„75 Jahre – FN on Tour“ - Die Fränkischen Nachrichten haben mit Erhard Lang Interessantes gesehen und von ihm Wissenswertes erfahren

Auf historischen Walldürner Pfaden unterwegs mit Erhard Lang

Eine Tour auf historischen Pfaden haben die FN mit Erhard Lang im Rahmen des 75-Jahr-Jubiläums unternommen. Der Stadtführer hatte dabei viel Wissenswertes und Interessantes zu berichten.

Von 
Ralf Marker
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Erhard Lang vor dem Hauptportal der Wallfahrtsbasilika: Das Gotteshaus und der Wallfahrtplatz gehören zu seinen Lieblingsorten in Walldürn. © Ralf Marker

Walldürn. Die Arbeit in einem Walldürner Steinbruch bot über einige Jahrzehnte viele Menschen eine Anstellung. Das war freilich eine sehr anstrengende Arbeit, sagt Erhard Lang zum Auftakt der historischen Runde. Der Abbau von Buntsandstein hat in der Stadt eine lange Tradition. Die Burg der Edelherren von Dürn oder die Kellerei des Fürstbischofs von Mainz etwa wurden mit Buntsandstein errichtet.

„Und zum Bau des Reichstagsgebäudes in Berlin wurde auch Sandstein aus Walldürn verwendet“, so Erhard Lang. Der 1952 geborene Walldürner kann sich noch an die Brüche auf der Heide erinnern: „Für uns Kinder war das Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre ein richtiger Abenteuerspielplatz.“ Er hat noch die Loren vor Augen, die voll beladen auf Schienen die Straße runter rumpelten, ehe die Steine von den Arbeitern in großen Hallen bearbeitet und zugeschnitten wurden. „Das war ein Riesenlärm, wenn die großen Sägeblätter durch den Stein gingen. Und alles war voller Schlamm, weil die Sägeblätter mit viel Wasser gekühlt wurden.“ Im Bereich des Karl-Langer-Wegs und der Mozartstraße oberhalb der heutigen B 47 standen die Hallen, in den jahrelang das Material bearbeitet und versandfertig gemacht wurde.

Begehrter Baustoff

Aber der Buntsandstein wurde nicht nur in ganz Deutschland verarbeitet, sondern auch in der Region – und natürlich in Walldürn. Mehrere Sandsteingebäude im Villenstil stehen zum Beispiel in der Bonnstraße. Diese Sandsteinbauten stehen für einen markanten Wechsel in der Geschichte des Hausbaus in Walldürn, ebenso wie in der Umgebung im östlichen Odenwald im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Nach Beendigung des Deutsch-Französischen Krieges 1870 und 1871 und Gründung des Deutschen Reiches brach auch in Walldürn, wie im gesamten Reich, ein Wirtschaftsboom an, der die sogenannten „Gründerjahre“ einleitete. Diese zogen im Bereich des Bauens optische Veränderungen nach sich: Wohnhäuser wohlhabender oder wohlhabend werdender Bürger und öffentliche Gebäude wurden in Stein, dem heimischen Buntsandstein gebaut, der typischen Gesteinsart des östlichen Odenwaldes. Er löste die frühere Fachwerkbauweise ab.

Das Steinbruchgewerbe war im Verlauf des 19. Jahrhunderts aufgekommen – die Verbesserung des Verkehrswegesystems, vor allem der Eisenbahnwegbau förderte den Absatz enorm. Der gefährliche Beruf des Steinhauers – genannt sei hier nur die Staublunge – gab vielen Walldürner lange Zeit Arbeit und Brot. In den 1960er Jahren endete der Abbau von Buntsandstein dann, weil er nicht mehr rentabel war.

Weiter geht der Weg über den Schirrmannweg am Freibad vorbei. Das 1932 eröffnete Bad ist das älteste seiner Art in der Region. Erhard Lang war und ist dort immer wieder Gast. „Damals war das alles aber noch nicht so komfortabel wir heute. Da standen Holzbuden, da waren die Umkleiden drin, das war’s dann aber auch schon.“

