Tauberbischofsheim. Mit einem Gespür für nachgefragte Unterhaltung in bewegten Zeiten präsentierte sich die Badische Landesbühne als fiktive Laientheatergruppe der – frei erfundenen – Technischen Hochschule Bruchsal. Mit der Kriminalkomödie „Mord auf Schloss Haversham“ gelang ihr vor über 250 Zuschauern in der Tauberbischofsheimer Stadthalle ein fulminanter Auftakt in die neue Spielzeit.
Das Feuerwerk an Gags und Slapstick-Elementen geht auf das Konto dreier Studenten, die 2008 im Studium ihr eigenes Ensemble ins Leben riefen und mit ihrem Mix aus Improvisationstheater und Comedy für Furore sorgten.
Wer unvorbereitet auf eine seriöse „Whodunit“-Geschichte und kein britisches Slapstick-Theater eingestellt war, reagierte eher zurückhaltend. Während auf der Bühne Türen krachten, Requisiten ihr Eigenleben entfalteten und der Aufzug qualmte, fragten sich manche im Publikum, ob sie dem Chaos noch eine weitere Runde zumuten wollten. Die überwiegende Mehrheit jedoch ließ sich von der Präzision der komödiantischen Einlagen mitreißen und belohnte jeden gelungenen Gag mit Beifall.
Spiel-im-Spiel-Konzept
Das Ensemble lieferte unter der Regie von Wolf E. Rahlfs eine spielfreudige Performance ab und setzte auf präzises Timing. Die Akteure glänzten in bewusst schablonenhaft gezeichneten Figuren innerhalb eines Spiel-im-Spiel-Konzepts, bei dem das Publikum sowohl den fiktiven Studenten als auch der von ihnen selbst inszenierten Geschichte folgte. Selten sah man bei diesem Tourneetheater ein so detailreiches Bühnen- und Kostümbild (Franziska Smolarek), unterstützt von Tilo Schwarz (Lichtdesign).
Natürlich trat keine Laienschar auf, sondern ein bewährtes Ensemble der Landesbühne sorgte mit professionellem Dilettantismus dafür, dass alles amateurhaft wirkte, was an Missgeschicken folgen sollte. Noch unterhielt sich das Publikum angeregt, als schon der mitspielende Hund nicht auffindbar war, Licht- und Tontechniker (André Becker), mit der Taschenlampe zwischen den Stuhlreihen eine dringend benötigte Musik-CD suchte und die Inspizientin (Cornelia Heilmann) es - trotz Hilfe aus dem Publikum - einfach nicht schaffte, den Kaminsims anzubringen. Da konnte auch der fiktive Regisseur Martin Behlert, der gleichzeitig den Inspektor Carter gab, die Nervosität der Laienspielschar nicht beenden, weil er sich selbst immer wieder in seinen Rollen verhedderte.
„Pleiten, Pech und Pannen“ war das Motto des Abends. Türen klemmten, Requisiten wurden vertauscht oder fielen von den Wänden, nichts wollte klappen, doch eisern hielten die Protagonisten durch. Immer wieder schienen sie aber im Trubel der Missgeschicke vergessen zu haben, dass eigentlich der Mörder des Hausherrn von Schloss Haversham gejagt werden sollte.
Slapsticks mit Uhrwerk-Präzision
Als sich eine Dialogszene in einer Endlosschleife drehte, quittierte sogar die Souffleuse mit einem Black-out. Ein paar Minuten reibungslose Mörderjagd hätten spätestens jetzt dem Abend gutgetan – ganz ohne Madeline Hartig, die als Florence mit der ins Rampenlicht drängenden Inspizientin rang, und ohne Tobias Strobel, der seine Akrobatik in der bröckelnden Bibliothek wie ein Dauer-Loop präsentierte. Dieses Chaos weckte Erinnerungen an Miss Sophie und den Silvester-Klassiker „Dinner for One“. Im Zusammenspiel glänzten Thilo Langer als (zum Glück nicht ganz mausetoter) Hausherr Charles Haversham, Frederik Kienle als übermotivierter Butler Perkins und Tobias Gondolf als dröge-beflissener Gärtner (mal mit, mal ohne Hund). Mit den genannten Protagonisten Martin Behlert, Cornelia Heilmann und André Becker verwandelten sie Pannen in Pointen und machten „Mord auf Schloss Haversham“ trotz aller Stolpersteine zu einem vergnüglichen Krimiabend. Übrigens: Der Mörder war nicht der Gärtner . . .
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