Main-Tauber-Kreis. Der Entwurf des Bundeshaushalts 2024 sieht für die Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte (MBE) sowie im Jugendmigrationsdienst (JMD) Kürzungen um bis zu 30 Prozent vor. Der DRK-Kreisverband Tauberbischofsheim, Träger der MBE und JMD im Kreis, warnt: „Dies hätte verheerende Auswirkungen auf die etablierte Beratungslandschaft und ginge nicht nur zu Lasten der Zielgruppen der Programme und der Mitarbeitenden vor Ort.“
Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege sowie der Bund der Vertriebenen (BdV) sind Träger der MBE und organisieren die Beratung vor Ort. Derzeit können Ratsuchende bundesweit 1285 Beratungseinrichtungen aufsuchen. Die Förderung der Migrationsberatung über das Bundesinnenministerium soll von 81,5 Millionen Euro (2023) auf 57,5 Millionen Euro reduziert werden. 2022 sind 2,7 Millionen Menschen nach Deutschland zugewandert, darunter 1,2 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine. Zusätzlich wurde die Zielgruppe der MBE 2023 aufgrund von Gesetzesänderungen so erweitert, dass viel mehr Menschen als zuvor die Beratungsleistungen der MBE in Anspruch nehmen können.
In Baden-Württemberg ziehe die Kürzung des Titels MBE entweder die komplette Schließung eines Drittels aller Standorte oder eine entsprechende Reduzierung der Integrationsförderung an allen Standorten nach sich. Fachkräfte würden den Bereich verlassen müssen.
Eine Willkommenskultur für zuwandernde Fachkräfte und ihre Familien hat sich als ausschlaggebend für deren Verbleib in Deutschland und das Thema Fachkräftebindung gezeigt. Damit Schutzsuchende schnell Deutschkurse belegen, ihre beruflichen Abschlüsse anerkannt bekommen können, in der Zeit eine Kinderbetreuung und Existenzsicherung für ihre Familie haben, ist Unterstützung durch die MBE wichtig. Regeldienste, gesellschaftliche Institutionen, Arbeitgeber, Ehrenamtliche, Behörden profitieren von diesem Angebot ebenso wie die Zugewanderten. MBE ist ein bedeutender Faktor zur Unterstützung von bleibeberechtigten Flüchtlingen im Integrationsprozesse. Die geplanten Kürzungen torpedieren diese Ziele.
Auch der DRK-Kreisverband Tauberbischofsheim plädiert dafür, all diese Strukturen nicht zu zerstören. Er schließt sich der Forderung an, die Strukturen und Finanzmittel für die MBE langfristig sicherzustellen.
2200 Ehrenamtliche
Rund 500 JMD mit mehr als 700 Hauptamtlichen und 2200 Ehrenamtlichen begleiten bundesweit junge Menschen mit Einwanderungsgeschichte von zwölf bis 27 Jahren. Individuelle Beratung und Begleitung, Gruppenangebote sowie eine intensive Vernetzung mit Schulen, Ausbildungsbetrieben, Bildungs- und Integrationskursträgern, Einrichtungen der Jugendhilfe sowie Behörden zählen zu den wesentlichen Aufgaben der JMD. Das Programm „Respekt Coaches“ erweitert seit 2018 die JMD-Arbeit um politische Jugendbildung an Schulen. Der Kreisverband Tauberbischofsheim ist hier an Schulen in Lauda-Königshofen tätig.
Laut der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg sollen die Bundesmittel für die JMD inklusive des Teilprogramms „Respekt Coaches“ von aktuell 83,85 Millionen Euro Bestandsfinanzierung (99,85 Millionen Euro inklusive durch Lobbyarbeit erreichte Aufstockungen 2023) auf 63,80 Millionen Euro gekürzt werden.
Als Komplementärprogramm zur MBE haben die JMD weitgehend die gleichen Inhalte Aufgaben wie die MBE, nur für eine jüngere Zielgruppe.
Die Auswirkungen der Kürzungen wären somit weitgehend deckungsgleich. Das Programm JMD „Respekt Coaches“ (RC) widmet sich der Primärprävention gegen politischen und religiösen Extremismus an Schulen. Es leistet wichtige Dienste zur Stärkung der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Der DRK-Kreisverband Tauberbischofsheim schließt sich der Forderung an, den JMD und seine Teilprogramme weiterhin im bisherigen Umfang von 2024 zu unterstützen.
Der DRK-Kreisverband Tauberbischofsheim als Träger der MBE und JMD im Kreis ist sicher, dass sich die geplanten Kürzungen nicht nur zu Lasten der Zielgruppen der Programme und der Mitarbeitenden vor Ort auswirken. Bedroht sei auch der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland. „Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Beratungsstrukturen zu retten“, betont Felix Müller, Leiter der Migrations- und Suchdienste im DRK-Kreisverband Tauberbischofsheim. „Als erste Auswirkung der im Bundeshaushalt 2024 vorgesehenen Kürzungen muss das Programm JMD Respekt Coaches, in dem Theresa Reichenberger arbeitet, zum Jahresende vorzeitig beendet werden.“
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