Blick in die Dorfgeschichte

Mit zwei Goldmedaillen bei Weltausstellung in Paris dekoriert

Der in Distelhausen geborene Kunstschmiedemeister Josef Neuser erlangte mit seinen Arbeiten weltweite Anerkennung und wäre dieses Jahr 160 Jahre alt geworden

Von 
Uwe Büttner
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Distelhausen. Der in Distelhausen geborene Kunstschmiedemeister Josef Neuser war einer der erfolgreichsten Unternehmer Mannheims. Mit dem Pariser Tor, das mit einer Goldmedaille ausgezeichnet wurde, begann der sensationelle Aufstieg eines heute fast vergessenen Kunstschmieds. In diesem Jahr jährt sich sein Geburtstag zum 160. Mal.

Anton Josef Neuser wurde am 4. November 1864 in Distelhausen geboren. In der Schmiede von Michael von Stetten in direkter Nachbarschaft zur Brauerei Ernst Bauer, heute Distelhäuser Brauerei, erlernte er das Handwerk des Schmiedes und wohnte während seiner Lehrzeit auch im Haus seines Meisters. Zu seinem Vater hatte Josef Neuser kein gutes Verhältnis. Deshalb verließ er schließlich Distelhausen, ging nach Mannheim und nahm im Alter von 22 Jahren eine Stelle bei Schlosser Andreas Kuchenmeister an. Danach ging er wieder auf Wanderschaft nach Köln und Düsseldorf und kehrte schließlich 1892 nach Mannheim zurück.

Im gleichen Jahr gründete er in der Großen Merzelstraße 23 in Mannheim sein erstes eigenes Unternehmen. Unter den zahlreichen Schmieden in Mannheim war sein Betrieb der einzige, der als Kunstschmiede bezeichnet wurde. Die hervorragende Arbeit des Betriebes sprach sich schnell herum. Und so erhielt Josef Neuser zahlreiche Aufträge aus öffentlicher Hand. Um die Jahrhundertwende Beschäftige Neuser bereits 30 Gesellen und 30 Auszubildende.

Im Jahr 1899 erhielt er von der Stadt Mannheim den Auftrag für die Weltausstellung in Paris, das vier Meter breite und sechs Meter hohe „Pariser Tor“ mit einem Gesamtgewicht von 4800 Kilogramm nach den Entwürfen des Karlsruher Professors Hermann Götz und einen Kartenständer herzustellen. Für die hervorragenden Arbeiten erhielt er bei der Weltausstellung Paris zwei Goldmedaillen.

Nach der Ausstellung wurde das Tor aus Paris zurück nach Mannheim gebracht und sollte zunächst als Tor einer Schule eingebaut werden, wurde wegen der Größe jedoch eingelagert. Im Jahr 1920 wurde dieses schließlich am Haupttor der Städtischen Klinik, der heutigen Universitätsklinik, eingebaut. Davor wurde es noch erweitert und mit dem Stadtwappen der Stadt Mannheim versehen.

Der Betrieb von Josef Neuser wurde über die Jahre ständig vergrößert, und so hatte er insgesamt zwei Werkstätten in Mannheim und eine in Ludwigshafen mit über 100 Mitarbeitern. Die Firma war in Baden, Württemberg und im Elsass tätig und lieferte sogar bis nach Russland. In Tauberbischofsheim war er auch am Bau der Eisenbahnbrücke über die Hauptstraße in Richtung Königheim am Oberbau beteiligt. Am 1. September 1932 feierte Josef Neuser sein 40-jähriges Betriebsjubiläum in seinem Hauptbetrieb in der Merzelstraße 23. Hier entstand auch das Foto, das ihn am Amboss in seiner Werkstätte zeigt.

Den Kontakt zu Distelhausen hielt er mit Briefen an seine Schwester Agnes aufrecht. Erst nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1894 kam Josef Neuser wieder nach Distelhausen, um dort eines seiner schmiedeeisernen Kreuze aufzustellen. Mit dem Zug ging es von Mannheim nach Lauda und wegen des Hochwassers dann mit einer Kutsche weiter nach Distelhausen. Mit dabei waren seine Frau Auguste und seine Tochter Klara, um ihnen auch seinen Geburtsort zu zeigen. Sie besuchten auch seine Schwester Agnes und die Bäckerei Neuser. Über die folgenden Jahre gab es immer wieder Besuche bei seiner Schwester in Distelhausen. Neuser schwärmte dabei stets vom guten Bier und dem guten Essen in Distelhausen.

Am 7. August 1932 verstarb der Kunstschlossermeister Josef Neuser im Alter von 87 Jahren in Mannheim und wurde am 11. August 1932 im Hauptfriedhof in Mannheim beigesetzt. In seinem Kondolenzschreiben an die Tochter von Josef Neuser würdigte der damalige Mannheimer Oberbürgermeister Dr. Hermann Heimerich die Verdienste von Josef Neuser und versprach, sein Andenken stets in Ehren zu halten. Heute ist er fast vergessen, doch einige seiner Kunstwerke erinnern noch heute an einem begabten und erfolgreichen Schmied mit Wurzeln in Distelhausen.

Bis zur Renovierung der Wolfgangskapelle in Distelhausen in den 1970er Jahren befanden sich noch zwei Grabkreuze, die Josef Neuser für seinen Vater und seinen Onkel angefertigt hatte, an der Wolfgangskapelle. Einem beherzten Verwandten ist es zu verdanken, dass diese heute noch erhalten sind. Sie fristeten jahrelang ein Schattendasein in einem Keller in Distelhausen. Vor ein paar Jahren wurden die beiden schmiedeeisernen Kreuze in der Wolfgangskapelle aufgestellt und mit einer Gedenktafel versehen. Leider sind auf dieser Tafel falsche Lebensdaten zu lesen.

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