Ob Lob, Hinweis, Beschwerde

Main-Tauber-Kreis: Mitdenken ausdrücklich erwünscht

Der Landkreis setzt mit seinem „Ideen- und Beschwerdemanagement“ seit 2010 auf gelebte Bürgerbeteiligung mit konkreten Ergebnissen.

Von 
Linda Hener
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Auch 15 Jahre nach der Einführung werden die „Bürgerkarten“ noch gerne genutzt, mit denen Besucher des Landratsamtes Main-Tauber Ideen, Lob und Beschwerden an die Kreisverwaltung richten können. © Markus Moll/LRA

Main-Tauber-Kreis. „Das ‚Ideen- und Beschwerdemanagement‘ hatte zum Ziel, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen“, erklärt Markus Moll, Pressesprecher des Landratsamtes des Main-Tauber-Kreises, zur Einführung des Formats vor fast 15 Jahren.

In dieser Zeit habe sich das Projekt zu einem unverzichtbaren Instrument der Bürgerbeteiligung entwickelt, „denn es werden in einer großen Verwaltungsbehörde auf jeden Fall Kanäle benötigt, über die Ideen, Lob und auch Beschwerden der Bürger strukturiert abgearbeitet werden können.“ In fast 15 Jahren wurden annähernd 1500 Einsendungen statistisch erfasst, also knapp 100 im Jahr.

Die Einführung sei im Rahmen des 2005 ausgerufenen „Top-Fit-Programms“ zur Verwaltungsvereinfachung durchgeführt worden. Eine Gruppe von vier Studenten der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl sei beauftragt worden, einen Leitfaden zur Umsetzung zu entwickeln.

Ein Blick auf aktuelle Rückmeldungen zeigt, was Bürger beschäftigt – und wie durch Hinweise aus der Bevölkerung Verbesserungen angestoßen werden. So wurde die Beschilderung an einer Baustelle korrigiert, weil sie zuvor durch ein privates Unternehmen fehlerhaft aufgestellt worden war. Die Verkehrssicherheit wurde so wieder gewährleistet.

Ein anderes Anliegen betraf die Abfallwirtschaft: Biotonnen wurden nach der Leerung oft nicht wieder ordentlich zurückgestellt – der Abfallwirtschaftsbetrieb sensibilisierte nach einem Hinweis das beauftragte Entsorgungsunternehmen.

Das Abfall-ABC wurde zudem auf Wunsch hin um Entsorgungsmöglichkeiten für Kork ergänzt. Ebenso wurde der Ablauf zur Beantragung des begleiteten Fahrens ab 17 Jahren auf der Website deutlicher erklärt.

Ein aktuelles Beispiel betrifft eine neu angebrachte Leuchtreklame, die von einem Nachbarn als störend empfunden wurde. Das Kreis-Bauamt wurde gebeten, den Sachverhalt in Augenschein zu nehmen.

Nicht selten geht es bei Rückmeldungen weniger um Kritik als um Fragen – etwa zu Einbürgerungsanträgen, Bürgergeld oder Bauanträgen. Häufig wünschen sich Bürger eine Rückmeldung zum Stand des Verfahrens oder eine Erklärung, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden. In vielen Fällen kann so Transparenz geschaffen werden.

„Vielfach haben wir Bürger auch darauf hinweisen müssen, dass wir für ihr Anliegen gar nicht zuständig sind und sie beispielsweise an die Stadt- oder Gemeindeverwaltung an ihrem Wohnort verwiesen“, erklärt Moll. Auch diese Wegweiser-Funktion sei wichtig, denn nicht immer ist für die Bevölkerung ersichtlich, welche Behörde für welches Anliegen zuständig ist.

Das Ideen- und Beschwerdemanagement sei dabei keine Einbahnstraße. Neben Kritik erreichen das Landratsamt auch lobende Worte – etwa für freundliche Beratung, engagierte Mitarbeiter oder unkomplizierte Hilfe. „Viele loben die freundliche und schnelle Bearbeitung ihrer Anliegen bei Terminen im Landratsamt oder zeigen sich begeistert, wenn sie in außergewöhnlichen Fallkonstellationen eine besondere Hilfsbereitschaft erlebt haben“, heißt es aus dem Büro des Landrats.

Es gebe auch Fälle, in denen Bürger glaubhaft machten, dass sie nicht angemessen behandelt wurden. Dann, so Moll, „wurden die betreffenden Mitarbeiter ermahnt und bei den betroffenen Bürgern um Entschuldigung gebeten.“

Das System funktioniere bewusst niedrigschwellig: Bürgerkarten liegen in stark frequentierten Bereichen des Landratsamtes aus, hinzu kommen Kontaktmöglichkeiten per Telefon, E-Mail, über ein Online-Formular oder im persönlichen Gespräch. Alle Wege führen ins Büro des Landrats, wo das Ideen- und Beschwerdemanagement organisatorisch angesiedelt ist.

„Geht eine Idee, eine Beschwerde oder ein Lob ein, informiert sie das betreffende Fachamt und holt dort bei Bedarf eine Stellungnahme zu dem Sachverhalt ein“, erklärt Moll mit Blick auf Verena Schmidt, die als Sachgebietsleiterin neben weiteren Aufgaben für das Ideen- und Beschwerdemanagement zuständig ist. Das Bestreben sei, zeitnah eine Eingangsbestätigung zu versenden und möglichst innerhalb eines Monats zu antworten.

Zwischenzeitlich seien die sozialen Medien zu zusätzlichen Kontaktpunkten geworden. „Die bestens frequentierten Kanäle auf Instagram und auf Facebook haben zusammen aktuell knapp 11.000 Follower“, so Moll. Gerade bei Themen, die viele Menschen betreffen, wie etwa die Einschränkung der Wasserentnahme im Sommer 2025, erreichen das Landratsamt zahlreiche Kommentare und Nachrichten.

Auch Google-Rezensionen werden nicht ignoriert: „Jede einzelne Rezension wird von uns beantwortet. Bei pauschaler, undifferenzierter Kritik laden wir dazu ein, sich mit einer ausführlichen Schilderung des Sachverhalts an das Ideen- und Beschwerdemanagement zu wenden.“ Die Kontakte über die sozialen Plattformen würden zwar nicht in die offizielle Statistik einfließen – aber genauso ernst genommen werden.

Kontakt und weitere Informationen: www.main-tauber-kreis.de/ideen-und-beschwerden

Freie Autorin

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