Tauberbischofsheim. „Amor vincit omnia“ – „die Liebe ist stärker“. Sie überwindet die Macht des Bösen und alle Verlockungen dieser Welt. Davon handelt „Krabat“, der Jugendbuch-Klassiker von Otfried Preußler. Die Theater-AG des Matthias-Grünewald-Gymnasiums brachte den Roman in einer Bearbeitung von Nina Achminov auf die Bühne. Zwei atmosphärisch dichte Aufführungen begeisterten das Publikum in der Stadthalle.
Die Geschichte von „Krabat“, dem Waisenjungen, der sich in der Mühle im Koselbruch verdingt, um das Müllerhandwerk bei dem geheimnisvollen Meister zu erlernen, hat Otfried Preußler 1971 veröffentlicht. Seitdem hat sie nichts von ihrer Faszination verloren. Das liegt auch daran, dass sie zeitlose Themen wie Freundschaft und Zusammenhalt, den Umgang mit dem Tod und die alles überwindende Kraft der Liebe verhandelt.
Sie lässt sich aber auch als Auseinandersetzung des Autors mit der NS-Vergangenheit verstehen. Preußler meldete sich 1942 nach dem Abitur von der Schulbank weg zum Kriegsdienst. 1944 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft. „Krabat“ sei die Geschichte „eines jungen Menschen, der sich mit finsteren Mächten einlässt, von denen er fasziniert ist, bis er erkennt, worauf er sich da eingelassen hat“, erklärte er 1998 im Rückblick. „Es ist zugleich meine Geschichte, die Geschichte meiner Generation, und es ist die Geschichte aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken.“
Diese Vielschichtigkeit macht den Reiz des Romans aus. Diese Vielschichtigkeit kam auch in der Inszenierung des Matthias-Grünewald-Gymnasiums zur Geltung. Regisseurin Jessica Hecht und ihr Team (Sophie Slabschi, Anja Beckhaus-Kropp, Birgit Hartmann) hatten sich einiges einfallen lassen, um das Geschehen möglichst anschaulich auf die Bühne zu bringen. Ein überdimensionales Mühlrad, eine historische Kutsche und Illuminationen bäuerlicher Landschaften schufen eine Atmosphäre, die das Publikum von Beginn an in den Bann zog.
Im Roman spielt die Farbgebung eine besondere Rolle. Die dunklen Mächte des Bösen stehen im Kontrast zur realen Welt. Die Lichtgestaltung der Inszenierung spiegelte diesen Interpretationsansatz wider. Während das mysteriöse Geschehen in der Mühle in fahles Licht getaucht war, spielten die dörflichen Szenen sich im Hellen ab.
Ähnlich die Figurenzeichnung. Robert Benz glänzte als dämonisch-verführerischer Meister. Sein an einen alten Wehrmachtsmantel erinnerndes Gewand stellte die Verbindung zu den dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte her. „Krabat“ durchläuft dagegen während der Zeit auf der Mühle im Koselbruch einen Wachstums- und Entwicklungsprozess. Ein kluger Schachzug war es, die Titelrolle mit zwei Akteuren zu besetzten. Katja Kropp gab den jungen „Krabat“, der unbekümmert und etwas naiv sich auf das Abenteuer in der Mühle einlässt. Reifer und nachdenklicher zeigte sich Jonathan Horn als ältere „Krabat“.
„Krabats“ Rettung aus den Fängen des Bösen ist die Kraft der Liebe in Gestalt der namenlosen Kantorka (Frederike Ebers). Sie war in helles Licht getaucht, weil sie reinen Herzens ist und ganz ohne magische Fähigkeiten auskommt. Zum Ausdruck kam das im Osterhymnus, bei dem Johanna Schreck der Kantorka ihre glockenhelle Stimme lieh.
Auch die Schüler in den Nebenrollen glänzten. Insgesamt zählte die Inszenierung rund 40 Akteure aus den Klassen 6 bis 12. Freyja Kohlhepp zeigte als „Tonda“ den wahren Wert der Freundschaft. Alexandra Petras mimte augenzwinkernd den „Juro“, der sich dumm stellte, um den Nachstellungen des Meisters zu entgehen. Lina Farny gelang es ohne Worte, die diabolische Ausstrahlung des „Gevatters“ zu vermitteln.
Johanna Seidenspinner und Lotta Neuhäuser hatten mit ihren dialektalen Reminiszenzen als Bauern auf dem Viehmarkt die Lacher auf ihrer Seite. Ein besonderer Clou war der von Sportlehrerin Julia Fromm einstudierte „Hahnenkampf“, mit dem Klara Stein, Merle Trill und Zoe Thoma den finalen Kampf zwischen dem Meister und dem Teufel symbolisierten.
Noch ein Wort zur Zauberei: Sie ist konstitutiv für die düstere Atmosphäre im Roman. Einige pfiffige Ideen, darstellerisches Geschick und eine kräftig sprühende Nebelmaschine (Technik: Janosch Khanna, Philipp Grimm und Hendrik Ulsamer) führten dazu, dass die Zuschauer der Faszination des Unheimlichen erlagen.
Die Aufführungen der Theater-AG waren zweifelsohne ein Höhepunkt des zu Ende gehenden Schuljahres. Die Hoffnung ist, dass das Team in der Konstellation zusammenbleibt. Von dieser Truppe ist nämlich noch einiges zu erwarten.
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