Ausstellung, so Barbara Hofmann vom Weltladen-Team, denn allzu gern verdränge man die negativen Folgen dieses mittlerweile den Alltag prägenden Utensils.

Keine Frage war es für den Bürgermeister, das Rathausfoyer für die noch bis zum 1. März im Foyer zu erlebende Ausstellung die Rathauspforten zu öffnen: Es sei wichtig, das Thema in der Bevölkerung bis in die Schulen hinein zu diskutieren. Neben der Rohstoff- und Umweltproblematik verwies er auch auf die sowohl gesundheitlichen Gefahren im Abbau- und Herstellungsprozess auch auf die mentalen Risiken, die die ständige Erreichbarkeit mit sich bringen. Schuppert dankte der EineWeltGruppe für ihr Engagement und verwies auch auf die sehr gute und fruchtbare Zusammenarbeit mit der Gruppe ebenso wie mit dem Klimastammtisch.

Unverzichtbare Ausstattung

„Habe ich das Handy in der Hand – oder hat das Handy mich in der Hand?“ Die Einstiegsfrage sicherte Osmund Schneider die Aufmerksamkeit der knapp 30 Gäste der Ausstellungseröffnung. Nicht nur im reichen Norden, auch in den ärmeren Ländern des Südens gehört das Handy auch durch die Funktion als Geldbörse und Bezahlgerät zur fast unverzichtbaren Ausstattung.

Schwer auszuhalten sei, dass immer noch Kinder die seltenen Erden und Rohstoffe aus der Erde holen, statt eine Schule besuchen zu können. Hoch problematisch sei auch die durch den Rohstoffabbau verursachte Vernichtung landwirtschaftlicher Anbauflächen – Lebensgrundlage der Bevölkerung.

Zehn Tonnen Gestein werde unter Einsatz von Giften wie Cyabid und Quecksilber durchwühlt, um gerade einmal zehn Gramm Gold zu gewinnen. Der Traumjob in der Handyfabrik entpuppe sich bei Arbeitszeiten von 84 Stunden pro Woche als Ausbeutung mit hohen Unfall- und Gesundheitsrisiko. Die FDP-Blockade des EU-Lieferkettengesetzes widerspreche „jedem Anspruch an Gerechtigkeit und Anstand,“ so Schneider.

Angesichts der Wertigkeit der in den Handys verbauten Materialien – rund 60 oft aus dem globalen Süden stammenden Rohstoffe, darunter etwa 30 Metalle – sei ein verantwortlicher Umgang mit den Geräten zwingend. Wenn schon Smartphone, dann möglichst lange nutzen, appellierte er.

Gelungenes Recycling

Die derzeitige durchschnittliche Nutzungsdauer liegt nur bei 18 bis 24 Monaten – viel kürzer, als die Geräte funktionieren, wie die Ausstellung berichtet. Defekte Geräte können repariert werden – und wenn das nicht funktioniert, sollten sie unbedingt fachgerecht, etwa über die Handy-Aktion Baden-Württemberg, recycelt werden.

Dafür macht sich das Weltladen-Team bereits seit 2015 stark. Eva-Maria Scholl, die die Sammelaktion betreut, konnte über Sammelboxen im Weltladen, einigen Schulen und im Rathaus bereits 422 Alt-Handys geeigneter Verwertung zuführen. Gewonnen wurden daraus über zehn Gramm Gold, 63 Gramm Silber und knapp vier Kilogramm Kupfer.

Die Ausstellung informiert kompakt über den Rohstoff-Verbrauch, die daraus resultierenden Umweltbelastungen sowie die gesundheitlichen und sozialen Folgen: Kinderarbeit, Zwangsarbeit, die Verschmutzung von Gewässern und die Verletzung der Rechte indigene Bevölkerungsgruppen sind nur die Spitze des Eisbergs.

Die teilweise menschenunwürdigen Produktionsbedingungen sind ebenso Thema wie die Nutzungsfolgen durch hohen Energieverbrauch und falsche Entsorgung – und die Möglichkeiten, die jede und jeder einzelne hat, die Schattenseiten der Handyschwemme zu begrenzen: Statt bei jedem neuen Vertrag auch ein neues Handy mit zukaufen, vom Anbieter eine Gutschrift fordern oder auf ein Gebrauchtes setzen.

Auch ausleihen oder tauschen, teilen oder das ausrangierte Gerät verschenken sind gute Möglichkeiten, die Überproduktion einzudämmen. Recyceln verhindert illegalen Elektroschrott und ermöglicht die Wiederverwendung endlicher Rohstoffe. Und in Verbraucherhand liegt es, von Handyanbietern langlebige, reparierbare und unter fairen Bedingungen hergestellte Geräte zu fordern – und von Politikern entsprechende Gesetze. ibra

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