FN-Serie Walldürner Straßennamen (Teil 19) - Josef Schirmer hat Wissenswertes und Interessantes zusammengetragen

Früher der Weg der "Weißen Frau"

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Der Streckfuß führt über den ehemaligen Friedhof bis hinauf zur Schmalgasse.

© Ralf Marker

Walldürn. Die Straßennamen einer Stadt sagen viel aus über ihre Bewohner und ihre Geschichte. Sie erinnern an verdienstvolle Bürger, an Dichter, Lehrer, Musiker, Politiker, Schriftsteller und Theologen.

Manche erinnern an uralte Flurnamen, andere erhielten die Namen der Nachbargemeinden oder befreundeter Städte. Neben diesen und anderen Straßennamen kommen in Walldürn noch Namen im Zusammenhang mit der Wallfahrt zum Heiligen Blut hinzu. Was sagen uns diese Namen und wer waren die genannten Personen?

Die FN veröffentlichen zu diesem Thema eine Serie, in der die Straßennamen und Personen oder Bedeutung erläutert werden. Die Beiträge stammen aus der Feder von Josef Schirmer. Die folgenden Ausführungen geben nur eine kurze Übersicht über die circa 180 Namen der Walldürner Straße und Gassen.

Nähere Hinweise geben die volkskundlichen Arbeiten von Professor Dr. Peter Assion, August Gramlich, Dr. Rudolf Schick und Theodor Wick, die auch im Walldürner Heimatmuseum gesammelt worden sind.

Siedlungsstraße: Die Siedlungsstraße wurde früher auch "Neue Heimat" genannt. Um die in den 1920 er Jahren entstandene Wohnungsnot zu lindern, hat die Stadt im Flurgewann "Weidenäcker" Bauplätze für "kleine Leute" erschlossen und dies mit einem "außerordentlichen Holzhieb" im Stadtwald finanziert. Der Walldürner Stadtwald war schon für viele Generationen ein "Sparschwein" mit dem manche dringend notwendige Maßnahme in der Stadt finanziert werden konnte. Es entstanden die ersten Siedlungshäuser und nach dem 2.Weltkrieg wurden weitere, auch Mehrfamilienhäuser durch die Siedlungsgesellschaft der evangelischen Kirche gebaut.

Staufer Ring: Eine Seitenstraße der Alten Amorbacher Straße im "Vorderen Wasen". Die Staufer waren ein schwäbisches Adelsgeschlecht, genannt nach ihrem Stammsitz Burg Hohenstaufen. Sie erwarben 1079 das Herzogtum Schwaben. 1138 bestieg ein Staufer den Deutschen Königstron und von 1155-1190 war Friedrich I.Barbarossa Deutscher Kaiser.

Stettiner Straße: Benennung in Erinnerung an die früheren Deutschen Ostgebiete. Die Stadt Stettin war ehemals Hauptstadt der Provinz Pommern an der Oder und hatte den größten Deutschen Ostseehafen. Nach wechselvoller Geschichte wurde die Stadt nach dem zweiten Weltkrieg polnisch.

Stichelweg: Der Weg begann in der Oberen Vorstadtstraße, zwischen den Anwesen von Bäcker Müssig und Landwirte Breunig und Christophel und verlief zur Keimstraße, und über Wiesen bis zum Hainstadter Pfad. Um 1874 wird er auch Stiegelgässchen und davor Riegelgässchen genannt; heute ist die Gasse versperrt.

Storchennest: In der Marsbachstraße, in der Nähe des ehemaligen Sees, stand bis zu seinem teilweisen Abriß 1807 das Storchennest, ein Rundtürmchen, das den Bewohnern der Altstadt einen Durchgang durch die Stadtmauer zu ihren Gärten um den Marsbach ermöglichte. Es wurde zeitweise als Gefängnis genutzt und war oben mit einem Wagenrad versehen, damit Störche darauf nisten konnten. Heute ist der Turmrest überbaut, unter dem Häuschen mit den kleinen roten Dächlein.

Streckfuß: Die Gasse, von der Schmalgasse am Haus Sauter, Haus-Nummer 52 vorbei, führte früher über den alten Friedhof und der alten Lourdesgrotte und der alten Schule vorbei, bis zur Sandgasse. Nachdem die Mädchen und Frauen auf ihrem Weg zur und von der "Strickschule" in der alten Schule gerne noch auf der alten Friedhofmauer zusammensaßen und strickten, könnte der Name Streckfuß oder Strickfuß davon abgeleitet worden sein.

Eine Sage erzählt, daß die "weiße Frau" früher von den Gärten der Oberen Vorstadtstraße über den Streckfuß zum Mühlweg ging.

Sudetenstraße: Die Danziger-Königsberger-Ostpreußen- und Sudetenstraßen bilden einen kleinen Stadtteil in Walldürn und erinnern an die ehemalige Heimat vieler Vertriebener und Flüchtlinge aus den Ostgebieten-, Das Sudetenland ist ein Gebirgsland zwischen Böhmen und Schlesien das heute tschechisch ist.

Tannenweg: Zusammen mit dem Birken-Buchen-Eichen und Lärchenweg wurde der Tannenweg nach dem 2.Weltkrieg von der Stadt Walldürn im Walddistrikt Barnholz angelegt und bot vielen Flüchtlingen und Vertriebenen Bauland für ihre Siedlungsheime.

Theodor Heuss Ring: Theodor Heuss (1884-1963) war von 1924-1933 Abgeordneter des Deutschen Reichstages und von 1949-1959 der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Im Jahre 1956 besuchte er privat mit seinem Sohn Walldürn und besichtigte die Wallfahrtskirche.

Traboldsgässchen: Benannt nach der Familie Trabold, den Besitzern des früher dort gelegenen Bauernhofes. Es verläuft von der Adolf Kolping Straße, gegenüber der Volksbank-, zur Eisenbahnstraße.

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