Walldürn. Die Forderung der „Bürgerinitiative Walldürn – Für Mensch und Natur“ und des Biotopschutzbunds Walldürn ist unmissverständlich: Die geplante Wohnbaufläche „Vorderer Wasen II“ am westlichen Stadtrand von Walldürn soll aus dem Entwurf des Flächennutzungsplans (FNP) 2030 des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Hardheim-Walldürn gestrichen werden.
Um das Areal „Vorderer Wasen“ als wertvollen Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten, aber auch als wichtiges Naherholungsgebiet für die Bevölkerung zu erhalten, haben Vertreter des Bündnisses aus Bürgerinitiative und Biotopschutzbund am Freitag eine 50-seitige Stellungnahme zum Entwurf des FNP 2030 übergeben. In der Anlage zur Stellungnahme sind 1212 Unterschriften von Bürgern enthalten, die sich ebenfalls gegen eine Bebauung des Areals „Vorderer Wasen II“ aussprechen.
Drei Wochen lang hatten Bürgerinitiative und Biotopschutzbund an Ständen im Stadtgebiet über die Planung informiert und waren auf großen Zuspruch gestoßen. „Das Ergebnis ist hervorragend“, betonte Martin Kuhnt nach der Übergabe des gut gefüllten Aktenordners. Als einer der Sprecher der Bürgerinitiative war Kuhnt insgesamt zwölf Stunden an den Informationsständen präsent.
Viel Zuspruch, kaum Kritik
Kritik an den Zielen der Bürgerinitiative und des Biotopschutzbunds sei in dieser Zeit nur in wenigen Fällen geäußert worden. Den zahlreichen Unterzeichnern sei es über den Erhalt des „Vorderen Wasen“ hinaus darum gegangen, den großen Flächenverbrauch generell zu stoppen. „Viele sind sogar gezielt an unsere Stände gekommen“, so Kuhnt. In den Gesprächen sei immer wieder zum Ausdruck gekommen, „dass das so nicht richtig ist, wie es läuft.“
Wie es nach Auffassung der Bürgerinitiative und des Biotopschutzbunds stattdessen laufen müsste, haben die Vertreter des Bündnisses in ihrer Stellungnahme detailliert aufgelistet. Nach Hinweisen auf die Vorgaben des Landesentwicklungsplans und der Regionalplanung setzen sie sich kritisch mit der Begründung des FNP 2030 auseinander und zeigen Alternativen auf.
Erhebliche Zweifel haben sie nicht nur an der Plausibilität der Berechnung des zukünftigen Wohnraumbedarfs. Auch was die Schaffung von Wohnraum in der Innenstadt betrifft, stellen die Vertreter des Bündnisses den Planungsverantwortlichen kein gutes Zeugnis aus. „Niemand hat sich mit Alternativen beschäftigt“, kritisierte Kuhnt.
Zwar werde in der Begründung zum FNP 2030 mehrfach ein Programm namens „Raum und Monitor“ zur Ermittlung des Wohnraumbedarfs genannt. Zur Ermittlung von Leerständen in der Innenstadt sei in den Planungsunterlagen jedoch nichts zu finden, obwohl dieses Programm auch dafür geeignet sei.
„Die Frage der Leerstände wird vollkommen ignoriert“, betonte Kuhnt. „Wie viele Gebäude in den kommenden Jahren auf den Markt kommen werden, ist nirgends erfasst.“
Die gesamte Widersprüchlichkeit der Planung wird für die Bürgerinitiative und den Biotopschutzbund auch am Beispiel des Naturparks Neckartal-Odenwald deutlich. Walldürn habe als Mitgliedsgemeinde an der Festlegung der Ziele des Naturparkplans 2030 mitgewirkt. Zu den Projekten in den kommenden zehn Jahren zähle unter anderem der Erhalt von Streuobstwiesen. Gleichzeitig schwöre Walldürn mit der geplanten Umwandlung des Gebiets „Vorderer Wasen II“ eine genau gegenteilige Entwicklung herauf.
„Denkweise von Vorgestern“
Im Ergebnis attestieren die Vertreter des Bündnisses den Planungsverantwortlichen „eine Denkweise von Vorgestern“. Die in der Innenstadt vorhandenen Potenziale seien bei weitem nicht berücksichtigt, geschweige denn genutzt worden. „Da ist seit Jahren nichts passiert“, monierte Markus Kreis, Sprecher der Bürgerinitiative. Jedes neue Baugebiet schwäche die innerstädtische Entwicklung. Jeder Euro, der für Neubauten am Stadtrand ausgegeben werde, fehle in der Innenstadt. „Die Kommune muss erkennen, dass nicht immer weiter auf der grünen Wiese gebaut werden kann“, stellte Kuhnt fest.
Was die Wirkung ihrer Stellungnahme betrifft, geben sich die Verantwortlichen der Bürgerinitiative und des Biotopschutzbunds trotz der großen Unterstützung keinen Illusionen hin. Sie wünschen sich ein Umdenken der Verantwortlichen in Walldürn, gehen aber davon aus, dass die Entscheidung am Ende in Karlsruhe getroffen wird.
Dort hat der GVV beim Regierungspräsidium (RP) ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren beantragt. Nur wenn die höhere Raumordnungsbehörde dem Antrag zustimmt, kann die Planung im Bereich „Vorderer Wasen II“ fortgeführt werden. Aber auch in Karlsruhe scheint es Bedenken gegen das Vorhaben zu geben.
Auf Nachfrage der Fränkischen Nachrichten bestätigte Irene Feilhauer, Pressesprecherin des RP, dass über eine Aussetzung des Verfahrens nachgedacht werde. Eine Entscheidung sei aber noch nicht getroffen worden.
Auf der Ebene des GVV werden nun alle im Rahmen der Offenlage eingegangenen Stellungnahmen in den kommenden Wochen gesichtet und bewertet. „Wir versuchen, das zügig zu bearbeiten“, erklärte Alexander Beuchert, Sachgebietsleiter beim GVV, nachdem er den Eingang der Stellungnahme der Bürgerinitiative und des Biotopschutzbunds bestätigt hatte. Für zwei Fachbehörden habe man die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme verlängert. Eine Prognose, wann die nächsten Verfahrensschritte anstehen, wollte Beuchert nicht abgeben.
Klarer positionierte sich diesbezüglich Martin Kuhnt. „Das wird bis Ende des Jahres nichts mehr“, gab er sich mit Blick auf den in der Versammlung des GVV Ende Mai skizzierten Zeitplan zur Verabschiedung des FNP 2030 zuversichtlich.
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