Ein paar Schritte weiter stehen wir an der Miltenberger Straße, vor dem Bau der Umgehungsstraße B 47 die Straße für den Verkehr aus dem Maintal heraus und ins Maintal hinein. „Die alte B 47“ nennt sie Erhard Lang. „Damals ist der ganze Verkehr durch die Stadt gerollt, über die Hauptstraße. Der Pkw-Verkehr, aber auch die Schwertransporte. In beide Richtungen.“ Heute kaum vorstellbar, wenn man sich anschaut, wie eng die Hauptstraße an einigen Stellen ist. Eine Einbahnstraße oder eine Fußgängerzone – auch das war die Hauptstraße schon –, waren in diesen Zeiten überhaupt kein Thema. „Da war schon morgens ordentlich was los, viel Betrieb und vor allem viel Lärm. Da ist alles durchgedonnert.“

Noch einmal ein paar Schritte fällt der Blick auf das frühere Café Käth. Bekannt auch als „Café bück dich“, weil im Innern an einer Stelle die Decke etwas niedrig war. „Das Café, vor allem aber der Besitzer Robert Leiblein waren in Walldürn und darüber hinaus eine Institution“, so Lang.

Auf historischen Fundamenten stehen die Häuser auf der linken Seite der Seestraße: Hier verlief früher die Stadtmauer. © Ralf Marker

Am Eingang zur Hauptstraße wendet sich das Thema der Gastronomie zu. In der Kernstadt gab es in früheren Jahren über 35 Wirtschaften, so Lang. Längst vergessene Namen fallen: „Adler“, „Schlüssel“, „Stern“, „Deutscher Hof“ oder „Ochsen“. Immerhin, einige gibt es bis heute, das „Burgtörle“ zum Beispiel. „In den vier Wochen der Hauptwallfahrtszeit haben die Wirte einen großen Teil ihres Jahresumsatzes erwirtschaftet.“

Der „Zwei-Mann-Trupp“ auf historischen Pfaden bleibt bei seiner Tour durch die Innenstadt natürlich nicht unentdeckt. Es gibt Unterhaltungen, bei denen viele Anekdoten und Lokalgeschichten erzählt werden. „Weißt Du noch...“ oder „Damals...“, das war an diesem Tag ein paar Mal zu hören.

In der Hauptstraße stehen einige Geschäfte leer. Das war nicht immer so, in früheren Jahren gab es hier Läden, die kennt mancher freilich nur noch vom Hörensagen. Nicht das Geschäft an sich, viel mehr das, was dort verkauft wurde. „Da war mal ein Schallplattenladen“, zeigt Erhard Lang auf ein Geschäft mit blinden Schaufenstern in der Mitte der Hauptstraße. „Da sind wir als Jugendliche immer hin, und haben uns die neuesten Singelauskoppelungen geholt.“

Auf Fundamenten der Stadtmauer

An der Seestraße geht die Zeit weit zurück ins Mittelalter. „Hier stand das Buchener Tor“, einer der Eingänge in der Stadtmauer, durch die Einwohner und Besucher in die und aus der Stadt kamen. Von der Stadtmauer ist nicht viel übrig geblieben. „Aber die Häuser auf der linken Seite der Straße stehen alle auf den Fundamenten der Stadtmauer“, sagt Erhard Lang.

Vor dem ehemaligen „Reichsapfel“ – auch eine der längst geschlossenen Wirtschaften –, richtet sich der Blick auf den Keller. „Der ist groß, und dort soll auch ein Fluchtweg enden, der direkt vom ehemaligen Schloss in diesen Keller führt. So war eine Flucht aus der Stadt möglich.“

Die Tour endet an der Basilika, vor dem Hauptportal. Das Gotteshaus, der Wallfahrtsplatz – das sind Lieblingsorte von Erhard Lang. Die barocke und mit odenwaldtypischen Buntsandsteinen erbaute Wallfahrtskirche – da sind wir wieder am Anfang des Rundgangs – wurde am 16. Februar 1962 durch den damaligen Papst Johannes XXIII. zur „Basilika minor“ erhoben. Der Mainzer Kurfürst und Erzbischof Lothar Franz von Schönborn ließ diese Kirche zwischen 1698 und 1728 erbauen. Vor allem das Innere der Basilika besticht durch die prächtige Barockausstattung nach italienischer Art.

Lohnender Rundgang

Gruppen können eine Kirchenführung mit oder ohne Orgelspiel buchen – und da kommt Erhard Lang ins Spiel. Der Stadt- und Kirchenführer gibt Interessenten gerne Einblicke in die Geschichte der Stadt und der Basilika. Lohnend ist das allemal, wie der Redakteur der FN an diesen Nachmittag erfahren hat.

Redaktion Redakteur bei den FN

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