Gemeindeverwaltungsverband Hardheim-Walldürn - Fachbehörden beanstanden Umweltprüfung / Gremium beschließt Abwägungsvorschläge einstimmig

Gewerbefläche schrumpft auf 14 Hektar

Von 
Ralf Scherer
Lesedauer: 
Der Barnholzgraben lag teilweise innerhalb des geplanten Gewerbegebiets „Schöner Busch“. Einschließlich eines zehn Meter breiten Schutzstreifens wird das Gewässer zweiter Ordnung nun von jeglicher Bebauung freigehalten. © Ralf Scherer

Walldürn. Unzureichende Umweltprüfung, schwammige Bedarfsbegründung, nach wie vor fehlende Waldumwandlungserklärung: Die Kritik der Fachbehörden an der geplanten Änderung des Flächennutzungsplans (FNP) im Bereich „Schöner Busch“ ist nach der Offenlage im April/Mai an verschiedenen Stellen deutlich ausgefallen. „Wir sehen hier die Gefahr eines verfahrenserheblichen Abwägungsmangels“, schreibt beispielsweise der Fachdienst Baurecht des Landratsamts mit Blick auf den beanstandeten Umweltbericht.

Diese Bedenken haben die Walldürner, Hardheimer und Höpfinger Vertreter in der Versammlung des Gemeindeverwaltungsverands (GVV) Hardheim-Walldürn nicht geteilt und am Donnerstag im Sitzungssaal des Höpfinger Rathauses den vom Ingenieurbüro für Kommunalplanung (IFK) erarbeiteten Abwägungsvorschlägen geschlossen zugestimmt. Mit diesem Beschluss haben sie die in den Unterlagen enthaltene Botschaft bekräftigt: „Die Bereitstellung einer gewerblich nutzbaren Fläche für ein örtliches Unternehmen wird höher gewichtet als die möglicherweise negativen Auswirkungen auf die einzelnen Schutzgüter.“

Zuvor hatte Stadtplaner Jürgen Glaser (IFK) in seinen Erläuterungen zu den Stellungnahmen die Schaffung und den Erhalt von Arbeitsplätzen als zentralen Aspekt der Planung hervorgehoben. „Dafür sind zwingend Flächen in unmittelbarer Nähe des bestehenden Betriebsstandorts erforderlich“, heißt es dazu in den Abwägungsvorschlägen. „Sollten diese Flächen nicht verfügbar sein, wird der Unternehmensstandort Walldürn von Procter & Gamble infrage gestellt. Im schlimmsten Fall wäre eine Standortaufgabe die Folge.“ An dieser Argumentation waren schon zu Beginn des Planungsverfahrens Zweifel laut geworden, die sich nun auch in den aktuellen Stellungnahmen der Bürgerinitiative „Erhalt Schöner Busch – Löschenäcker“ und der Freien Wähler Walldürn wiederfinden. Beide beanstanden darin, dass „belastbare Fakten“ hinsichtlich der Zukunftspläne von P&G fehlen und eine Erschließung des Geländes nur vertretbar sei, wenn das Unternehmen konkrete Pläne auf den Tisch legt.

Grundkonflikt thematisiert

Diese belastbaren Fakten sind die Planer auch in der Verbandsversammlung schuldig geblieben. Aus den Sitzungsunterlagen geht lediglich hervor, dass sich die Walldürner Verwaltung noch einmal bei P&G hinsichtlich des zukünftigen Flächenbedarfs erkundigt hat. „Es liegen weitere Bauvorhaben auf dem Tisch“, sprach Verbandsvorsitzender Bürgermeister Markus Günther von schriftlichen Einlassungen des Konzerns. „Diese Vorhaben sind nicht innerhalb des bisherigen Firmengeländes realisierbar.“ Konkreter wurde Günther nicht. Er ging stattdessen auf den Grundkonflikt zwischen Befürwortern und Gegnern der Planung ein: „Städtebaulich und wirtschaftlich halten wir es für sinnvoll, eine Erweiterung dort zu bündeln.“ Damit verfolge man ein legitimes Ziel, wobei auch andere legitime Ziele beachtet werden müssten. „Wenn es Beeinträchtigungen gibt, müssen diese so weit wie möglich ausgeglichen werden.“

Provokanter formulierte es Jürgen Glaser: „Gar keine Entwicklung wäre das Beste für Natur und Landschaft.“ Er sprach aufgrund der eingegangenen Stellungnahmen von einem „erhöhten Ermittlungsbedarf im Umweltsektor“. Zahlreiche Fragen beispielsweise zur Erschließung oder Entwässerung könnten jedoch erst auf der Ebene eines Bebauungsplans und nicht bereits im Flächennutzungsplan beantwortet werden.

