Walldürn. Einem Jäger wird vorgeworfen, Ende März trotz Brut- und Setzzeit eine Treibjagd in einem Waldstück im Main-Tauber-Kreis organisiert zu haben (wir berichteten). Aber was ist überhaupt die Brut- und Setzzeit und worauf sollte man während dieser Zeit achten? Die Fränkischen Nachrichten haben bei Kreisjägermeister Roland Braun von der Kreisjägervereinigung Buchen nachgefragt.
In den Wäldern und auf den Wiesen bricht zwischen April und Mitte Juni eine besondere Phase an. „In diesen Monaten kommt der Nachwuchs von unseren heimischen Wildtieren zur Welt. In vielen Fällen auch ungeschützt auf freier Fläche“, erklärt Braun. Rehe, Hasen und Bodenbrüter wie Rebhühner, Feldlerchen und Kiebitze seien während dieser Zeit besonders für Störungen anfällig und bräuchten deshalb ihre Ruhe.
Hundebesitzer sollen ihre Vierbeiner an die Leine nehmen
Darum ist es wichtig, dass Spaziergänger auf die Natur Rücksicht nehmen. Braun rät, auf ausgeschilderten Wegen unterwegs zu sein. Hundebesitzer sollen ihre Vierbeiner an die Leine nehmen, wenn sie in die Nähe von Wald- und Feldgebieten kommen. In Baden-Württemberg gibt es keine Leinenpflicht. „Wenn ich Leute mit freilaufenden Hunden sehe, spreche ich sie auf die Problematik an“, sagt der Kreisjägermeister. Bisher seien die Menschen verständnisvoll gewesen.
Kommt ein Hund zum Beispiel mit einem Rehkitz in Kontakt, bedeutet dies für den Nachwuchs und für die Geiß großen Stress. Viele Hundebesitzer würden nicht wissen, welche Folgen ein bloßes Schnüffeln habe, sagt er. „Es kann vorkommen, dass das Muttertier vor Schreck flüchtet oder ihr Junges, wegen des anderen Geruchs, nicht mehr annimmt.“ Dies würde den Tod für das Jungtier bedeuten.
Viele Kitze werden auf Feldern mit hohem Gras zur Welt gebracht. Drohnen werden bei der Suche eingesetzt, um sie vor Mähmaschinen zu schützen. Landwirte können sich bei der Kreisjägervereinigung Buchen melden. Die Vereinigung besitzt zwei Fluggeräte. „Entweder werden die Rehkitze in den angrenzenden Wald gebracht oder nach dem Mähen an gleicher Stelle wieder ausgesetzt“, informiert Braun.
Jäger dürfen keine Muttertiere mit Jungen erlegen
Während der Brut- und Setzzeit herrscht eine Schonzeit. Jäger müssen besonders aufmerksam sein, auf welche Tiere sie schießen. „Beim Rehwild dürfen nur die männlichen Böcke gejagt werden“, erklärt Braun. Aufgrund der Afrikanischen Schweinepest sei die Schonzeit bei Wildschweinen ausgesetzt worden. Im Neckar-Odenwald-Kreis seien bisher noch keine Funde dokumentiert. Ein Jäger mache sich aber strafbar, wenn er vorsätzlich ein Muttertier mit Jungtieren erlege. „Wenn ich als Jäger abdrücke, muss ich mir sicher sein“, erklärte er. Trotz Vorsicht kann es zu Vorfällen kommen. Der Jäger müsse dann selbst entscheiden, ob er sich selbst anzeige, informiert Braun.
Der Kreisjägermeister ist durch seinen Vater zum Jagen gekommen: „Als Kind habe ich ihn begleitet.“ Seit 1977 hat Braun einen eigenen Jagdschein. Er hat ein Revier von einer Fläche von rund 1000 Hektar auf den Gemarkungen von Altheim und Walldürn gepachtet. Ihn fasziniert das Jägersein: das Erlebnis der Jagd, die Ruhe und Erholung in der Natur sowie die Kameradschaft unter Gleichgesinnten. „Als Jäger habe ich die Aufgabe, die Natur vor Überpopulationen in der Tierwelt zu schützen“, beschreibt er seine Motivation.
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