Religion - Die Evangelische Kirchengemeinde in Walldürn wird 75 Jahre alt. Sie feiert dieses Jubiläum mit einem Festgottesdienst und Empfang am Sonntag

Walldürner Pfarrer: „Ich würde gerne Obstbäume pflanzen“

Die evangelische Kirchengemeinde Walldürn besteht seit 75 Jahren. Sie feiert ihr Jubiläum am Sonntag mit einem Festgottesdienst und einem Empfang.

Von 
Martin Bernhard
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Pfarrer Karl Kreß auf der Empore der Evangelischen Kirche in Walldürn. © Martin Bernhard

Walldürn. Pfarrer Karl Kreß hat 15 dieser 75 Jahre geprägt. Er wird im Laufe dieses Jahres 64 Jahre alt und geht davon aus, noch zwei bis drei Jahre Dienst zu tun. „Wenn ich noch zehn Jahre da wäre, würde ich Obstbäume im Pfarrgarten pflanzen“ sagt er. Sein Handeln für die Kirchengemeinde war stets vom Nachhaltigkeitsgedanken geprägt.

Als er die Pfarrstelle in Walldürn im Jahr 2007 antrat – im März als Vikar, ab September als Pfarrer – habe er vom Bischof einen klaren Auftrag erhalten: Er sollte Lösungen finden für die verlustreichen Immobilien „Haus der offenen Tür“ (HdoT), Pfarrsaal und Pfarrhaus mit Kirche in Rippberg. Inzwischen sind das HdoT und das Rippberger Pfarrhaus mit Kirche verkauft. Die Kirchengemeinde Walldürn hat einen großen, modernen Pfarrsaal erhalten. Zwar verfügt die Gemeinde derzeit über rund 1800 Gemeindemitglieder, man habe aber die Räume auf 1200 Menschen ausgerichtet. Denn nach Hochrechnungen wird die Gemeinde bis zum Jahr 2030 rund 600 Mitglieder verlieren.

„Wir bekommen den Nachwuchs nicht“, stellt Kreß fest. Damit meint er nicht nur neue Gläubige, sondern auch Diakone und Pfarrer. Deshalb plane die Badische Landeskirche sogenannte „Kooperationsräume“, in denen Hauptamtliche verschiedener Gemeinden zusammenarbeiten sollen. Bisher tun sie dies auf freiwilliger Basis; später soll dies zur Pflicht werden.

In Zeiten des Rückgangs von Personal und Gläubigen ist die Ökumene, die Zusammenarbeit von Katholischer und Evangelischer Kirche, wichtig. „Ich bin ein Freund der Ökumene“, sagt Kreß. „Die beiden Kirchen sind Geschwister. Und Jesus Christus ist in der Mitte.“ Mit dem katholische Stadtpfarrer Josef Bregula verbinde ihn „eine dicke Freundschaft“. Die beiden teilten sich Grußworte bei Veranstaltungen und feierten gemeinsam Gottesdienste. Kreß wird regelmäßig zum Großen Blutsfeiertag, zu Prozessionen und zum Empfang im Rahmen der Wallfahrt eingeladen.

Trotz sinkender Zahlen bei den Gläubigen kann Kreß auch Positives berichten. Er führt im Kirchengebäude die „Church Box“ vor, ein Projekt, das während der Corona-Pandemie entstanden ist. Zehn bis 15 Studenten und junge Akademiker haben auf ein Tablet Lieder, Predigten und geistige Impulse eingespielt und dieses in eine Kiste eingebaut. Kirchenbesucher können über einen Berührungsbildschirm aus einem Menü das für sie Passende auswählen und anhören.

Und auch der Konfirmandenunterricht mache ihm „Riesenspaß“. Die jugendlichen Teilnehmer stammen aus unterschiedlichen Schichten und würden zu einer Gruppe zusammenwachsen. „Da kommen Kinder aus dem Kinderheim, Haupt- und Realschüler sowie Gymnasiasten zusammen“, sagt Kreß.

Der Pfarrer erzählt von bedürftigen Menschen, von denen immer wieder welche an die Pfarrhaustür klopften. So habe er einem Vater von fünf Kindern eine Arbeitsstelle besorgt. Derzeit sucht er eine Wohnung für einen trockenen Alkoholiker.

Aus Anlass des 75-jährigen Bestehens der Kirchengemeinde hat Pfarrer Kreß eine kleine Chronik zusammengestellt. Dieser ist zu entnehmen, dass die evangelischen Christen im 19. Jahrhundert zur Gemeinde in Bödigheim gehörten, später zu Sindolsheim und ab 1919 zu Buchen. Mit dem Zuzug vieler Flüchtlinge aus den ehemals deutschen Ostgebieten wuchs die Anzahl der Gläubigen in Walldürn gewaltig. Und so wurde am 1. April 1947 in der Wallfahrtsstadt eine selbstständige evangelische Pfarrei gegründet. Zu ihrem Pfarrer wurde Franz Fath gewählt.

Der Grundstein zur Kirche wurde im Jahr 1950 gelegt. Ein Jahr später wurde sie eingeweiht. 1962 erhielt die Gemeinde die von der Firma Vleugels aus Hardheim geschaffene Orgel. Im selben Jahr baute die Kirchengemeinde einen Kindergarten mit zwei Gruppenräumen, einem Gymnastikraum und einem Wohntrakt für die Leiterin. Im selben Jahr wurde ein Doppelwohnhaus für den Militärpfarrer und den Leiter des Soldatenheims fertiggestellt. Das HdoT wurde 1965 seiner Bestimmung übergeben. Wie Kreß erläuterte, stünden für die nächsten Jahre für die Kirchengemeinde einige Herausforderungen an. So müsse die Orgel für 23 000 bis 60 000 Euro renoviert werden. Auch das Pfarrhaus benötigt eine Grundsanierung. Da sich die Landeskirche aus der Bauförderung zurückziehen werde, müsse sie Gemeinde die Substanzerhaltungsrücklage in ihrem Finanzhaushalt verdoppeln.

Die Kirchengemeinde feiert ihr Jubiläum mit einem Festgottesdienst mit Prälat Professor Dr. Traugott Schächtele am Sonntag, 10 Uhr. Es schließt sich ein Empfang für die Gemeinde an.

Redaktion

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