Klarheit herrscht durch den Beschluss der Verbandsversammlung nun zumindest in einem anderen wichtigen Punkt: Die geplanten Gewerbeflächen dürfen ausschließlich für die Erweiterung von P&G genutzt werden. Sollten sich Zulieferbetriebe des Konzerns in Walldürn ansiedeln wollen, müssen diese im Verbandsindustriepark (VIP) bauen. Damit kommen die Planer den zahlreichen Kritikern entgegen, die ohne eine solche Beschränkung ein allgemeines Walldürner Gewerbegebiet „durch die Hintertüre“ und damit Konkurrenz zum Verbandsindustriepark befürchtet hatten.

Barnholzgraben neu kartiert

Zugeständnisse enthält die überarbeitete Planung auch bei der Größe des Gewerbegebiets. Statt 14,6 sind nun noch 14 Hektar vorgesehen. Geschuldet ist die Reduzierung der Kartierung des Barnholzgrabens mittels hochauflösender Luftbilder. Der als Gewässer zweiter Ordnung klassifizierte Graben war in den bisherigen Plänen mangels entsprechender Daten falsch eingezeichnet worden und lag teilweise innerhalb der Gewerbefläche. Der von der Korrektur betroffene Teil der Planung muss nun erneut öffentlich ausgelegt werden. Zu Beginn des Verfahrens sollten ursprünglich 21,6 Hektar Gewerbefläche im Bereich „Schöner Busch“ ausgewiesen werden. Um einen Puffer zur Wohnbebauung in der Waldstraße, zur Panzerstraße und zum Biotop „Rotenbuckel“ zu schaffen, schrumpfte die Fläche im Laufe des Verfahrens um sieben Hektar.

Ob nun der Zuschnitt des verbliebenen Plangebiets beibehalten werden kann oder abermals verändert werden muss, wird maßgeblich von einer erweiterten Umweltprüfung abhängen. Die zur Offenlage im April/Mai vorgelegte Umweltprüfung hat der Fachdienst „Baurecht“ des Landratsamts als unzureichend zurückgewiesen: „Trotz der von uns geforderten erhöhten Sorgfalt bleibt die Umweltprüfung in Teilen hinter dem erforderlichen Detaillierungsgrad beziehungsweise der fachlichen Aussagekraft zurück.“

Um die Erforderlichkeit des Gewerbegebiets begründen zu können, bedarf es nach Auffassung des Fachdienstes einer „ausdrücklichen Ergänzung“ des Umweltberichts, insbesondere zu Fragen des Arten-, Umwelt- und Klimaschutzes.

Darüber hinaus kritisieren das Landratsamt und das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe das Fehlen einer Waldumwandlungserklärung sowie einer Umweltverträglichkeitsprüfung – und damit verbunden eines forst- und naturschutzrechtlichen Ausgleichskonzepts. Beide sind zwingend vorgeschrieben, sobald eine mehr als zehn Hektar große Waldfläche umgewandelt werden soll. Bereits im Januar 2017 hatte das RP Freiburg auf diese Anforderungen hingewiesen. Solange die Waldumwandlungserklärung und die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vorliegen, kann kein Feststellungsbeschluss zur Änderung des FNP getroffen werden.

Nun hat die Verbandsversammlung darauf reagiert und das Ingenieurbüro für Umweltplanung Walter Simon (Mosbach) mit der Ausarbeitung des vertieften Artenschutzes und des Fachbeitrags Artenschutz als Grundlage der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Waldumwandlungserklärung beauftragt. Die Kosten belaufen sich auf 32 463 Euro. Andere Anbieter standen nicht zur Auswahl. Das Büro Simon war im Mai 2016 mit der Erstellung des von den Fachbehörden kritisierten Umweltberichts beauftragt worden.

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten