Weikersheim. Mit dem „Scherenschleifer“-Eintrag auf seiner Facebook-Seite hatte Jürgen Vossler, Mitglied im Kreistag und Weikersheimer Gemeinderat, für einigen Wirbel gesorgt. Das bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Gruppe Sinti und Roma am Weikersheimer Sportplatz Station machen, brachte ihn gewaltig auf. Mit seinem Eintrag warnte er davor, „diesem ,fahrenden Volk’“ Arbeitsaufträge zu geben – eine Generalisierung, die nicht nur Bürgerinnen und Bürger aus Weikersheim entrüstet Stellung nehmen ließ.
Im Rahmen der sehr gut besuchten öffentlichen Gemeinderatssitzung ermöglichte Weikersheims Bürgermeister Nick Schuppert Vossler auf dessen Wunsch jetzt eine öffentliche Stellungnahme vor der Eröffnung der eigentlichen Tagesordnung.
Vossler wendete sich darin bewusst nicht nur an den Rathauschef und das Gemeinderatsgremium, sondern zuerst ans Publikum. Nachdem er in Ruhe die Veröffentlichung seines Facebook-Posts reflektiert habe, sei ihm bewusst geworden, „dass diese Wortwahl völlig inakzeptabel war“, so Vossler. In einer Art öffentlicher Beichte drückte er sein tiefes Bedauern über die „unglückliche Wortwahl“ aus. „Ich möchte mich aufrichtig entschuldigen.“
Keinesfalls sei es seine Absicht gewesen, jemanden zu verletzen oder Schaden zuzufügen. Er sei emotional aufgebracht gewesen und habe sich keine Gedanken über die Auswirkungen gemacht. „Wer mich kennt, der weiß, dass ich weder Stigmatisierung, Fremdenfeindlichkeit noch Hetze akzeptiere,“ so Vossler weiter, dem es sehr wichtig war, die Entschuldigung persönlich vorzutragen.
Das Gremium hörte zwar mit Respekt, doch mit nahezu versteinerten Mienen zu. Mehr emotionale Anteile zeigten weder Gemeinderäte noch die Vertreter der Ortschaften auch nach der Verlesung der gemeinsamen Stellungnahme von Verwaltung und Gemeinderat durch Nick Schuppert nicht; und auch das Publikum – immerhin an die dreißig Besucher hatten sich zu dieser öffentlichen Gemeinderatssitzung eingefunden – verharrte stumm und reglos.
Die Stadt Weikersheim mit den im Gemeinderat vertretenen Fraktionen bekenne sich „ganz klar zum Schutz von Minderheiten, dem gemeinsamen Miteinander, statt Gruppen oder Einzelne auszuschließen, denn alle Menschen sind für uns gleichwertig,“ trug Schuppert vor und ergänzte: „Wir wenden uns gegen jegliche Form des Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus sowie gegen Homo- und Transfeindlichkeit.“
Sich für Menschen- und Freiheitsrechte einzusetzen, sei klare Haltung von Verwaltung und Gemeinderat. Über eine reine Stellungnahme zu Vosslers Facebook-Formulierung hinaus gehend heißt es in dem gemeinsamen Text: „Wir sind gegen jede Form von Desinformation, diskriminierenden Reden und Aussagen. Wir widersprechen falschen und menschenverachtenden Aussagen.“
„Entschuldigung akzeptieren“
Vosslers in seinem Facebook-Post formulierte „private Einzelmeinung“ war, so Schuppert, „in unseren Augen falsch und wir distanzieren uns davon.“ Der klaren Rüge an Vossler schloss Schuppert allerdings auch einen deutlichen Appell an: Zum guten gesellschaftlichen Miteinander gehöre es auch, eine aufrichtige Entschuldigung zu akzeptieren. Die habe man in aller Deutlichkeit gehört. Schupert abschließend in der gemeinsamen Erklärung: „Für uns ist der Vorfall damit erledigt und wir kehren nun zu einer sachdienlichen Gemeinderatsarbeit zurück.“
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