Weikersheim. Allein in der Milchstraße tummeln sich rund 100 Milliarden Sonnen, am Nachthimmel nur teilweise und als winzige helle Punkte zu sehen. Unsere gehört in dieser Sternenwelt mit ihrem Durchmesser von knapp 1,4 Millionen Kilometern zu den kleinen Vertretern. Gut so: Das verheißt ihr ein langes Leben. Mit einem aktuellen Alter von viereinhalb Milliarden Jahren hat sie gerade die Lebensmitte erreicht.
Das alles nun noch viel mehr erfahren Wanderer am Weikersheimer Planetenweg, der im Maßstab von eins zu einer Milliarde die Abstände und Größen unserer Sonne und ihrer sieben Planeten in Modellen anschaulich macht. Gemeinsam mit der seit über vier Jahrzehnten von der Astronomischen Vereinigung Weikersheim betriebenen Volks- und Schulsternwarte auf dem Karlsberg vermittelt der Rundwanderweg einen Eindruck der ungeheuren Dimensionen in unserem vergleichsweise winzigen Sonnensystem.
Jetzt haben die Mitglieder des Vereins noch eins draufgesetzt: Auf fünf großen, der Milchstraße, dem Polarstern, dem Lebenslauf unserer Sonne, dem Roten Überriesen Beteigeuze und Herschels Granatstern gewidmeten Plexiglastafeln präsentieren sie jetzt die noch viel immenseren Größenverhältnisse der Sterne. Dass die fünf Tafeln mit ihrem 140 Zentimeter-Durchmesser genau so groß sind wie das Sonnenmodell am Fuß des Planetenwegs, mag man auf den ersten Blick kaum glauben. Und dass der Polarstern, dieser Riese in der Sternenwelt, würde man ihn im Sonnenmodell-Maßstab darstellen, einen 32 Meter-Durchmesser beanspruchen würde, noch viel weniger.
Unvorstellbare Größen
Wer von der ersten Sternenweg-Station am Sonnenmodell bis zur zweiten wandert, deren Schriftseite passend zum Polaris-Standort vom Wanderer abgewandt ist, hat genau diese Strecke zurückgelegt. Es sind Größen, die sich wohl selbst Galileo Galilei kaum vorstellen konnte, als er vor über 400 Jahren erstmals durch sein Fernrohr aufs nächtliche Firmament blickte. Genau dieses Staunen wollen die Infotafeln des Sternenwegs vermitteln.
Vielleicht nur noch sein Licht
Staunen lässt auch die dritte, dem Lebenslauf unserer aus planetarischem Nebel geborenen Sonne gewidmete Tafel. In sehr, sehr ferner Zeit wird sie sich erst zum Roten Riesen aufblähen, dann zum Zwerg und schließlich, nach der ungeheuren Zeitspanne von gut neun Milliarden Jahren, wieder zu Sternenstaub werden.
So viel Zeit hat der Rote Überriese Beteigeuze nicht: möglicherweise ist dieser Maxistern, in den unsere Sonne fast drei Milliarden Mal hineinpassen würde, bereits explodiert und uns erreicht nur noch das Licht, das der Überriese bereits vor Galileis erstem Fernrohrblick auf die Sterne aussendete...
Unmittelbar an der Sternwarte platziert berichtet die fünfte Tafel über einen Roten Überriesen, der selbst in der Sternenwelt den Ruf „Extraklasse“ genießt. Acht Milliarden (!) unserer Sonnen wären nötig, um diesen Über-Über-Riesen mit dem poetischen Namen „Herschels Granatstern“ auszufüllen. Der wird, erreicht er das Ende seines Sternenlebens, zum Schwarzen Loch mutieren. Und dann? Selbst Astrophysiker zucken mit den Schultern. Das ist das staunenswert wunderschöne: Es bleiben Fragen, Fragen, Fragen. Genau die motivierten schon manch staunendes Schulkind, selbst einen Blick durchs Teleskop zu werfen und sich anstecken zu lassen vom Forschervirus.
Es sind wunderbare, mit fast unendlicher Geduld aufgenommene Fotos, die Jens Hackmann, Jürgen Mayer, Max Primas sowie Christoph und Burkhard Saile beisteuern. Erläuternde Texte und hervorragend konzipierte Grafiken lassen die Sternenweg-Wanderung zum echten Erkenntnisweg werden, den Projektleiter Burkhard Saile den Anwesenden vorstellte. Mit seiner Begeisterung riss er nicht nur das Projektteam mit, das mit Albert Hammer, Jürgen Banisch und Hubert Muhler die inhaltliche und Denis Sartison die handwerkliche Umsetzung leistete, sondern auch die Eröffnungsgäste.
Sehr angetan zeigte sich Sascha von Berchem, Geschäftsführer der Wittenstein-Stiftung: Gern und schnell habe man sich angesichts der großen Begeisterung der Astronomischen Vereinigung für die finanzielle Unterstützung des Projekts entscheiden, das das Interesse an naturwissenschaftlichen Themen wecke.
Bürgermeister würdigt Aktion
Bereits mit der Volks- und Schulsternwarte, die in der nur relativ gering lichtverschmutzten Region auch Laien den Blick in die Sterne ermögliche und mit dem viel begangenen Planetenweg erfülle der Verein seinen astronomischen „Lehrauftrag“ hervorragend und komplett ehrenamtlich.
Mit dem „Sternenweg“ sei jetzt noch ein „Sahnehäubchen“ und „i-Tüpfelchen“ hinzugekommen, lobte Weikersheims Bürgermeister Nick Schuppert. Für den Einsatz und die tolle Umsetzung des Projekts „Sternenweg“ gebühre der Astronomischen Vereinigung Weikersheim e.V. der Dank der Stadt und der Region.
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