Walldürner Ferientage

Sogar ein „Bambi“ wurde gefunden

20 Kinder durchstreiften den Wildpark im Marsbachtal

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ekö
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Beeindruckende Nähe zu Wildtieren erlebten die Kinder unter Aufsicht bei den Walldürner Ferientagen 2024 am Montag im Marsbachtal. © Engelbert Kötter

Walldürn. „Ich habe einen Blutegel“ - „Zeig mal, Deinen Blutekel“ - „Ich will den Blutigel auch mal sehen!“ Es waren für Erwachsene mitunter ungewöhnliche Gespräche, als die Kinder am vergangenen Montag im Rahmen der Walldürner Ferientage das Ökologische Beobachtungsgehege im Marsbachtal besuchten und sich ihre Erlebnisse untereinander zuriefen. Unter sachkundiger Führung zweier Vereinsmitglieder des Walldürner Wildpark erlebten sie einen ganzen Nachmittag lang die Tier- und Pflanzenwelt im Marsbachtal.

Am Anfang standen dabei die Publikumslieblinge, die Wildschweine. Hier erfuhren die Kinder, dass es momentan Abstand zu den Tieren einzuhalten gilt und dass sie mit selbst mitgebrachtem Futter nicht, wie früher immer, verwöhnt werden dürfen. Sie lernten, dass das eine Schutzmaßnahme ist, damit sich die Walldürner Gehegeschweine nicht mit einer Krankheit anstecken, die in der weiteren Umgebung bereits Wildschweine erfasst hat. Gleichwohl erhielten die Kinder unbedenkliches, vereinseigenes Futter, mit dem sie ihrer Lust auf Tiere füttern freien Lauf lassen konnten.

Ungewöhnlich zutraulich zeigten sich an diesem Sommernachmittag die Hirsche und das Muffelwild in ihrem Gehege. Während die Sauen nichts gegen tobende und lärmende Kinder einzuwenden haben, lernten die Sechs- bis Zehnjährigen nun, dass sie mucksmäuschenstill sein müssen, wenn sie die scheuen Hirsche nicht vertreiben wollen. Das Umschalten von Sauenvergnügen auf Hirschbeobachtung gelang ihnen gut, und so durften die rund 20 Kinder unter Aufsicht sogar mit in das Hirschgehege hinein kommen, um dort Rotwild, Damwild und Muffelwild live und einmal zaunfrei gegenüber zu stehen und es mit Hafer zu füttern – für die Kinder ein imposantes Erlebnis.

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lsw
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Um die Kinderfragen nach dem „was haben die da?“ zu beantworten, wurden sie mit den Geweihen von Hirschen sowie den Gehörnen von Muffel- und Rehwild aus der waldpädagogischen Mustersammlung des Vereins Wildpark Walldürn vertraut gemacht. Sie konnten Geweihstangen und -schaufeln von Rot- und Damhirschen, Gehörnschnecken von Muffelwiddern selbst in die Hand nehmen, deren großes Gewicht erspüren und sich so darüber wundern, mit welch schwerer Last auf dem Kopf ein ausgewachsener Hirsch durchs Leben schreitet, und welche Kraft er offenbar haben muss, um sie mühelos zu tragen.

Ans Toben ging es danach wieder, als sich die Kinder eine gegerbte Wildsauschwarte überwerfen konnten und auf allen Vieren ausprobieren konnten, wie es wohl sein mag, als Wildsau durch den Wald zu rumpeln.

Im dritten Besuchsabschnitt des Feriennachmittags wurden die Kinder an den Marsbach geleitet. Mit Wassereimern und Becherlupen ausgestattet, wurden sie zu Sammlern und Jägern. Sie durchstreiften das Bachwasser und wendeten so manchen Stein, um darunter Gewässerfauna aufzustöbern, einzusammeln und unter kundiger Anleitung von Begleiterin und Jägerin Uli Arnold zu bestimmen – vom Bachflohkrebs bis zum Blutegel. Dabei stellte sich sogar heraus, dass sich, gemessen an den gefundenen Bio-Indikatoren, das Wasser des Marsbachs im Vergleich zu den Befunden aus Vorjahren, leicht verschlechtert hat.

Je nach gefundener Fauna nämlich, lässt sich die Qualität eines Gewässers bestimmten Güteklassen zuordnen, weil unterschiedliche Wassertier jeweils in unterschiedlich reinen und sauerstoffhaltigen Gewässern leben. In diesem Fall nun, fanden die Kinder in diesem Jahr deutlich weniger Eintagsfliegenlarven, Bachflohkrebse und Köcherfliegenlarven (alle Gewässergüteklasse 2, mäßig belastet), dafür aber nun Plattegel, die in Gewässern der Güteklasse 2 bis 3 (kritisch belastet) leben.

Einen ganz besonderen Fund am Bachufer, gab es dann noch, on top: In eine knorrige Schwarzerlenwurzel hinein gedrückt, hatte sich das nur wenige Stunden oder Tage alte Kalb einer Damkuh versteckt, mit typischem „Bambi“-Fell und -Gesicht: schwarze Stupsnase und dunkle Kulleraugen. Um es nicht zu gefährden, machten die Kindern neugierig zwar, mit langgestreckten Hälsen, aber dennoch fürsorglich verständig, einen großen Bogen um den Gehegeneuling.

Gefühlt viel zu früh, endete für die Kinder am späten Nachmittag das vielseitige Naturerlebnis. Und wenn auch die Stiefel mit Wasser vollgelaufen und die Hosenbeine bis zu Rücken hinaus nass waren: was stört´s die glücklich gewesene Kinderseele? Sommer und Sonne, Ferien und Spielen im Bach, aus solch zeitvergessener Selbstversunkenheit entstehen spätere Kindheitserinnerungen. ekö

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