Pferdeprozession

Vor 90 Jahren gab es eine Neuauflage des Wolfgangsritts in Distelhausen

Traditionsveranstaltung findet am 9. Juni statt. St. Wolfgangskapelle wurde vor 540 Jahren zur Wallfahrtskapelle.

Von 
Uwe Büttner
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Dank des Theologieprofessors Hugo Stolz wurde der Wolfgangsritt 1935 wiederbelebt - hier die erste Prozession durch den mit Fahnen beschmückten Ort © Sammlung Uwe Büttner

Tauberbischofsheim. In diesem Jahr gibt es am Pfingstmontag gleich zwei runde Geburtstage in Distelhausen. Vor 540 Jahren wurde die 1472 erbaute St. Wolfgangskapelle durch päpstlichen Erlass vom 16. Mai 1485 zur Wallfahrtskapelle ernannt. 1935, vor 90 Jahren, konnte nach über 130-jähriger Pause dank des Engagements des in Distelhausen geboren Theologieprofessors Hugo Stolz wieder eine Pferdeprozession durchgeführt werden. In den vergangenen Jahrzehnten erhielten über 5000 Pferde und Reiter den Segen an der Wolfgangskapelle.

Pferdeprozessionen wurden zwischenzeitlich verboten

1472 wurde das kleine Kirchlein an der Tauber durch Hans Klinger von Hall erbaut. Durch päpstliche und erzbischöflich mainzische Ablässe wurde die kleine Kapelle 1485 zur Wallfahrtskapelle ernannt. Die Beurkundung im Mainzer Ingrossaturbuch ist auf den 16. Mai 1485 datiert. Bis zum Jahre 1806 fanden hierher zahlreiche Prozessionen statt. Mit Beginn der Säkularisation wurden die Pferdeprozessionen verboten und gerieten schließlich in Vergessenheit.

Ab 1931 beschäftigte sich der in Distelhausen geborene und in Mannheim wirkende Theologieprofessor Hugo Stolz mit der Geschichte der Prozessionen in seiner Heimatgemeinde. Im Staatsarchiv Würzburg entdeckte er schließlich die Urkunde aus dem Jahre 1485. Mit Unterstützung des Distelhäuser Pfarrgemeinderates unter Leitung von Pfarrer Anton Volk erreichte er schließlich mit Einwilligung der Erzdiözese Freiburg die Wiedereinführung der traditionellen Pferdewallfahrt in Distelhausen. Pfingsten 1935 war es endlich so weit und die erste feierliche Prozession konnte nach 130 Jahren Zwangspause wieder stattfinden.

Pfarrer Anton Volk schrieb über das Ereignis einen ausführlichen Bericht, den er an die Erzdiözese Freiburg schickte: Am 10. Juni 1935 um halb neun Uhr setzte sich die Prozession von der Musikkapelle begleitet vom Gotteshause (St. Markus Kirche) aus in Bewegung. Schulpflichtige Knaben, Mädchen, Jungmänner, Jungfrauen, Cäcilienchor, etwas über 40 Reiter, die einen imponierenden Eindruck machten, die Geistlichkeiten Professor Stolz und Ortspfarrer Anton Volk, Fremde waren nicht da, Männer und Frauen. Was einigermaßen mitmachen konnte, war anwesend. Das Allerheiligste wurde natürlich nicht mitgetragen. Nach Vortrag eines Heiliggeistliedes predigte Professor Stolz etwa 40 Minuten lang. Dabei sagte er: „Der heutige Tag ist: Erstens ein Tag der Freude, zweitens ein Tag des Dankes gegen Gott und drittens ein Tag des Vertrauens auf Gott.“

Bei der Pferdesegnung war es ganz ruhig

Nach der Predigt wurde die Pferdesegnung vorgenommen. Alle waren merkwürdigerweise ganz ruhig; jedes Pferd wurde mit Weihwasser besprengt. Die Pferdebesitzer umsäumten den Platz um die Kapelle. Das Amt hielt der Festprediger Stolz, ein brausendes „Ta Deum“ beschloss die schön verlaufende Feierlichkeit. In geordnetem Zuge – auch die Reiter fehlten nicht – ging es wieder prozessional zur Pfarrkirche zurück. Abends 8 Uhr war in einer Wirtschaft (Grüner Baum) Familienabend, der auch gut besucht war.

Bis 1939 fanden jedes Jahr die Prozessionen in Distelhausen statt. Ab 1940 wurden wegen der Gefahr von Fliegerangriffen keine weiteren Prozessionen genehmigt, lediglich die Pfingstfeierlichkeiten rund um die Wolfgangskapelle fanden noch bis 1941 statt. In den folgenden Kriegsjahren gab es keinen Wolfgangsritt. Erst 1946, ein Jahr nach Kriegsende, wurde von Pfarrer Eugen Reinhard wieder eine Pfingstprozession mit Wolfgangsritt, an dem 46 Pferde gesegnet wurden, durchgeführt.

In den folgenden Jahrzehnten fand immer am Pfingstmontag unter großer Beteiligung der Gläubigen die Wallfahrtsprozession statt. Viele Geistliche nahmen hoch zu Ross an den Prozessionen teil. Seit der Wiedereinführung der Pfingstprozession im Jahre 1935 erhielten über 5000 Pferde und Reiter, darunter auch zahlreiche prächtige Gespanne, den Segen an der romantisch gelegenen Wolfgangskapelle in Distelhausen. In diesem Jahr findet der Wolfgangsritt mit der Prozession von der St. Markus Kirche zur Wolfgangskapelle am Montag, 9. Juni, um 9.30 Uhr statt.

Festprogramm Distelhäuser Pfingsttage

Am Samstag, 7. Juni, beginnt der Festbetrieb um 18.30 Uhr. Ab 19.30 Uhr spielen die Albachtaler im Festzelt bei freiem Eintritt. Am Sonntag, 8. Juni beginnt das Festprogramm bereits um 10 Uhr mit einem Frühschoppen im Festzelt. Ab 12 Uhr spielt die Winzerkapelle Beckstein im Festzelt auf. Am Kindernachmittag werden unter anderem Kinderschminken und eine Hüpfburg angeboten. Ab 19.30 Uhr heißt es wieder rein in Lederhosen oder Dirndl bei der Distelhäuser Trachtenparty mit den „Partyräubern“ (Eintritt frei). Der Wolfgangsritt beginnt am Pfingstmontag, 9. Juni, um 9.30 Uhr an der St. Markus Kirche. Ab 10.30 Uhr Festbetrieb im Festzelt mit der Musikkapelle Distelhausen, danach spielt ab 13 Uhr die Musikkapelle Grünsfeld. Ab 17 Uhr gibt es den böhmisch-mährischen Nachmittag mit den Eiersheimer Musikanten. Ab 13.30 ist das Bauernhofmuseum von Bertold Hollerbach geöffnet.

Erst 1946 konnte nach der Zwangspause wieder ein Wolfgangritt stattfinden – hier im Jahr 1955 mit der Wolfgangsstandarte © Sammlung Uwe Büttner

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