Walldürn. Eine Feierstunde aus Anlass des Volkstrauertages fand am Sonntagvormittag wie in vielen Städten und Gemeinden des Altkreises Buchen auch in diesem Jahr wieder auf dem Walldürner Friedhof statt. Musikalisch umrahmt wurde diese Feierstunde von der Odenwälder Trachtenkapelle sowie vom Männergesangverein „Frohsinn“. Die Gedenkansprache hielt Pfarrer Karl Kreß, während vonseiten der Bundeswehr Hauptmann Sandra Neutert im Auftrag des Kommandeurs des Logistikbataillons 461, Oberstleutnant Mark Sterk, die Totenehrung vornahm und Bürgermeister Meikel Dörr die Schlussansprache hielt.
Hauptmann Neutert sagte, an diesem Volkstrauertag gedenke man der Opfer von Krieg und Gewalt, erinnere an Menschen, welche unter politischer, rassistischer oder religiöser Verfolgung gelitten hätten, und sei aufgerufen, aus der Vergangenheit zu lernen. Nach den aktuellen Geschehnissen seien die Themen Leid und Gewalt sowie Terror und Verfolgung in der Welt als auch in Deutschland präsenter denn je. Angesichts dieser grauenvollen Geschehnisse stelle sich sowohl für sie als Angehörige der zweiten Friedensgeneration als auch wahrscheinlich noch vielmehr den noch Lebenden der Kriegsgeneration die Frage: „Hat man denn nicht aus der Vergangenheit gelernt?“ Es müsse doch allen bewusst sein, dass auch in der heutigen Zeit trotz einer starken Demokratie ein Leben in Frieden und Freiheit mit Menschenrechten und einer Rechtsstaatlichkeit nicht selbstverständlich sei. Allein durch das bewusste Einsetzen für diese Werte, „der Hinkehr zur Liebe“, und dem vehementen Kampf gegen Unrecht, Extremismus, Antisemitismus und Unterdrückung und „der Abkehr von Hass“ könnten wir die Demokratie weiter schützen. Vor allem alle Soldatinnen und Soldaten als „Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in Uniform“ hätten die Pflicht, für diese Werte zu kämpfen – auch unter Einsatz ihres Lebens oder der Gesundheit.
Stadtpfarrer P. Josef Bregula OFM Conv. trug einen Bibeltext aus dem Johannes-Evangelium vor, dem die Gedenkansprache von Pfarrer Karl Kreß folgte. Auf den Bibeltext eingehend, zeigte er auf, dass vielen Menschen heute alles gleichgültig sei, sogar der Frieden in dieser Welt. Und so könnten die „Herren dieser Welt“ oftmals ihr Unwesen treiben: Putin, Hamas, Nordkorea, kriegerische Warlords in Afrika und viele andere. Der Radikalismus links und rechts der Mitte, oder der furchtbare Antisemitismus auf unseren Straßen, für den wir uns schämen müssten. Aus diesem Grunde seien wir aufgefordert, uns zu entscheiden, auf welche Art wahrer Friede zustande kommen könne.
Das Böse ist nicht aus der Welt
Durch einen Frieden, den die Soldaten gewährleisten würden, in dem sie diesen Friedensdienst tun würden, oder durch einen Frieden, den Friedensdienst Leistende tun würden? Beide bräuchten seiner Meinung nach einander, beides sei gleichviel wert. Was sei nun richtig? Wehrdienst, Friedensdienst? Er als evangelischer Pfarrer denke, beides habe seinen Platz in unserer Gesellschaft. Das tausendfache Sterben von Menschen zeige, das die Mächte des Bösen nicht aus der Welt seien und ihnen Einhalt geboten werden müsse. Das müsse die Lehre aus der Vergangenheit sein.
Letztendlich bleibe ihm als Pfarrer nur, seine Ratlosigkeit über die Wirren dieser Welt vor Gott zu bringen und ihn zu bitten, beide Seiten – Soldaten sowie die Friedensbewegung mit ihren vielfachen Aktivitäten – zu unterstützen, denn der Friede Gottes gelte nach wie vor allen Menschen. Es sei eben nicht nur ein Friede, in dem die Waffen schweigen würden, sondern ein Raum, in dem Gott mit seiner Liebe bei uns sei. Ein Raum der Versöhnung und des Friedens, der völligen Geborgenheit bei und in Gott. Daran zu erinnern sei Aufgabe des Volkstrauertags. Und Aufgabe der Pfarrer und Pfarrerinnen und aller Gemeindeglieder sei es, diese Friedensbotschaft immer und immer wieder nachhaltig der Welt zu verkünden.
Soldaten des Bundeswehrstandortes legten dann die Kränze des Kriegsopferverbandes VdK, der Stadt und des Bundeswehrstandortes zu Ehren der im 1. und 2. Weltkrieg gefallenen Soldaten vor dem Kriegerehrendenkmal nieder. Bürgermeister Dörr, Hauptmann Sandra Neutert sowie der Vertreter des VdK-Ortsverbandes Walldürn, Josef Rubey, nahmen zu einer Schweigeminute vor dem Krieger-Ehrendenkmal Aufstellung.
Bürgermeister Dörr sagte, dass man im Angesicht des Volkstrauertages nicht nur der Opfer vergangener Kriege gedenke, sondern vielmehr auch über aktuelle Konflikte, die das Weltgeschehen prägen würden, reflektiere. Der Konflikt im Nahen Osten, insbesondere mit der Hamas, verdeutliche die Dringlichkeit des Friedens und die Notwendigkeit, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Unabhängig von politischen Standpunkten würden solche Auseinandersetzungen daran erinnern, wie wichtig es sei, die Werte des Friedens, der Toleranz und der Zusammenarbeit zu fördern, um eine bessere Zukunft für alle Menschen zu schaffen.
An diesem Tag erlebe man auch den zweiten Volkstrauertag in Zeiten eines blutigen Krieges auf europäischem Boden. 71 ukrainische Menschen hätten hier in Walldürn Zuflucht gefunden und würden versuchen, hier ihr Leben neu zu sortieren, hätten Angst um ihre Freunde, ihre Familien in der Heimat, oder würden um geliebte Menschen, die Opfer dieses Krieges seien, trauern.
Der Volkstrauertag erinnert daran, dass Frieden und Freiheit keine Selbstverständlichkeit seien. Wir müssten dafür sorgen, dass sich die Schrecken der Vergangenheit nicht wiederholen werden. Dies erfordere eine aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte, eine Kultur des Dialogs und der Versöhnung sowie den Einsatz für Demokratie, Menschenrechte und Toleranz.
Jeder kann einen Beitrag leisten
Jeder Einzelne von uns könne einen Beitrag leisten, die Welt zum Besseren zu verändern – sei es durch Aufklärungsarbeit, humanitäre Hilfe oder politisches Engagement. Jede Stimme zähle, und man solle sie nutzen, um für eine Welt einzustehen, in der Frieden und Freiheit für alle Menschen Realität seien. Gemeinsam gelte es, die Stimme zu erheben und sich für eine Welt einzusetzen, in der Konflikte friedlich gelöst würden und alle Menschen in Sicherheit und Würde leben könnten.
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