Schloss-Nähstube braucht noch helfende Hände

Herzkissen für Brustkrebs-Patientinnen

Arbeitszeit-, Stoff- und Geldspenden werden benötigt

Von 
Inge Braune
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Carola Rollmann (rechts) hat die während der beiden vorherigen Nähaktionen entstandenen 300 Herzkissen nach Aalen gebracht. Stationsleiter Tobias Kinzl und seine Mitarbeiterinnen sind heilfroh, die liebevoll hergestellten Genesungshilfen ihren Patientinnen weiterschenken zu können. © Kliniken Ostalb, Aalen

Weikersheim. Mit ihrer „Aktion Herzkissen“ will die Schloss-Nähstube Brustkrebs-Patientinnen Mut machen. Helfen kann jede und jeder – mit Arbeitszeit-, Stoff- und Geldspenden .

„Die Diagnose zieht einem den Boden unter den Füßen weg,“ berichtet eine Betroffene. Sie ist eine von rund 70 000 Frauen in Deutschland, bei denen Ärzte jährlich ein Mammakarzinom – Brustkrebs – diagnostiziert wird.

Aufs Lebensalter hoch gerechnet, erkrankt nach Schätzungen der Deutschen Krebsgesellschaft eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Operation, Strahlen-, Chemo- und Hormontherapie belasten, dazu schmerzende Narben, die Angst vor einem Rückfall und das Wissen um die Sorge der Angehörigen: Alles ist anders, raubt den Atem.

Wohl fast jede und jeder kennt zumindest mittelbar eine Betroffene. Man fühle sich hilflos, berichten Verwandte und Freunde.

Ganz hilflos ist man nicht, wendet Carola Rollmann, die seit gut einem Jahrzehnt Besucherinnen und Besucher durchs Weikersheimer Schloss führt, ein: Sie rief mit Unterstützung der Schlossverwaltung und etlicher Kolleginnen 2017 die „Aktion Herzkissen“ im ehemaligen Residenzstädtchen ins Leben.

Sattelkammer als Nähstube

Die Aktion verwandelte die ehemalige Sattelkammer tageweise in eine Nähstube und den Rittersaal im Rahmen der „Nadelkunst“-Messe in eine echte „Herzkammer“. Hunderte fröhlich bunter und selbst genähter Herzkissen, die unter die Achsel geklemmt dabei helfen, die Schmerzen nach Brustkrebs-OPs zu lindern und postoperativen Einschränkungen der Schulter vorzubeugen, waren da während der Messe zu bestaunen. Die „Herzkissen“ unterscheiden sich deutlich von Kissen in traditioneller Herzform: Sie haben entschieden längere Ohren, und die Spezialfüllung besteht aus waschbarem und trocknertauglichem Polstermaterial.

Kaufen kann man sie nicht: Die Erfinderin Nancy Friis-Jensen, eine dänische Krankenschwester, ließ den von ihr für Brustkrebspatientinnen entwickelten Schnitt schützen, um sicherzustellen, dass sich kein cleverer Geschäftemacher des wichtigen Hilfsmittels im Heilungsprozess bemächtigen kann. Die Kissen werden gespendet und „von Herz zu Herz“ verschenkt. Für die Weikersheimer Herzkissen-Aktion 2023 sind noch viele helfende Hände erforderlich – ganz besonders am 24. Juni, wenn die Sattelkammer im Schloss von 10 bis 17 Uhr zur Herzkissen-Nähstube wird und fast wie am Fließband Stoffe zugeschnitten, genäht, gefüllt und mit dem Herzkissen-Logo und einem Mut schenkenden Spruch vernäht werden.

Zwei Nähmaschinen stehen bereits parat – gespendet von einer selbst von Krebs Betroffenen. Wer lieber an der eigenen Maschine arbeite, könne natürlich auch zu Hause nähen – Schnittmuster und auch bereits fertig zugeschnittene Stoffe können ab dem 14. Juni an der Schlosskasse abgeholt werden – oder die Maschine zur Nähaktion mitbringen, erläutert Carola Rollmann. Nicht nur persönlicher Arbeitseinsatz, auch Stoff- und Geldspenden sind ab sofort gefragt. Gesucht werden dafür nahtlose vorgewaschene Baumwollstoffe ohne Stretchanteil mit einer Mindestgröße von 50 mal 50 Zentimetern. Auch Geldspenden, die direkt in Füllmaterial und Nähgarn investiert werden, sind hoch willkommen und werden, ebenso wie Stoffspenden, ab sofort gern während der Öffnungszeiten des Schlosses (dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 9 bis 18 Uhr) an der Museumspforte entgegengenommen.

Für rund 600 Herzkissen liegt bereits Füllmaterial im Schloss bereit, berichtet Carola Rollmann, die sich riesig über die Unterstützung durch die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg freut: „Dass wir bereits zum dritten Mal die ehemalige Sattelkammer in eine Nähstube verwandeln dürfen und im Schloss Stoffe und Füllmaterial aufbewahren können, ist eine große Hilfe. Und ganz toll ist es, die Kissen bei der Textil- und Handarbeitsmesse ‚Nadelkunst’ vom 22. bis 24. September zeigen zu können und damit für die Aktion zu werben.“

Viele helfende Hände

Gern erinnert sie sich an die beiden früheren Herzkissenaktionen, die es ermöglichten, selbst unter den Einschränkungen der Corona-Pandemie mehr als 3900 Patientinnen über die Brustzentren der Kliniken in Aalen, Bad Mergentheim, Bamberg, Bietigheim-Bissingen, Bruchsal und Schwäbisch Hall mit Herzkissen zu beschenken.

Auch in diesem Jahr hoffen die Organisatorinnen auf viele helfende Hände und Unterstützer. Dass sich der Einsatz lohnt, bestätigte dieser Tage wieder das Frauenklinik-Team der Aalener Kliniken Ostalb. „Die Herzkissen“, so Stationsleiter Tobias Kinzl bei der Übergabe der letzten 300 Kissen aus den vergangenen Nähaktionen durch Carola Rollmann, „bieten nicht nur körperliche Linderung, sondern stärken auch das psychische Wohlbefinden.“

Freie Autorin Berichte, Features, Interviews und Reportagen u.a. aus den Bereichen Politik, Kultur, Bildung, Soziales, Portrait. Im Mittelpunkt: der Mensch.

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