Ein richtiges Jubiläum steht Weikersheim ins Haus: 50 Jahre Dorfmuseum – es soll mit einem Festabend am 9. September gefeiert werden. Ab 20.30 Uhr wird der „Fruchtkasten“ mit Tanz und Klang lebendig.
Weikersheim. Es war eine große Sache, als zur Kärwe 1972 das Tauberländer Dorfmuseum erstmals seine Pforten öffnete: Rund 150 Festgäste, darunter Fürst Kraft zu Hohenlohe-Langenburg und Fürst Albrecht zu Hohenlohe-Jagstberg, hochrangige Vertreter von Land, Kreis, Kommune: Auf dem Marktplatz, in der Stadthalle und im Museum versammelte sich schlicht, was Rang und Namen hatte in der Region.
Der Grund: Was der Sammler und Volkskundler Kurt Meider in Jahren an Schränken, Truhen, Trachten, Hafnerkeramik, an ganzen Wohn- und Schlafstuben und Küchen zusammengetragen hatte, war einzigartig, neu und, so das allgemeine Lob, weit über ein reines Heimat- oder Regionalmuseum hinausreichend.
„Ein derartiges Jubiläum kann man nicht einfach übergehen, auch dann nicht, wenn eine Pandemie die Planungen erschwert“, sind sich Johanetta Müller, die jüngst gewählte erste Vorsitzende des Vereins Tauberfränkische Volkskultur und ihre Vorgängerin Birgit Bulenda einig mit dem Vorstandsteam einig.
Im Gespräch mit Zeitzeugen
Wie feiern, wenn es jederzeit wieder zu Corona-Einschränkungen kommen könnte? Sie redeten sich die Köpfe heiß: Eher groß, eher klein? Eher drinnen oder sicherheitshalber lieber draußen? Eher mit, eher ohne hochkarätigen Festvortrag, Grußworte, Bewirtung? Ganz traditionell mit Festakt und Umtrunk oder irgendwie „anders“? Und ganz grundsätzlich: eher jetzt, zum Jubiläumstermin – oder vorsichtshalber doch erst im kommenden Jahr, wenn Corona dann vielleicht doch hoffentlich keine Rolle mehr spielen würde?
Entschieden anders wird jetzt gefeiert als bei der Eröffnung vom 4. September 1972: Mit einer relativ kleinen, wohl deutlich unter hundert liegenden Anzahl geladener Gäste blickt der Verein zunächst im moderierten Erinnerungsgespräch mit Zeitzeugen der Gründung, der verschiedenen Gestaltungsphasen und der für die weitere Entwicklung verantwortlich werdenden jungen Generation auf die „Lebensgeschichte“ des Museums zurück.
Projektionen am Marktplatz
Bei Einbruch der Dunkelheit wird es auf dem Marktplatz und im Museum lebendig: „Projection mapping“ von Johannes Müller setzt die Fassade des Kornbaus, die unter Graf Karl Ludwig gezielt in die barocke Gesamtgestaltung des damals angelegten Marktplatzes einbezogen wurde, in ein ganz neues Licht.
Und im Museum? Dort geht’s, ab 20.30 Uhr für alle, die das Museum einmal nach Einbruch der Dämmerung erleben wollen, lebendig zu. Das Spinnrad surrt, der Webstuhl wird aus seinem Dornröschenschlaf geweckt, und zwischen Schränken, Truhen und Vitrinen, in und um die Küchen und Schlafstuben huschen Mäuschen und Kammerjäger hin und her, erklingen Stücke und Lieder des Fruchtkastenbau-Zeitzeugen und Hofkapellmeisters Erasmus Widmann.
Es gibt spannende Musik
Es trifft sich gut, dass der Komponist der „Musikalischen Kurtzweil“, der ab 1602 rund ein Jahrzehnt am Hof als Kapellmeister, Organist, Texter und Komödiendichter wirkte, ebenfalls dieser Tage Geburtstag hat: Er erblickte am 13. September vor 450 Jahren das Licht der Welt. Klar also, dass er dass bei der Musikauswahl die erste Geige spielt.
Zum Klingen bringt ihn der mehrfach ausgezeichnete Kontrabassist, Pianist und Chorleiter Theodor Spannagel, der jüngst im Niederstettener Tempele-Theater die musikalische Leitung von „Alice im Wunderland. Kein Kinderspiel“ innehatte.
Spannagel ist noch weiter herumgekommen als der international beschlagene Weinhändler, Volkskundler, Sammler und Museumsinitiator Kurt Meider, der in Weikersheim bei der Museumseröffnung vor fünf Jahrzehnten um „kloani und großi“ Spenden bat. Der ebenfalls sozial engagierte Diplom-Musiker spricht neben Deutsch und Englisch auch Mandarin, Arabisch, Französisch, Spanisch, Türkisch – und vor allem die Sprache der Musik. Die beiden hätten sich gewiss sehr gut verstanden...
Auch wenn Corona dem Museum in den vergangenen beiden Jahren zeitweise eine Zwangspause bescherte, Besucher bei freiem Eintritt oft nur zur kurzen Stippvisite hereinschauten und die in die Vergangenheit entführenden Exponate sich besseren Zeiten entgegen träumten, betont Johanetta Müller, Vorsitzende des Vereins, der das Privatmuseum ehrenamtlich betreut: „Das Museum lebt – und das wollen wir zeigen!“
Tanzen auf Eichenbohlen
Das „Zeigen“ übernehmen am Jubiläumsabend im Museum Eleven des Ballett-Zentrums Röttingen. Die Gäste können sich auf kleine Tanztheater-Choreografien freuen. Sie beleben im zur Museumsgestaltung passenden Outfit musikalisch-tänzerisch Küchen und Schlafstuben und finden ausdrucksstarke Annäherungen an altes Mobiliar und und rare Exponate. Tanz im Museum, auf uralten Eichenbohlen? Heike Lechler, Leiterin des Ballett-Zentrums Röttingen, traut ihrer – räumlich bedingt – kleinen Company zu, Gegenwart und Vergangenheit amüsant und gekonnt zu verflechten.
Normalerweise bekommen Jubilare Geschenke. Der Verein Tauberfränkische Volkskultur dreht den Spieß um und schenkt allen Interessierten eine Woche lang zusätzliche Besuchsmöglichkeiten: Statt nur am Wochenende (Samstags sowie an Sonn- und Feiertagen von 13.30 bis 17 Uhr) die Pforten zu öffnen, heißt der Verein in der Jubiläumswoche vom 12. bis zum 16. September Gäste täglich von 9 bis 12 sowie von 14 bis 17 Uhr zum kostenlosen Besuch willkommen.
Bei freiem Eintritt sind am Jubiläumsabend alle Interessierten eingeladen, gemeinsam mit dem Verein Tauberfränkische Volkskultur den 50. Geburtstag des Privatmuseums zu feiern. Das Tauberländer Dorfmuseum öffnet seine Pforten am Freitag, 9. September abends um 20.30 Uhr.
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