Walldürn. Vorausschauend planen für zukünftigen Bedarf an Gewerbeflächen - und dadurch Arbeitsplätze in Walldürn langfristig sichern? Oder einseitige Bevorzugung wirtschaftlicher Interessen, und dabei über die Belange der Bürger hinweg gehen? So in etwa lassen sich die Standpunkte skizzieren, die während der Bürgerinformationsveranstaltung im Haus der offenen Tür aufeinander trafen. Am Freitag hatte dort Bürgermeister Markus Günther zur Diskussion in Sachen Fortschreibung des Flächennutzungsplans eingeladen.
Etwa 80 Besucher waren gekommen, darunter Mitglieder der örtlichen Bürgerinitiative, welche dieses Vorhaben kritisch betrachtet. Konkret ging es um die beiden Flächen "Schöner Busch" und "Löschacker", die im Rahmen des FNP-Verfahrens als wirtschaftlich nutzbare Gebiete im Bereich "Walddistrikt Großer Wald" ausgewiesen werden sollen.
Die erstgenannte Waldfläche grenzt unmittelbar an das Betriebsgelände der Firma Braun/Procter&Gamble an und soll vorrangig dieser für mögliche zukünftige Expansionen zur Verfügung stehen. Die südliche Grenze verläuft entlang der "Panzer"- beziehungsweise Waldstraße.
Die Gesamtfläche von 22,6 Hektar teilt sich wie folgt auf: 15, 3 Hektar Industriegebiet im östlichen Abschnitt, 2,5 Hektar reines Gewerbegebiet, 2,2 Hektar eingeschränktes Industriegebiet, 1,6 Hektar Mischgebiet und ein Hektar Grünfläche (alles westlicher Abschnitt).
Der östlich der B 27 gelegene Wiesenbereich "Löschacker" mit 14,9 Hektar ist als Gewerbegebiet geplant und soll zuvorderst "kleinteilige" Betriebe aus Walldürn anziehen. Diese Flächengrößen wurden durch die Stadt Walldürn an den GVV gemeldet und sind nicht abschließend, sondern können durch die Raumordnungsbehörde noch geändert werden.
Flächen vorhalten
Bürgermeister Günther betonte eingangs - und wiederholt im weiteren Verlauf des Abends - die Notwendigkeit seitens der Stadt, mit Blick auf die wirtschaftliche Zukunftssicherung langfristig zu planen und geeignete Industrie- und Gewerbeflächen vorhalten zu können. In den vergangenen Jahren seien insgesamt 67,8 Hektar Gewerbefläche auf Gemarkung Walldürn entwickelt worden. "Derzeit sind wir nahezu voll belegt", so Günther. Lediglich ein Hektar sei aktuell noch verfügbar, das heißt im Eigentum der Stadt.
Christoph Reif, Betriebsleiter des Braun-Werks von Procter&Gamble stellte anschließend zwei aktuelle Baumaßnahmen vor, die Erweiterung/Neubau einer Halle. Die Verlagerung eines drei Technologiestufen umfassenden Produktionsschritts nach Walldürn habe dies erfordert. Gebaut werde auf dem derzeitigen Firmengelände, dennoch seien Optionen zur Erweiterung langfristig sinnvoll.
An dieser Stelle bemerkten mehrere Vertreter der Bürgerinitiative, dass im Vorentwurf des FNP hauptsächlich mit einem zusätzlichen Flächenbedarf von Procter&Gamble argumentiert wird, dieser Bedarf aber aktuell offenbar gar nicht vorhanden sei. Weitere Kritikpunkte betrafen unter anderem die als unzureichend beurteilte Informationspolitik des GVV. Zusammen mit den Repräsentanten des GVV wies Günther diese Sichtweise zurück.
Geschäftsführer Jürgen Glaser vom Büro IFK aus Mosbach erläuterte die einzelnen Schritte des Verfahrens zur Aufstellung des FNP und legte Wert auf die dort mehrfach vorgesehene Beteiligung der Öffentlichkeit. Beim FNP gehe es - anders als beim Bebauungsplan - in groben Zügen um die Festlegung der grundsätzlichen Art der Bodennutzung. Details, inklusive tiefer gehender Prüfungen, kämen erst später zum Tragen. "Beim FNP geht es um einen Zeithorizont von zehn bis 15 Jahren". Diplom-Ingenieur Volker Simon erläutere dann detailliert die Belange von Natur- und Umweltschutz, welche nach derzeitigem Stand keine grundsätzlichen Bedenken an der Fortschreibung hervorriefen.
Schließlich stellte Bürgermeister Markus Günther dar, dass die Bürgerinformation kein Teil des formellen Verfahrens sei. "Wir haben mit dieser Veranstaltung auf die Irritationen im Vorfeld reagiert. Sie können versichert sein, dass der GVV das Verfahren ordentlich durchziehen wird". Ferner erinnerte er an die öffentliche Abhaltung der GVV-Sitzungen sowie die Einbeziehung schriftlicher Einwände in Verfahren und Abwägungsentscheid.
Seitens der Bürgerinitiative wurde argumentiert, dass "ohne unser Engagement der Abend gar nicht erst stattgefunden hätte".
Weitere Stimmen waren dann der Meinung, es gehe der Stadt "nur um das Füllen des eigenen Säckels mit Steuereinnahmen. Warum werden neue Flächen nicht über den Verbands-Gewerbepark ausgezeichnet?" chha
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/orte/wallduern_artikel,-wallduern-buergermeister-weist-vorwuerfe-zurueck-_arid,1030182.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.fnweb.de/orte/wallduern.html