50 Jahre Städtepartnerschaft sind etwas Besonderes. Grund genug, sich an verschiedene Persönlichkeiten und so manche Begebenheit zu erinnern.
Tauberbischofsheim/Vitry. Durch vielfältige Feierlichkeiten wird die Lebendigkeit der Partnerschaft sichtbar. Zuletzt traf man sich Mitte Juni zum Festwochenende in Vitry.
Von Anfang an lebte die Partnerschaft von der Unterstützung durch Persönlichkeiten, die von der Idee einer französisch-deutschen Annäherung und Aussöhnung überzeugt und begeistert waren. In der Partnerschaftsurkunde von 1966 erklären die beiden Bürgermeister Jean Juif und Walter Grosch feierlich, dass sie die beiden Städte durch einen Austausch auf allen Gebieten verbinden und "den Weg zu einem vollkommenen Verständnis zwischen Deutschen und Franzosen bereiten wollen, bahnbrechend für eine dauerhafte Verständigung zwischen allen Nationen".
Besondere Verdienste
In langen Jahren wurde diese Partnerschaft erarbeitet und vertieft. Viele Bürger aus Vitry und Tauberbischofsheim haben dazu beigetragen. Einige sollen in der folgenden Artikelreihe besonders gewürdigt werden. Ehrenmitglied des Partnerschaftskomitees ist Lothar Zagatta. Lothar Zagatta, 1927 in Brünn geboren. Er kam nach dem 2. Weltkrieg als Heimatvertriebener über Hardheim nach Tauberbischofsheim, wo er seit 1959 bei der Stadtverwaltung Tauberbischofsheim beschäftigt war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1987. Als junger Mann wurde Lothar Zagatta gegen Ende des Krieges Soldat. "Noch ein Schritt zurück und Du bist ein toter Mann", herrschte ihn ein Vorgesetzter in den letzten Kriegstagen an.
Lothar Zagatta überlebte, kam in amerikanische Gefangenschaft und erlebte, dass menschliche Empfindungen stärker sind als Hass und Krieg. Er ist eine bekannte Tauberbischofsheimer Persönlichkeit, bedingt durch sein Engagement, seine Bodenständigkeit und seinen Humor. "Den Menschen Freude bereiten" ist sein Motto.
Seit 1961 und bis heute ist er bei den Kröten aktiv. 16 Jahre war er Vorstand bei den "Kröten".
Lange Jahre war er Vorstand der Ortsgruppe DAG (Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, heute Ver.di). 40 Jahre lang hat er im Partnerschaftskomitee mitgearbeitet. 2006 wurde er zum Ehrenmitglied ernannt.
An die Anfänge der Städtepartnerschaft zwischen Tauberbischofsheim und Vitry kann sich Lothar Zagatta gut erinnern. Er betont den persönlichen Einsatz des damaligen Tauberbischofsheimer Bürgermeisters Walter Grosch und berichtet, Grosch und eine Französin namens Madame Peuchot hätten sich während des Studiums in Frankreich kennengelernt und sich nach dem 2. Weltkrieg getroffen. Da Madame Peuchot aus Vitry stammte, habe sich Walter Grosch um eine Partnerschaft mit Vitry bemüht. Zudem sei Baden für Städtepartnerschaften das Departement, in dem Vitry liegt, zugeordnet gewesen.
Lothar Zagatta kann sich an die Anfänge der Partnerschaft mit Vitry-le-François noch lebhaft erinnern und weiß interessante Begebenheiten zu erzählen, wie etwa diese: Die Partnerschaft zwischen Vitry-le-François und Tauberbischofsheim wurde am 29.05.1966 mit der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde in Vitry mit Jean Juif, Madame Peuchôt, Marcel Alin, Raymond Brisse, Walter Grosch, Paul Benz und am 26. Juni 1966 Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde in Tauberbischofsheim besiegelt.
Drei Farben
Die Unterzeichnungsfeier in Vitry fand im Garten des Rathauses (Hotel de Ville) statt. Eine herrliche Atmosphäre. Mitten in der Veranstaltung fing es an, heftig zu regnen. Bürgermeister Grosch bat seinen Fahrer, das Gastgeschenk, den Stadt-Wimpel von Tauberbischofsheim, schön verpackt im blauen Papier, aus dem Auto zu holen.
