Walldürn. Nach erfolgter Überführung und Sanierung zweier historischer Odenwälder Bienenhäuser aus Mudau in das Freilandmuseum in Gottersdorf, wurden die beiden Raritäten am vergangenen Sonntag feierlich ihrer Bestimmung übergeben: Sie informieren die Museumsbesucher jetzt über sich selbst, als über einhundert Jahre alte Innovation in der Bienenhaltung damaliger Zeit. Sie zeigen zugleich die Bedeutung der Imkerei für die Menschen von heute und führen ihnen die Unverzichtbarkeit von Bienen für die Biodiversität unserer Tage vor Augen.
Bürgermeister Meikel Dörr, zugleich Vorsitzender des Fördervereins Odenwälder Freilandmuseum, eröffnete die Veranstaltung mit einem feierlichen Akt. Der hatte über einhundert Gäste angezogen und wurde von den sieben Musikern des Ensembles Dudel Quetsch musikalisch begleitet.
Projekt kostete rund 129.000 Euro
In Anwesenheit von Siegfried Fabrig, Enkel des letzten Besitzers Josef Fabrig aus Steinbach, stellte Dörr zunächst die Bedeutung der beiden Bienenhäuser aus Mudau vor Augen. Sie erzählten von der Imkerei als bäuerlichem Nebenerwerb und stünden für Fleiß, Naturverbundenheit und kluges Wirtschaften im Kleinen, so der Bürgermeister. Mit der Translozierung und Restaurierung der Bienenhäuser hätten Verein, Museum, Stadt und Region gemeinsam viel bewegt.
Rund 129.000 Euro seien in dieses Projekt investiert worden, um das kulturelle Erbe, das die Bienenhäuser bedeuten, für die Zukunft zu bewahren. 65 Prozent der Kosten – etwa 84.000 Euro – wurden durch Förderung des Landes Baden-Württemberg getragen. Der erforderliche Eigenanteil von rund 45.000 Euro konnte, so Dörr, „dank beeindruckender Spendenbereitschaft nahezu vollständig abgedeckt werden: 15.000 Euro steuerte die Sparkassenstiftung bei, 12.800 Euro kamen über ein Crowdfunding der Volksbank Franken zusammen, 2.000 Euro gab der Hei-mat- und Museumsverein Walldürn dazu, die stolze Summe von 8.700 Euro ergaben weitere zweckgebundene Einzelspenden.“
Meikel Dörr bedankte sich ausdrücklich bei allen, die sich zum Erhalt der Bienenhäuser engagiert hatten, einschließlich finanziellem Engagement. Museumsleiterin Margareta Sauer hob er dabei explizit hervor, „die dieses Projekt von der ersten Idee bis zur heutigen Einweihung mit großem persönlichen Einsatz begleitet“ habe.
Dem Architekten Friedrich Staib, Sommerhausen, spezialisiert auf den Erhalt von Baukultur und die Denkmalpflege, bescheinigte Dörr fachlich kompetente Umsetzung, allen beteiligten Handwerksbetrieben Sorgfalt und Liebe zum Detail.
Mehr als eine Hommage an die Vergangenheit
Dörr: „Das Odenwälder Freilandmuseum ist kein Ort des Stillstands. Es ist ein lebendiges Museum. Gerade in diesem Jahr, in dem es auf 35 Jahre Bestehen zurückblickt, zeigt sich einmal mehr, wie wichtig seine Arbeit für die Bewahrung unserer Geschichte ist.“ Die renovierten Bienenhäuser seien nämlich „nicht nur eine Hommage an die Vergangenheit – sie sind auch ein Beitrag zur Zukunft: zur kulturellen Bildung, zur Wertschätzung der Biodiversität und zur Frage, wie nachhaltiges Leben konkret ausgesehen hat – und heute wieder aussehen könnte.“
Eindrucksvoll verdeutlichte der Bürgermeister die „unglaubliche Leistung der Bienen“: Um ein Glas Honig mit 500 Gramm zu füllen, seien rechnerisch etwa 15.000 Flugstunden von Honigbienen nötig. Eine einzelne Honigbiene sammele in ihrem Leben nur etwa zehn Gramm Nektar. Gäbe es keine Bienen mehr und müsste der Mensch sie durch seine Leistungen ersetzen, müsste bei Ansatz eines Mindestlohnes von 15 Euro ein Glas Honig 225.000 Euro kosten - den Wert der Bestäubungsleistungen von Bienen noch außen vor gelassen.
