Odenwälder Freilandmuseum

Haustiere früher und heute

„Tag der alten und neuen Nutztiere“ offenbarte den Besuchern märchenhafte und lehrreiche Funktionen der Tiere

Von 
Engelbert Kötter
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Esel sind gar nicht faul, dumm und störrisch - man muss nur mit ihnen umzugehen verstehen. © Engelbert Kötter

Gottersdorf. Schauen, zuhören, selber machen – beim Aktionstag „Tag der alten und neuen Nutztiere“ im Freilandmuseum in Gottersdorf, war für alle Sinne der Besucher etwas geboten, um in das Leben mit Haustieren früher und heute anschaulich einzutauchen. Die zwischenzeitlich kräftigen Regenschauer erinnerten daran, dass Regenwetter für die ehemaligen Bewohner der Museumshäuser Alltag und Ernährung abhingen – Haustiere mit einbezogen.

Für die meisten Menschen heute, geht es allerdings nicht mehr um das Leben mit Haustieren, sondern mit Heimtieren. Weltweit werden Haustiere im eigentlichen Sinne Nutztiere betrachten, von Schaf und Ziege über Schwein, Rind, Pferd und Biene, bis hin in anderen Teilen der Erde zu Alpaka, Dromedar oder Wasserbüffel. Heimtiere demgegenüber, sind die mit dem Kuschelfaktor: Ihr Nutzen liegt nicht im verrichten von Arbeit oder in einem Ertrag von zum Beispiel Fleisch, Milch oder Wolle. Eine klare Abgrenzung sei wegen Überlappungen jedoch unscharf. So wird das Reitpferd nicht als Heimtier angesehen. Man unterscheidet auch zwischen Nutzgeflügel und Ziergeflügel. Und es werden zwar Wachhund und Hofkatze den Haustieren zugerechnet, Wohnungshund und -katze hingegen den Heimtieren.

Der Aktionstag bot reichlich Gelegenheit dazu, sich diesen Wandel der Mensch-Tier-Beziehung auf vielfältige Weise in Erinnerung zu rufen. Wer ist heute noch mit der ehemals weit verbreiteten Eselhaltung vertraut? Im Odenwälder Freilandmuseum erlebte man live Langohr Boldegyn, so der Name des Esels in der Fabel. Die Besitzer, Familie Englert vom Esel-Trekking Odenwald in Hardheim-Dornberg, informierten die Besucher, dass Esel mitnichten faul, störrisch und dumm sind, wie häufig kolportiert. Gerade Kindern, wenn überhaupt, sind Esel noch aus Märchen bekannt. Ihnen nun gegenüber zu stehen und ihre Anmut zu erleben, hat am Aktionstag viele Menschen bewegt.

Am Pferch neben dem blauen Haus beim Museumseingang, erlebten die Gäste des Aktionstages mit Schäferfamilie Krämer aus Bödigheim zusammen, was es mit der Schafschur auf sich hat. Gleich nebenan, im blauen Haus selbst, zeigten die Höpfinger Spinnfrauen, wie die vom Schaf genommene Wolle zunächst zu Fäden versponnen und dann zu wärmender Kleidung verarbeit wurde: Aufwand und Arbeit, statt Amazon anklicken. Um Wolle, hier allerdings von Alpakas, ging es beim Schaugehege von Ulrike Benz aus Kaltenbrunn. Für sie sind es diese Südamerikaner, die sie dabei hatte, die sie so märchenhaft findet. Weswegen ihre Zucht auch „Fairytale Alpaka“ heißt (engl.: Märchen).

Schonende Holzernte

Zu den Großen unter den Haustieren früher und heute, zählt auch das Pferd. Dessen Arbeit trägt noch heute zum Lebensunterhalt von Menschen bei. Klaus Hügel aus Assamstadt zeigte mit seinen Freiberger Kaltblutpferden auf der Wiese vor der Dreschhalle, wie Holzrücken funktioniert. In einer Zeit, wo heute motorisierte Vollernter zum Sinnbild der forstlichen Holzentnahme geworden sind, zählt das Holzrücken per Pferd allerdings noch immer zu den zwar teureren, aber doch boden- und damit waldschonenderen Holzerntetechniken. Gleich nebenan, unter dem Dach der Dreschscheune des Museums, führte Hufschmied Paul Wolfstädter aus Trennfurt am Beispiel von Isländer Ponys eindrucksvoll vor, wie Hufe gepflegt und mit Eisen beschlagen werden.

Doch nicht nur die großen augenscheinlichen Tiere fanden neugierige Beachtung der Besucher. Auch die noch immer von vielen gehaltenen Stallhasen auf der Wiese, sorgten bei so manchem für Freude beim Verweilen und Betrachten. Da es früher bei der Kaninchenhaltung um Fleischertrag und damit Nahrung für die Familie ging, waren große Rassen beliebt, wie „Deutsche Riesen“ und deren nicht reinrassigen Mixes mit anderen groß- oder mittelrahmigen Rassen. Imker Thomas Thiele war beim Aktionstag der Mittler zwischen Museumsbesuchern und den kleinsten Haustieren und übrigens Dauerbewohnern des Museums, den Honigbienen. „Die Anzahl der Besucher war wetterbedingt“, fasste Margareta Sauer, wissenschaftliche Leiterin des Odenwälder Freilandmuseums, dennoch erfreut zusammen.

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