Matthias-Grünewald-Gymnasium

Oberschüler lasen Texte aus der Autobiografie von Primo Levi vor

Holocaust-Gedenktag rief die Greueltaten in den Konzentrationslagern im NS-Deutschland in Erinnerung

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mgg
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Oberstufenschüler und Deutschlehrerin Jessica Hecht (links) bei der Gedenkveranstaltung zum Holocausttag in der verdunkelten Mensa des Matthias-Grünewald-Gymnsiums. © MGG/Ulrich Feurstein

Tauberbischofsheim. Ende Januar 1945 befreite die Sowjetarmee das Vernichtungslager Auschwitz. Aus diesem Anlass fand am Matthias-Grünewald-Gymnasium (MGG) eine Gedenkveranstaltung statt. Schüler der Oberstufe lasen Texte aus Primo Levis Autobiografie „Ist das ein Mensch?“

In Auschwitz wurden zwischen 1940 und 1945 rund 1,5 Millionen Menschen ermordet. Männer, Frauen, Kinder. Die meisten von ihnen Juden. Bei der Befreiung trafen die sowjetischen Truppen noch etwa 7000 Überlebende an, darunter etwa 650 Kinder und Jugendliche. Von diesen Überlebenden starben in den folgenden Tagen noch viele an Krankheit und Schwäche.

Einer der Überlebenden war der damals 25-jährige Primo Levi, Italiener, Chemiker, Sohn jüdischer Eltern. Noch im Lager hatte er angefangen, seine Erlebnisse in Auschwitz heimlich aufzuschreiben. Er war überzeugt davon, dass man der Welt, der Nachwelt von dieser Entmenschlichung, von den unfassbaren Verbrechen der Deutschen berichten müsse.

Auszüge aus seiner Autobiografie mit dem Titel „Ist das ein Mensch?“ lasen Schüler aus den beiden Deutsch-Leistungskursen der Jahrgangsstufe 2 bei der Gedenkveranstaltung am MGG. In der verdunkelten Mensa erhellten einzelne Kerzen den Raum, die nach und nach gelöscht wurden.

„Wir wollten diesen Gedenktag ausrichten, um dem Thema der Erinnerungskultur Raum zu geben an unserer Schule“, erklärte Jessica Hecht. Die Deutschlehrerin hatte zusammen mit den Oberstufenschülern die Veranstaltung vorbereitet. Sie nannte es ein besonderes Anliegen, ein Bewusstsein für die aus der Shoah erwachsende Verantwortung für die Gestaltung der Zukunft zu entwickeln. Die Schule werde damit auch dem vom Lehrplan vorgegebenen Oberthema „Demokratiebildung“ gerecht.

Der Weg zum Bewusstsein geht Hechts Auffassung zufolge über reines (Unterrichts-)Wissen hinaus. Emotionale Berührung hielt sie für genauso wichtig. Literatur sei dafür besonders geeignet. „Die Symbolik der Kerzen und der Dunkelheit sollten das deutlich machen.“ Die Schüler haben das Anliegen verstanden. „Ich finde es wichtig, dass an unserer Schule an die vielen Opfer des Holocausts gedacht wird und sich kein Vergessen einstellt“, erklärte Lennart Erlenbach. Der Schülersprecher fand die Textauswahl sehr gelungen. „Sie hat es möglich gemacht, besser zu fühlen, was Menschen erleiden mussten.“

„Die Texte gingen unter die Haut und haben uns alle sehr berührt“, meinte Mia Dietz. Dieser besondere Gedenktag habe die Grausamkeit der NS-Diktatur vor Augen geführt und an die Schicksale derer erinnert, der ihr zum Opfer gefallen sind.

Von einem „bewegenden Blick“ auf das verbrecherische NS-Regime, sprach Lilly Rieger. Die Geschichte eines Überlebenden habe ihr bewusst gemacht, wie wichtig es ist, Geschehenes schriftlich festzuhalten, um die Nachwelt aufzuklären.

Die Lichtsymbolik fanden die Schüler besonders eindrucksvoll. „Jede Kerze, die nach jedem Textabschnitt erlosch, brachte eine immer düster werdende Stimmung in den Raum“, berichtete Lennart Erlenbach. Damit sei deutlich geworden, dass so etwas niemals mehr geschehen dürfe.

Ganz ähnlich hat es schon Primo Levi gesehen. In seinem 1947 in Turin verfassten Nachwort schreibt er: „Ich glaube, in den Schrecken des Dritten Reichs ein einzigartiges, exemplarisches, symbolisches Geschehen zu erkennen, dessen Bedeutung allerdings noch nicht erhellt wurde: die Vorankündigung einer noch größeren Katastrophe, die über der ganzen Menschheit schwebt und nur dann abgewendet werden kann, wenn wir alle es fertigbringen, Vergangenes zu begreifen, Drohendes zu bannen.“ mgg

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