Vom Auto bis ins Hotel de Ville (Rathaus) war im strömenden Regen der Weg so lang, dass, als Bürgermeister Grosch den Wimpel ausgepackt überreichte, zu den Farben der Stadt Tauberbischofsheim - weiss-rot - das Blau der Verpackung hinzugekommen war. Mit einem Schmunzeln im Gesicht übergab Bürgermeister Grosch den Tauberbischofsheimer Wimpel als "feuchte Trikolore"an Bürgermeister Jean Juif mit den Worten: "Der Himmel hat seinen Segen zu unserer Partnerschaft gegeben."
Die Delegation aus Tauberbischofsheim bestand unter anderem aus dem Präsidenten des Komitees Bürgermeister Walter Grosch, Harry Chrzonsz, Heinz Schäffner, Heinz Walter, Paul Benz, und Lothar Zagatta.
Adolf Schacherer, geb. 1936, arbeitet seit dem Spätjahr 1973 im Tauberbischofsheimer Partnerschaftskomitee mit, bis heute, also mehr als 42 Jahre. Als Französischlehrer war und ist die Partnerschaft für Adolf Schacherer eine Herzenssache. Altbürgermeister Grosch hatte ihn eingeladen, die Arbeit im Komitee zu unterstützen. Als Lehrer und bald auch Fachabteilungsleiter prägte er mit seinem Einsatz die Schulpartnerschaft zwischen Vitrys Lycée Francois I. und dem Tauberbischofsheimer Matthias-Grünewald-Gymnasium.
Wilde Stiere
In den frühen Siebzigerjahren organisierte Jean Legardeur eine mehrtägige Fahrt in die Provence, mit Schwerpunkt Camargue, bekannt für weiße Pferde, Flamingos und Stierkämpfe. Bei einer Manade, einem unblutigen Stierkampf, wagten es mutige deutsche Schüler, über die Umzäunung zu klettern. Sobald die wilden Stiere auf sie zukamen, sprangen sie wieder hinter den Zaun. Bald wurden zwei leere Ölfässer umgedreht und man konnte, für die Stiere unerreichbar, in der Arena bleiben.
Auch der Schulleiter Otmar Bischof stieg auf ein Ölfass. Doch, es fing an zu wackeln, Omar Bischof fiel herunter, die Stiere kamen herangerast, und gerade so im letzten Moment konnte sich der unfreiwillige "raseteur" hinter den Zaun retten
Am 28. Juni 1986 berichtet die FN kurz über eine Anfrage von Stadtrat Adolf Schacherer bei einer Gemeinderatssitzung. Das Gastgeschenk der Stadt an Vitry, eine geschnitzte Holzfigur der Heiligen Lioba sei wohl etwas zu beleibt und "barock" gestaltet und würde damit so gar nicht der allgemeinen Vorstellung der Tauberbischofsheimer von ihrer Stadtheiligen als einer schlanken, jugendlichen Frau entsprechen. Bürgermeister Hollerbach entgegnete, Lioba "wirke so attraktiver".
Im Juli 1986 setzte sich der Geschäftsführer der Tauberbischofsheimer Zipf-Bräu, Heinz Schäffner, selbst ans Steuer eines Zipf-eigenen Lkw und fuhr eine Ladung Zipf-Bräu nach Vitry. Das Ergebnis sieht man auf den noch vorhandenen Bildern: Das Restaurant La Forge ist mit zwei Zipf-Bräu Schildern geschmückt.
Es sind und waren diese Aktivitäten von Personen und Vereinen, die die Partnerschaft mit Leben erfüllten und so zu einem Miteinander der Menschen gemacht haben.
Persönlichkeiten der Partnerschaft aus "TBB"
Die Partnerschaft lebt von Personen, die sich das zu einer wichtigen Aufgabe gemacht haben.
Die Bürgermeister seit 1966: Walter Grosch ( bis 1972), Dr. Hans Dörfle (1972 bis 1980), Erich Hollerbach (1981 bis 1995), Wolfgang Vockel (1995 bis heute).
Die Präsidenten des Partnerschaftskomitees seit 1966: Walter Grosch, Harry Chrzonsz (bis 1986), Mike Kinzie (1986 bis 2006), Ingo Brudereck (2006 bis heute).
Verdienstvolle Personen: In Tauberbischofsheim: Otmar Bischof, Otmar Buchler, Franz Dürr, Friedrich Kuhn, Karlheinz Lenz, Adolf Schacherer, Heinz Walther und Lothar Zagatta.
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