Weikersheim. „Die Tricks unseres Gehirns – warum Wissen nicht (immer) vor Täuschung schützt“ lautete das Thema eines hoch spannenden, unterhaltsamen und amüsanten Gastspiels des Diplom-Physikers, Autors und professionelle Zauberkünstlers Thomas Fraps in der TauberPhilharmonie in Weikersheim.
Es war zugleich die zweite Veranstaltung der Reihe „perspektivenwechsel“ der Wittenstein Stiftung. „Mit dieser Veranstaltungsreihe möchte die Wittenstein Stiftung bewusst neue Wege gehen, um möglichst viele Menschen zu interessieren, motivieren und inspirieren“, betonte Stiftungs-Kuratoriumsmitglied Dr. Anna-Katharina Wittenstein bei der Begrüßung.
Bereits während seines Physikstudiums beschäftigte sich Thomas Fraps intensiv mit Zauberkunst und fasste den Entschluss, nach dem 1994 absolvierten Diplom eine Laufbahn als Berufszauberkünstler einzuschlagen. Gemeinsam mit zwei Kollegen gründete er im selben Jahr die „Münchner Zauberwochen“, die seitdem jährlich in einem lokalen Theater veranstaltet werden. Fraps wurde bereits mehrfach international ausgezeichnet: Unter anderem ist er „Magier des Jahres“ des Magischen Zirkels, Vize-Weltmeister der Zauberkunst auf dem „FISM-Weltkongress“ der Zauberkunst in Tokio und Gewinner des „Sigfried & Roy Sarmoti Awards“ in Las Vegas.
Faszination übte Thomas Fraps mit seinem Feuerwerk an Darbietungen, wissenschaftlichen Erklärungen und magischen Künsten am Donnerstagabend das Auditorium aus.
„Für mich als Zauberkünstler ist es eminent wichtig, dass Sie als Publikum da sind, denn nur in einem Dialog funktionieren die emotionalen und magischen Momente“, beteuerte der sympathische und humorige Gast.
Täuschungen des Gehirns
Sind Zaubereien und Täuschungen verblüffende Illusionen oder doch nur psychologische Trickkiste? „Zauberkünstler erstaunen ihr Publikum seit Jahrhunderten mit verblüffenden Illusionen, indem sie die Fallstricke der menschlichen Wahrnehmung und des Denkens ausnutzen“, erklärte Thomas Fraps. Seit einigen Jahren werfen auch Hirnforscher einen experimentellen Blick in die psychologische Trickkiste der Zauberkünstler, um aus ihren Täuschungen neue Erkenntnisse über die Mechanismen der Wahrnehmungen und Kognition zu gewinnen. „Denn gerade in Zeiten der immer zunehmenden digitalen und medialen Reizüberflutungen erschweren es manche dieser Mechanismen dem Gehirn, zwischen Fakten, Fiktionen und manipulativen Fälschungen zu unterscheiden, da mitunter die Kontrolle über die Lenkung der Aufmerksamkeit verloren geht“, verdeutlichte er anhand zahlreicher Exempel.
So zum Beispiel die Fälschungen des „Spiegel“-Reporters Claas Relotius im Jahr 2018 oder die gefälschten Hitler-Tagebücher des Malers Konrad Kujau 1983 sowie die Betrugsmanöver 1994 des „Baulöwen“ Jürgen Schneider, der das narrativ eines Wohltäters vorspiegelte. „Selbst Expertenfachwissen schützt nicht davor, beispielsweise auf Kunstfälschungen von Trickbetrügern hereinzufallen“, belegte Fraps.
„Wir versuchen als Zauberer, stets eine Illusion vorzutäuschen und die Wahrheit zu verbergen, während Physiker und sonstige Wissenschaftler die Wahrheit suchen“, räumte er ein. „Zauberkunst ist das einzig absolut ehrliche Gewerbe der Welt. Ein Zauberkünstler verspricht, Sie zu täuschen – und tut es dann auch“, zitierte Fraps den US-amerikanischen Magier Karl Germain.
Die Evolution des menschlichen Denkorgans, das aus circa 86 bis 100 Milliarden Nervenzellen besteht, sei primär darauf ausgerichtet gewesen, um zu überleben, aber nicht, um die Wahrheit herauszufinden. Insofern könne das Gehirn vermeintlich etwas wahrnehmen und sehen, was jedoch nicht der Realität entspreche, weil es auf optische Täuschungen, Illusionen oder auf andere Irrtümer beruhe. „Nicht die Sonne dreht sich um die Erde, sondern umgekehrt“, nannte der Physiker als Beispiel eines historischen Paradigmenwechsels im Laufe der wissenschaftlichen Erkenntnisse.
„Ich trete immer wieder selber bei wissenschaftlichen Kongressen als von den Veranstaltern engagierter falscher Fachdozent mit irgendwelchen unechten Thesen und Behauptungen auf, um mich erst nach einigen Minuten als Täuscher und Zauberkünstlers zu entpuppen“, erzählte Thomas Fraps schmunzelnd.
Im zweiten Abschnitt zeigte er einige seiner verblüffenden Magietricks. „Zauberer arbeiten überwiegend mit Scheinursachen und dem narrativ eines scheinbaren Kausalzusammenhangs als Ablenkungsmanöver, während der eigentliche Zaubertrick vom Zuschauer unbemerkt bleibt.“
Abschließender Höhepunkt seiner Präsentation und Show war die ebenso täuschend echt wirkende Darbietung, als könne er mittels einer KI-Software „Brain GTP5“ die Gedanken, Imaginationen und zuvor überlegte Zahlenreihe eines Zuschauers durchschauen. „Die Abwesenheit des Beweises einer Täuschung ist kein Beweis für die Abwesenheit einer Täuschung“, gab der Physiker und Zauberkünstler gegen Ende seines hochklassigen und interaktiven Auftritts resümierend zu bedenken.
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