Mit Klarheit in der Sache und feinzüngigem Humor in der Rede, „schwärmte“ auch Landrat Dr. Achim Brötel für die Bienen(häuser). 80 Prozent der heimischen Nutz- und Wildpflanzen nämlich, seien auf Honigbienen als Bestäuber angewiesen. Und sogar 85 Prozent der Erträge im Pflanzen- und Obstbau hingen von ihrer Bestäubung ab. Mindestens ein Drittel unserer Lebensmittel hingen eben-falls direkt von den Leistungen der Bienen ab. Dr. Brötel: „Honig könnte man zur Not importieren, die Bestäubungs-leistung aber nicht.“
Imkerei war früher ein wichtiger Geschäftszweig
Angesichts des Fakts, dass jeder dritte Liter Milch im Regierungsbezirk Karlsruhe aus dem Neckar-Odenwald-Kreis stamme und hier auch die Imkerei intensiv betrieben werde, „sollten wir uns vielleicht sogar überlegen, künftig mit dem Slogan zu werben: `Der Neckar-Odenwald-Kreis – Das Land, wo Milch und Honig fließen´, spaßte der Landrat. Er unterstrich die Bedeutung der renovierten Bienenhäuser als Dokumente ihrer Zeit und mahnte an, dass die Selbstverantwortung der Menschen im Hinblick auf persönliche Beiträge zu ihrer Selbstversorgung wieder zunehmen müssten - nicht durch Lippenbekenntnisse, wie zum Bienenschutz, sondern durch eigenverantwortliches Handeln, unter anderem der Bienenhaltung. Josef Fabrigs Bienen-häuser, seien ein nahezu modernes Beispiel auch für unsere Zeit, indem er damals mit- und vorausgedacht habe, um Dinge konsequent weiterzuentwickeln. In seinem Fall die Optimierung der Imkerei.
In seinem Grußwort berichtete Bürgermeister Dr. Norbert Rippberger, wie seine Gemeinde und später das Museum in den Besitz der historischen Bienenhäuser gekommen seien. Holger Dörr, Vorstand der Volksbank Franken erläuterte, wie Crowdfunding zusammen mit seinem Institut funktioniert. Seit Einführung 2019, wurden damit 132 regionale gemeinnützige Projekte ermöglicht, mit einem Volumen von 880.000 Euro. Der Unterstützungsbeitrag der Volksbank Franken habe dabei bei 350.000 Euro gele-gen.
Große Spendenbereitschaft gewürdigt
Die wissenschaftliche Leiterin des Odenwälder Freilandmuseum Gottersdorf, Margareta Sauer, führte aus, dass das Museum „finanziell nicht auf Rosen gebettet“ sei, weswegen sie allen Spendern und Sponsoren umso herzlicher dankte. Wie auch denen, die ihre Arbeitskraft im Projekt Bienenhäuser gespendet hätten. Sie freute sich, dass Imker Benedict Vierneisel, Rippberg, die Bienenbeuten des Museums und in den Bienenhäusern künftig bewirtschaften werde.
Nach dem Festakt wechselten die Teilnehmenden von der Dreschscheune des Museums hinüber zum benachbarten Standort der Bienenhäuser. Friedrich Staib und Margareta Sauer stellten dort heraus, was die Besonderheiten der Bauten ausmacht. Durch Vereinheitlichung der Beuten und Stapelbarkeit in einem Bienenhaus, sei die Imkerei deutlich effektiver als noch vor Josef Fabrigs Erfindung gewesen. Seine Bienenhäuser hätten die Haltung von weitaus mehr Völkern hervorgebracht, bei zugleich besse-rer Tierkontrolle und höherer Honigausbeute. Benedict Vierneisel belegte das durch die fachlichen Details, die er den interessierten Gästen in den Bienenhäusern eindrucksvoll auswies.
Das Zitat des Tages dürfte wohl Bankvorstand Holger Dörr vorgetragen haben, mit dem Einstein-Wort: „Wenn die Bienen sterben, hat der Mensch noch vier Jahre zu leben.“
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