Walldürn/Hardheim. "Typische Mädchenberufe" gibt es viele - von der Erzieherin über die Friseurin bis zur Zahnarzthelferin. Dass es durchaus auch in naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen interessante Ausbildungsmöglichkeiten für Mädchen gibt, beweist der "Girls' Day" jedes Jahr aufs Neue. Den bundesweit koordinierten Projekttag nutzten seit 2001 bisher rund 1,5 Millionen Mädchen, um sich über Ausbildungsberufe und Studiengänge in IT, Handwerk, Naturwissenschaften und Technik zu informieren und hautnah vor Ort erste Erfahrungen zu sammeln.
Die Chance, sich ein Bild von eher "männlichen" Berufen zu machen, ließen sich auch im Neckar-Odenwald-Kreis viele Mädchen nicht entgehen. Sogar einige Grundschülerinnen wagten erste Kontakte mit der Arbeitswelt.
Bei der Firma Braun in Walldürn musste ob des Andrangs das Kontingent für Teilnehmerinnen kurzfristig von acht auf zwölf aufgestockt werden. Die Vorstellung der Firma übernahmen zum weitesten Teil die Auszubildenden selbst unter Leitung von Ausbilder Wjatscheslaw Ogel.
Für Verwunderung sorgte eine Präsentation über den Markenreichtum des Unternehmens. "Da hab ich zum ersten Mal gesehen, wie viel die herstellen", merkte Sarah Rusnak überrascht an. "Ich habe nicht gewusst, dass die auch Windeln produzieren", staunte Lena Münch und ergänzte: "Bei mir daheim stehen viele Geräte der Firma Braun."Einen Höhepunkt stellte das Anfertigen eines Geschicklichkeitsspiel dar. Es galt, ein Drahtstück in Herzform zu bringen und anschließend, wie bei einem Taschenspielertrick, in ein Drahtgeflecht einzufügen und wieder herauszunehmen, ohne den Draht zu beschädigen. Über die hohe Teilnehmerzahl zeigte sich Ogel erfreut und fügte an: "Bewerbungen von Damen sind sehr willkommen. Wir hätten gerne jedes Jahr mindestens eine Auszubildende dabei."
Kräftig angepackt wurde auch beim Logistikbataillon 461 der Bundeswehr in Walldürn. In der Nibelungenkaserne lernten sieben Mädchen den Soldatenalltag kennen - bei einer Spritztour im gepanzerten Transportfahrzeug "Dingo 2", einer Einweisung in das SEM-Funkgerät sowie einem Radwechsel bei der Instandhaltung.
Delikatessen bei der Bundeswehr
In Blaumann-Monturen der Bundeswehr gekleidet sprangen die Mädchen schließlich über Hecken, krabbelten unter Metalldrähten hindurch und überwanden Gräben auf der Hindernisbahn. Nicht nur Lea Landwehr und Miriam Bauer, mit der Funkkennung "Panther" versehen, hatten dabei ihren Spaß. Positiv überrascht zeigten sich die Mädchen von der "EPa", der Einmannpackung, die es als Mittagsverpflegung gab. "Das macht ja richtig satt" war ebenso zu vernehmen wie - zur Belustigung der Berufssoldaten - die Aussage "Meine Mama kocht nicht so gut". Oberleutnant Kevin Warnebold freute sich über die Resonanz. "Mir gefällt das hier alles sehr gut - der Girls' Day und die Bundeswehr", war das Fazit der "Eintagssoldatin" Lea Landwehr.
In der Firma Binder Elektronik in Waldstetten fanden sich Clara Seyfried, Jennifer Chemnitz und Samira Dörr aus der sechsten Klasse der Realschule Hardheim ein. Matthias Geiger, verantwortlich für Ausbildung und Entwicklung, führte zusammen mit Christian Rückert die Teilnehmerinnen ins Handlöten ein und half dabei, eigene Figuren zu löten. Ebenso fertigten sie einen elektronischen Würfel, der per Knopfdruck funktioniert.
Auf den "Girls' Day" aufmerksam gemacht wurden die drei von ihrer Lehrerin. "Clara hat dann das ,Girls'-Day-Radar' benutzt und wir haben uns hier zusammen online angemeldet", beschrieb Samira Dörr den Auswahlprozess.
Verschiedene Berufsbilder
Bei der Firma Reum in Hardheim wird viel Wert auf Ausbildung gelegt. "Wir versuchen, jedes Jahr ein anderes Berufsbild vorzustellen", so Markus Klöckner, Leiter der "Reum Akademie". Der Ausbilder freut sich über weibliche Bewerberinnen. "Die zeigen oft den Herren, wo der Hammer hängt." Diesmal konnten die beiden 14-jährigen Lea Spahr und Nadine Soth sehen, was hinter der Industriemechanik steckt. Mit Blechschere, Stichsäge und Bohrer bewaffnet, werkelten die beiden fleißig unter Aufsicht des Auszubildenden Dennis Meidel und kreierten so einzigartige Designeruhren zur Erinnerung an die Zeit bei Reum.
Sechs Gymnasiastinnen fanden sich bei der Firma Eirich in Hardheim ein. Die 15-Jährigen erhielten dort einen Einblick in die Elektro- und die Metalltechnik. "Ich bin auf beides gespannt", so Lea Haas aus Buchen. "Ic h schau mal, wie sich das noch entwickelt", zeigte sie ihre Offenheit für die technischen Berufe. Auch Jan Schmitt, Auszubildender bei Eirich, weiß den "Girls' Day" und die Vermittlung seines Wissens zu schätzen: "Er ist eine gelungene Abwechslung vom Arbeitsalltag."
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